Essen. Corona stürzt die Essener Gastronomen in eine Existenzkrise. Obwohl die Stadt klamm ist, erlässt sie die Hälfte der Gebühren - rund 175.000 Euro

Die Corona-Epidemie hat die Gastwirtschaften und Restaurants in Essen besonders hart getroffen. Um der taumelnden Gastro-Branche unter die Arme zu kommen, will die Stadt Essen in diesem Jahr auf die Hälfte der Sondernutzungsgebühren für Außen-Gastronomie verzichten. Um die Größenordnung zu verdeutlichen: Im vergangenen Jahr sind unter diesem Buchungsposten rund 350.000 Euro in die Stadtkasse geflossen. Zum Vergleich: Städte wie Köln und Düsseldorf verzichten sogar völlig auf diese Einnahme.

Geboren wurde die Initiative im Corona-Krisenstab, jener Expertenrunde, die seit mehr als zwei Monaten täglich im Lagezentrum der Feuerwehr zusammentritt. An diesem Donnerstag beugte sich der Verkehrsausschuss über die Gastro-Hilfe und segnete den Verwaltungsvorschlag ab. Am 27. Mai ist abschließend der Rat am Zuge. Die Tarif-Änderung für "Straßencafes und –restaurationen, Stehtische und ähnliche
Außengastronomie" soll rückwirkend ab dem 1. März in Kraft treten und bis zum 31. Dezember 2020 gelten.

In Zone 1 - Toplagen der City - werden im Monat pro Quadratmeter nun 2,50 Euro fällig

Für die Wirte der in drei Gastro-Zonen aufgeteilten Stadt bedeutet dies im einzelnen: In Zone 1 (Toplagen der Innenstadt) werden im Monat pro Quadratmeter Außen-Gastronomie nun 2,50 statt 5 Euro fällig. In Zone 2 (Randlagen der Innenstadt und Toplagen der Mittelzentren - zum Beispiel Rüttenscheid) wird die Gebühr auf 1,60 Euro und in Zone 3 (restliches Stadtgebiet) auf 0,80 Euro festgesetzt.

Innerhalb des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) fallen die Reaktionen auf die Essener Gastro-Hilfe unterschiedlich aus. "Das ist ein feiner Zug der Stadt Essen", sagt Dehoga-Nordrhein-Geschäftsführer Thomas Kolaric. Denn auf Einnahmen von rund 175.000 Euro zu verzichten, dürfte auch einer Stadt wie Essen, die finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet sei, nicht leicht fallen. Der Gebühren-Verzicht sei ein wertvoller Beitrag, um die Gastronomie-Branche am Leben zu halten.

Ginge es hingegen nach dem Essener Dehoga-Vorsitzenden Reinhard Schriever ("Sengelmannshof Kettwig"), sollte die Stadt Essen dem Vorbild der Rhein-Metropolen folgen und ebenfalls ganz auf die Gebühren verzichten. "Das ist keine politische Forderung, sondern mein Wunsch", sagt Schriever auf Anfrage. Er wisse zwar um die angespannte finanzielle Lage der Stadt, doch habe die Corona-Krise etliche Kollegen an den Rand des Ruins gedrängt. "Ich weiß, dass es vielen sehr schlecht geht - sie brauchen dringend Hilfe."

Essener Dehoga-Chef wünscht sich völligen Verzicht auf Sondernutzungsgebühren

Gut acht Wochen herrschte - vom faden To-Go-Geschäft abgesehen - völliger Stillstand in den Speisewirtschaften. Erst seit Montag versuchen sie den Neustart, der unter allerlei Corona-Auflagen allerdings verhalten ausfällt. Aufgrund des Abstandsgebotes von mindestens 1,50 Meter verringert sich die Kapazität. "Weniger Tische und weniger Stühle bedeuten weniger Umsatz", sagt Schriever. Manche Lokale öffnen unter diesen Umständen erst gar nicht, weil Verluste vorprogrammiert sind.

Dehoga-Nordrhein-Geschäftsführer Thomas Kolaric spricht von einem "durchwachsenen Neustart". Aber die Erwartungen der Branche seien schon im Vorfeld gedämpft gewesen. "Jetzt müssen wir das Vertrauen der Gäste wieder zurückzugewinnen." Der eigentliche Existenzkampf beginne erst jetzt. "Und in vier, spätestens sechs Wochen werden wir wissen, wer es schafft."