Essen. Die Aktion Rü-Retter sollte Rüttenscheider Wirte unterstützen. Alkoholisierte Gruppen verstießen aber gegen die Corona-Abstandsregeln.

Eine eigentlich gut gemeinte und von vielen sehr positiv aufgenommene Aktion zur Unterstützung Rüttenscheider Wirte in der Corona-Krise lief in Essen am Pfingstsamstag teilweise aus dem Ruder: Mit zunehmendem Alkoholpegel fiel offenbar die Einhaltung des Abstandsgebots schwer. Die Gastronomen bemühten sich, die schon am frühen Abend ziemlich alkoholisierten Gruppen vor den Lokalen zu gut wie möglich auf Abstand zu bringen – was nicht immer gelang.

Viele der 1500 Bierpässe gingen gleich zu Beginn der Aktion Rü-Retter um 16 Uhr weg. Wer zehn der zwölf teilnehmenden Kneipen besucht und sich einen Stempel geholt hatte, konnte sich eines von 140 Rü-Retter-T-Shirts sichern. Was wohl einige Teilnehmer dazu animierte, zehn Getränke in möglichst kurzer Zeit zu konsumieren. In sozialen Netzwerken wie Facebook sorgte das Verhalten einzelner Gruppen teils für empörte Kommentare.

Bürger kritisieren Verhalten auf Facebook

„Es war klar, dass sich nicht mehr alle an Abstandsregeln etc. halten, wenn Alkohol fließt. Teilweise hatte ich das Gefühl, dass die Kneipen entweder zu überfordert waren, um ein bisschen Ordnung da rein zu bringen, oder sie haben sich nicht richtig interessiert dafür“, heißt es da zum Beispiel.“ Oder: „Es ist sehr traurig, dass aus einer tollen Idee aufgrund der Gleichgültigkeit und dem Egoismus einzelner ein unverantwortliches Desaster wird.“ „Eigenverantwortliches Verhalten konnte ich so gut wie nirgendwo feststellen. Alle drängelten sich rabautzenvoll durch die Kneipen“, ist auf Facebook zu lesen.

Über viele Teilnehmer freuten sich die Organisatoren Florian Zander und Varinja Kunitzky (2. und 3. v. r.).
Über viele Teilnehmer freuten sich die Organisatoren Florian Zander und Varinja Kunitzky (2. und 3. v. r.). © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos


Dass die Teilnehmer ihre Getränke – die natürlich nicht alkoholisch sein mussten – im Freien vor den Lokalen zu sich nehmen, war so gewollt, wie die Organisatoren Varinja Kunitzky und Florian Zander erklärten. Schließlich wolle man mit der Aktion ja nicht die ohnehin durch die Abstandsregeln raren Plätze in den Lokalen blockieren, sondern den Wirten zusätzliche Einnahmen bescheren.

Corona-Regeln wurden zum Pfingstwochenende gelockert

Pünktlich zum Pfingstwochenende waren die Corona-Regeln ja gelockert worden, ein Treffen mit zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten war wieder erlaubt – und das Bedürfnis, mit Freunden eine Kneipentour zu unternehmen, offenbar riesig. „Viele der Gruppen vor den Kneipen bestanden tatsächlich nur aus zehn Leuten. Aber wir sind solch große Gruppen ja gar nicht mehr gewöhnt, deshalb wirkte es offenbar wie größere Menschenansammlungen“, so Varinja Kunitzky. Die Wirte hätten immer wieder den Abstand und die Größe der Gruppen kontrolliert und wären auch mit Nachdruck gegen Verstöße eingeschritten.

Neben aller Kritik am Umgang mit den Corona-Regeln gab es auch viele positive Kommentare zu der Aktion, die Wirte und Gäste nach der langen coronabedingten Pause wieder zusammenbringen sollte. „Wenn es um den guten Zweck geht, bin ich gern dabei“, sagt ein Teilnehmer, der nur seinen Spitznamen Balu nennen möchte. Er komme aus Katernberg und engagiere sich sonst mit seiner Fußballgruppe, unter anderem mit Sascha Kirschstein, früher Torwart bei Rot-Weiss Essen und dem HSV, für Kinder in Not.

Polizei verzeichnete keine Einsätze im Rahmen der Aktion

Auch die Rüttenscheider Gastronomen will er gern unterstützen. „Biertrinken für den guten Zweck ist natürlich super.“ „Den Wirten zu helfen ist eine Herzensangelegenheit. Wir sind schon immer hier ausgegangen und wollen das auch weiterhin tun“, so Rian Kiener, der mit mehreren Freunden am frühen Abend schon auf der zweiten Runde unterwegs war.

Laut Polizei gab es keine Einsätze im Rahmen dieser Aktion. Und Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid, kann sich vorstellen, dass Aktionen dieser Art zu Regelverstößen führen. „Das ist aber kein Dauerzustand auf der Rü. Ich sehe derzeit kein generelles Problem mit der Umsetzung der Regeln.“