Essen. Während eine Party aufgelöst wurde, konnte eine Clan-Beerdigung auch ohne Corona-Regeln stattfinden. Das empört viele. Aber es gibt Unterschiede.
Die einheitliche Durchsetzung der Corona-Regeln ist längst ein bundesweites Politikum. Das zeigt die hitzige Diskussion um die Frage, ob in Berlin regierungskritische Demos bei Verstößen härter angefasst werden als solche mit einer genehmeren Agenda.
Auch in Essen gibt es einen Verdachtsfall für doppelte Moral: Ein Treffen von feiernden Jugendlichen unter der Regenbogenfahne des abgesagten Christopher Street Day-Umzugs wurde am Wochenende in der Innenstadt aufgelöst, weil Schutzmasken und Abstände fehlten. Die Clan-Beerdigung mit 750 eng beieinander stehenden Teilnehmern in Schonnebeck einige Tage zuvor blieb hingegen unbehelligt.
Der Rechtsstaat muss unparteiisch sein, und dennoch gibt es Ermessensspielräume
Da habe sich der Staat wohl nicht getraut einzugreifen, mutmaßen viele verärgerte Bürger. Das kann sein, und das wäre nicht gut. Denn ein Rechtsstaat ist entweder unparteiisch und behandelt alle gleich oder es gibt ihn nicht. Dennoch: Staatliches Handeln kennt nicht ohne Grund den „Ermessensspielraum“, und eine Party ist nun mal etwas anderes als eine Beerdigung.
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Die Würde einer laufenden Beisetzung zu stören, will selbst dann gut überlegt sein, wenn dort gegen Corona-Regeln verstoßen wird. Ein Freibrief kann das allerdings nicht sein. Deshalb ist die Stadt in der Pflicht, endlich aufzuklären, was in Schonnebeck im Vorfeld eigentlich schiefgelaufen ist. Eine Beerdigung mit unkontrolliertem Massenandrang – und das mit Ansage – darf in dieser Form nicht wieder vorkommen.
Angesichts solcher Bilder wird die Verbitterung bei denen, die in den ersten Corona-Wochen nicht mal im kleinen Kreis ihre engsten Verwandten bestatten durften, nicht kleiner. Und nebenbei bemerkt: Auch solche Engherzigkeit darf sich nicht wiederholen.