Essen. Bewohner der Contilia-Seniorenheime haben einen Liebesfilm gedreht. In der Essener Lichtburg gab es nun eine exklusive Premiere für das Filmteam.

Erst haben sie nur berühmte Hollywood-Szenen nachgestellt und daraus einen Fotokalender gemacht, dann sind sie selbst ins Filmgeschäft eingestiegen. Jetzt feierten die Bewohner der Contilia-Seniorenheime die Premiere ihres zweiten Films „Das ist doch kein Leben in Mantua“ in der Essener Lichtburg.

„Wir finden, dass die Menschen auch im Alter noch Abenteuer erleben sollten“, sagt Katja Grün, die die Marketing-Abteilung der Contilia leitet – und im Film als Komparsin zu sehen ist. Die Hauptrollen in der Romeo-und-Julia-Adaption übernehmen selbstverständlich die Senioren. Während die Helden im Original blutjung sind, ecken die Hauptfiguren in dem 35-minütigen Film an, weil sie sich mit deutlich über 80 noch verlieben.

Hannelore Krusenbaum verkörpert die Titelheldin und schwärmt von den 14 Drehtagen, die sich auf von Frühjahr bis Herbst 2019 erstreckten und auf Schauplätze vom Katakombentheater in Rüttenscheid bis zum im italienischen Verona, wo sich die Filmstars aus Essen einen Platz unter dem berühmten Balkon erkämpfen mussten. Es sei eine tolle Zeit gewesen, sagt die 88-Jährige: „Da wachte man morgens auf und wusste, was man mit dem Tag macht!“

Ihre Liebesgeschichte gibt’s nur auf der Leinwand, nicht im echten Leben

Das krasse Gegenteil also zu der Isolation und Langeweile, die Corona in den vergangenen Wochen gebracht habe. „Es hieß immer, ich könne ja im Garten laufen. Aber ich lauf nicht im Kreis herum, ich bin doch kein Zirkuspferd.“ Sie sei froh, dass nun wieder Spaziergänge möglich seien – und diese kleine Filmpremiere in der Lichtburg, zu der nur jene 40 Akteure eingeladen sind, die vor und hinter der Kamera die tragenden Rollen spielten. Die für den März 2020 geplante Großveranstaltung an selber Stelle hatte man absagen müssen.

Spielt die männliche Hauptrolle in „Das ist doch kein Leben in Mantua“: Rudolf Büchsenschütz (87). Der mit Bewohnern der Contilia-Seniorenheime gedrehte Film feierte jetzt in der Essener Lichtburg eine Premiere in kleinem Rahmen.
Spielt die männliche Hauptrolle in „Das ist doch kein Leben in Mantua“: Rudolf Büchsenschütz (87). Der mit Bewohnern der Contilia-Seniorenheime gedrehte Film feierte jetzt in der Essener Lichtburg eine Premiere in kleinem Rahmen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Und so sitzt nun Rudolf Büchsenschütz (87), der sich im Film die von Krusenbaum dargestellte Hannah verliebt, in züchtigem – coronabedingtem – Abstand zu seiner Filmpartnerin. Seit dem Ende der Dreharbeiten haben sich die beiden nur einmal gesehen, aber ab und an telefoniert. Die Liebesgeschichte stand ja nur im Drehbuch.

Aber wie die beiden das umsetzen! Im Film kann man das Erwachen einer späten Liebe am feinen Mienenspiel der zwei ablesen. Etwa als Büchsenschütz Steinchen ans Fenster seiner Angebeteten wirft und sie tatsächlich auf den Balkon des Seniorenheims tritt und fragt: „Ja?“ Verblüffung in seinem Gesicht: „Soweit ging mein Plan eigentlich nicht.“

Darstellerin schwärmt von den Dreharbeiten

Schließlich ist der Titelheld seit 52 Jahren verheiratet, kümmert sich rührend um seine demente Ehefrau. Als Hannelore Krusenbaum danach fragt, antwortet er: „Meine Frau ist schon lange bei sich ausgezogen.“ Helga Mielewczyk spielt diese Ehefrau, der die Welt allmählich abhanden kommt, und die doch seligen Blicks am Strand in Italien steht, die Füße in warmem Wasser. „Es war sehr, sehr schön“, sagt die 83-Jährige über den Dreh. „Verona war ein Traum. Wenn man älter wird, glaubt man ja nicht, dass man so etwas noch erlebt.“

Schwärmt von den Dreharbeiten: Helga Mielewczyk freut sich in der Essener Lichtburg auf den Film, in dem sie mitspielt.
Schwärmt von den Dreharbeiten: Helga Mielewczyk freut sich in der Essener Lichtburg auf den Film, in dem sie mitspielt. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Das ist wohl das Abenteuer, das die Contilia ihren Bewohnern bieten möchte. Dazu gehören Zumutungen wie das Textlernen, der Kampf mit Shakespearschen Zungenbrechern, Kostümproben und Drehtage, die bis Mitternacht dauerten. „Es war interessant, aber auch anstrengend“, sagt Rudolf Büchsenschütz. Es war so interessant, dass man die Anstrengung vergaß, würde Regisseur Orlando Klaus wohl formulieren. Seine betagten Darsteller hätten gemerkt, was sie noch können. „Da war einer, der sonst kaum drei Schritte geht, plötzlich den ganzen Tag auf den Beinen.“