Essen. Gleich mehrere Parteien verzichten auf eigene OB-Kandidaten. Zu einer klaren Empfehlung aber ringt sich nur das Sozial Liberale Bündnis durch.

Es hat Zeiten gegeben, da diskutierten selbst ernstzunehmende Sozialdemokraten intern ernsthaft, ob man dem amtierenden OB zur Wahl 2020 überhaupt einen Herausforderer aus eigenen Reihen entgegenstellen soll. Das Ausmaß an Ehrerbietung für Thomas Kufen hat sich inzwischen gelegt, auch anfangs zögerliche Mitbewerber präsentieren nun eigene Kandidaten oder halten sich lieber raus. Einzige Ausnahme: Das Sozial Liberale Bündnis empfiehlt in diesen Tagen ausdrücklich ein „Weiter so“ mit OB Kufen.

„Er ist einfach immer und überall aktiv und kümmert sich permanent auch um kleinere Dinge“, rechtfertigt SLB-Gründer Peter Lotz die klare Wahlempfehlung. Was pikant ist, nicht weil Lotz – einst als SPD-Ratsherr gewählt und später bei der FDP aktiv – betont, „keineswegs ein CDU-Mann“ zu sein. Sondern weil sich mit Karlheinz Endruschat auch der ehemalige SPD-Vize dem Votum anschließt. Das war, sagt Lotz, „überhaupt nicht umstritten“.

Die AfD: Erst ein Kandidat, dann lieber keinen, dann aber doch einen

Anders als etwa bei der AfD. Dort brachte sich Ratsherr Guido Reil als OB-Kandidat erst selbst ins Spiel, um dann Ende 2019 überraschend wieder einen Rückzieher zu machen: „Der OB macht seine Sache doch ganz gut“, ließ der Europa-Abgeordnete sich da plötzlich vernehmen, das sähen auch die anderen in seiner Partei so, weshalb man auf einen eigenen Kandidaten kurzerhand verzichte.

Der medienwirksam verkündete Rückzieher, er kam augenscheinlich zu früh und die neuerliche Kehrtwende dem CDU-Mann Kufen sicher nicht ungelegen, weil es ihm nach Ansicht von Beobachtern Beifall von der falschen Seite erspart. Auch die AfD tritt nun zur OB-Wahl an, Harald Parussel erledigt den Job als Spitzenkandidat der „Alternative für Deutschland“ gleich mit.

Bonmot aus dem Bürger Bündnis: Die teure Kandidatur von „Witzfiguren“

Echte Erfolgserwartungen sind damit kaum verbunden, was Udo Bayer, der ehemalige Frontmann des Essener Bürger Bündnisses (EBB), einmal auf die Formel brachte, dass bei allem Verständnis für geschärfte Parteiprofile „die Kandidatur von Witzfiguren den Steuerzahler 350 000 Euro kostet“. Wie schon 2015 verzichtet das Bündnis auch anno 2020 auf eine eigene OB-Kandidatur und dass man im Gegenzug wie damals keine Wahlempfehlung abgibt, dabei werde es „voraussichtlich bleiben“, sagt Fraktionschef Kai Hemsteeg.

Ebenso zurückhaltend: Elisabeth von Heesch-Orgaß, die einst für die Grünen in den Rat kam, mit dem SLB derzeit ein Fraktionsbündnis im Rat bestreitet und unter der Flagge der Tierschutzpartei den Wiedereinzug ins Stadtparlament anstrebt. „Ich trage einen Wunsch in meinem Herzen“, sagt die Rechtsanwältin, aber den zu äußern, verkneift sie sich – noch.

Ein öffentliches Votum erst bei einer möglichen Stichwahl

Denn sollte eine Stichwahl nötig sein, „werden wir eine Empfehlung abgeben“. Zu dieser Stichwahl um den OB-Posten kommt es am 27. September, zwei Wochen nach der Kommunalwahl, für den Fall, dass im ersten Anlauf kein Bewerber die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Antreten werden dann die beiden Bestplatzierten, so wie vor fünf Jahren, als Thomas Kufen noch einmal im direkten Duell auf Reinhard Paß traf und dieses mit weitem Vorsprung für sich entschied. Für die CDU liegt genau darin das Problem: das viele glauben könnten, man hätte den Sieg schon im Sack.