Essen. Der Essener Landtagsabgeordnete Frank Müller (SPD) übt scharfe Kritik am Betreiber Abellio: “Mit modernem Zugverkehr hat das nichts zu tun.“

Der stark eingeschränkte Betrieb auf der Bahnlinie S3 wird zum Politikum: Frank Müller, SPD-Landtagsabgeordneter für den Essener Osten, äußert scharfe Kritik am privaten Eisenbahnunternehmen Abellio.

Er erwarte, dass Abellio die mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) vertraglich vereinbarten Leistungen unverzüglich erfülle und die Fahrgäste nicht länger mit "völlig unangemessenen Ersatzangeboten abspeist". "Die auf der Linie S 3 erbrachte Leistung von Abellio se indiskutabel, so Müller. Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 sei für die Fahrgäste "nichts besser, dafür aber Vieles schlechter geworden.“

Laut Fahrplanauskunft fuhr auf der Linie S3 über Stunden kein Zug

Der Abgeordnete erinnert daran, dass noch bis Dezember jeweils drei Züge pro Stunde auf der Strecke von Oberhausen über Mülheim und Essen bis nach Hattingen fuhren. Seit dem Fahrplanwechsel sind es regulär zwei im 30-Minuten-Takt. „Aktuell fährt sogar nur noch ein Zug pro Stunde", bemängelt Müller. Und das nicht einmal zuverlässig. Am Dienstag fuhr laut Fahrplanauskunft über Stunden kein einziger Zug.

Das private Eisenbahnunternehmen Abellio hatte den Betrieb auf der Linie S3 neben anderen Strecken nach einer öffentlichen Ausschreibung des VRR gewonnen, aber erst zum 1. März von der Deutschen Bahn übernommen. Lokführer seien noch in Ausbildung, das Personal müsse sich erst mit neuen Zügen vertraut machen. Damit erklärte Abellio auch die teils erheblichen Störungen auf anderen Linien, etwa der S9.

Mit modernem Zugverkehr habe der Betrieb auf der Linie S3 nichts zu tun

Auf der Linie S3 setzte Abellio erst gar keine eigenen Züge ein, sondern bestellte Ersatz beim Eisenbahnunternehmen TRI. Was Abellio aufbiete, habe mit modernem Zugverkehr nichts mehr zu tun, kritisiert Frank Müller. Zum Einsatz kämen "alte, nicht barrierefreie Wagen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts", empört sich der SPD-Abgeordnete. Senioren und Menschen mit körperlichen Einschränkungen könnten diese nur mit Mühe oder gar nicht nutzen.

Beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr heißt es: Dass Abellio statt des 30-Minutentaktes zumindest für einen Stundentakt Ersatz bestellt habe, sei längst nicht ausreichend, aber ein erster wichtiger Schritt und alternativlos, um überhaupt Schienenverkehr anzubieten.

Die Coronakrise hat die angespannte Personallage laut Abellio noch verschärft

Zwischen Hattingen und Steele-Ost sowie zwischen Oberhausen und Mülheim fahren allerdings nur Busse. Schon mit Blick auf die drastische Verlängerung der Reisezeiten sei dieser Schienenersatzverkehr kein adäquater Ersatz, kritisiert Müller.

Laut Abellio hat die Coronakrise die angespannte Personallage weiter verschärft. So habe das Unternehmen die Ausbildung der Lokführer zeitweise aussetzen müssen. Mittlerweile seien die Schulungen aber wieder aufgenommen worden, erklärte Sprecherin Julia Limia y Campos.

Müller nennt es fragwürdig, dass Abellio die Coronakrise als Begründung anführe. Seinen Eindruck nach habe sich das private Unternehmen mit der Betriebsübernahme so vieler Linien schlicht übernommen und nicht rechtzeitig dafür gesorgt, dass genügend Personal zur Verfügung stehe.

VRR hat Abellio aufgefordert, die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erfüllen

Da es nicht nur auf der Linie S3 zu Einschränkungen kommt, hat der VRR laut Sprecherin Sabine Tkatzik Abellio inzwischen unmissverständlich aufgefordert, schnellstmöglich alle vertraglich vereinbarten Leistungen zu erfüllen. Abellio habe dazu ein Konzept vorgelegt. Dieses werde derzeit auf seine Wirksamkeit und Robustheit hin geprüft.

Frank Müller stellt derweil den Wettbewerb auf der Schiene infrage. Nach vielen guten Erfahrungen häuften sich grobe Schnitzer. "Offensichtlich müssen drastischere Maßnahmen geprüft werden, wenn schon vertraglich vereinbarte Strafgelder anscheinend ohne Folgen bleiben", betont der Abgeordnete und erinnert an Abellios Mitbewerber Keolis. Dem Eisenbahnunternehmen war der Auftrag für die Linie S1 wieder entzogen worden. Seitdem liege der Betrieb wieder in bewährten Händen der Bahntochter DB Regio.