Essen. Der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen ist zwar deutlich zurückgegangen. Doch die Stadt muss mehr tun, will sie ihre Ziele erreichen.

Vor dem Rathaus demonstrierten am Dienstag Klimaschützer; die Aktivisten der Bewegung "Parents for Future" legten sich symbolisch in die Hängematte. Ihnen geht es nicht schnell genug mit dem Klimaschutz. Bestätigt fühlen dürfen sie sich durch die aktuelle Treibhausgas-Bilanz, welche die Verwaltung dem Umweltausschuss des Stadtrates vorlegte. Demnach wird die Stadt Essen ihre selbst gesteckten Klimaschutzziele verpassen.

"Wir haben schon einiges erreicht, aber das reicht nicht", sagte die Leiterin des Umweltamtes, Angelika Siepmann, mit Blick auf die Zahlen der Jahre 1990 bis 2017. "Wir müssen nachlegen."

Das Klimaschutzgesetz verlangt gegenüber 1990 einen Rückgang um 55 Prozent bis 2030

Zwar ist der Energieverbrauch in Essen deutlich gesunken von 15,3 Gigawattstunden im Jahr 1990 auf 12,7 Gigawattstunden 2017, was einer Reduktion von 17 Prozent entspricht. Auch der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase ging zurück - um immerhin 33 Prozent auf 4,17 Millionen Tonnen. Doch die Stadt hat selbst höhere Ziele formuliert. Mit dem Beitritt zum europaweiten Konvent der Bürgermeister im Jahr 2010 hat Essen sich verpflichtet, die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent zu reduzieren. Das Klimaschutzgesetz des Bundes verlangt, dass der Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent zurückgeht. Läuft alles so weiter wie bisher, wird Essen diese Messlatte reißen.

Laut Analyse der Verwaltung verteilen sich die Treibhausgas-Emissionen relativ gleichmäßig. Zu 39 Prozent ist die hiesige Wirtschaft dafür verantwortlich, zu 30 Prozent private Haushalte, 29 Prozent sind auf die Verkehrsbelastung zurückzuführen. Die Bilanz fällt jedoch in den drei genannten Bereichen höchst unterschiedlich aus.

Vor allem in der Wirtschaft ist der Ausstoß an Treibhausgasen gesunken

So ist der Treibhausgas-Ausstoß der Haushalte um 22 Prozent gesunken, obwohl die Zahl der Gebäude gegenüber 1990 um 6850 gestiegen ist (+ 8,5 Prozent. Gleiches gilt für die Wohnfläche; jeder Einwohner nutzt rechnerisch rund 40 Quadratmeter (+ 19,1 Prozent). Die Verwaltung führt dies auf die Modernisierung von Gebäuden und Heizungen sowie auf den vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien.

Deutlich fällt der Rückgang in der Wirtschaft aus, dort sanken die Emissionen sogar um 44 Prozent. Die Stadt erklärt dies mit dem strukturellen Wandel von Branchen mit hohem Energieverbrauch zu weniger energieintensivem Gewerbe.

Vergleichsweise gering fällt Rückgang des Treibhausgas-Ausstoßes mit einem Minus von 29 Prozent im Verkehr auf. Die Zahl der zugelassenen Pkw ist um 3,1 Prozent auf rund 282.000 Fahrzeuge gestiegen, der Anteil von Dieselfahrzeugen betrug 2017 jedoch 46 Prozent gegenüber 17 Prozent 1990. Insgesamt ist der motorisierte Individualverkehr zu 69 Prozent für den Treibhausgas-Ausstoß in diesem Bereich verantwortlich. Laut jüngster Mobilitätsumfrage der Stadt ist das Auto nach wie vor das Verkehrsmittel Nummer eins.

Noch vor der Kommunalwahl soll die Stadt konkrete Vorschläge zum Klimaschutz machen

Will die Stadt Essen ihre Klimaziele noch erreichen, braucht es eine Strategie, betonte Angelika Siepmann. Dass die Stadt mehr tun muss, gilt in der Politik inzwischen als Konsens. Die Proteste der Klimaschutz-Aktivisten scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, so zumindest der Eindruck wenige Monate vor der Kommunalwahl am 13. September.

Auf Antrag der Grünen soll die Verwaltung noch in der laufenden Legislaturperiode konkrete Vorschläge darlegen, wie sich deutliche Fortschritte bei der Senkung der Treibhausgase erzielen lassen. Dabei soll es auch um die Frage gehen, wofür die vom Bund und von der Europäischen Kommission angekündigten Konjunkturhilfen genutzt werden sollen.

KLIMA-AMPEL

Die Stadt Essen führt eine sogenannte Klima-Ampel ein. Vorlagen der Verwaltung für den Rat der Stadt und die Fachausschüsse sollen künftig einen Hinweis erhalten, ob der Beschluss Auswirkungen auf den Klimaschutz hat oder nicht. Hat die Entscheidung der Politik negative Folgen, sollen mögliche Alternativen benannt werden. Die Verwaltung will die Entscheidungsträger mit der Klima-Ampel sensibel machen für den Klimaschutz. Umweltverbände und Klima-Aktivisten hatten die Einrichtung einer Klima-Ampel gefordert.