Essen. Essener Museen haben wieder geöffnet: Gäste freuen sich über das Angebot, auch wenn neue Regeln wie Mundschutzpflicht und Mindestabstand gelten.
Wenn alles ablaufen würde wie gewohnt, dann wäre im Museum Folkwang am Donnerstag eine Ausstellung mit internationalen Plakaten zur Aids-Problematik vorgestellt worden. Doch statt der globalen Gefahr HIV ist derzeit ein anderes Virus zum alles bestimmenden Thema geworden. Seit fast zwei Monaten hat Covid 19 das Kulturangebot nahezu lahmgelegt. Kein Theater, kein Konzert, kein Kino.
Während die NRW-Landesregierung für viele Kultureinrichtungen nun wieder eine allmähliche Öffnung in Aussicht gestellt hat, sind die Museen derzeit die ersten, die nach wochenlanger Pause wieder öffnen dürfen. Kein Wunder, dass die ersten Besucher am Donnerstag bereits Punkt 10.02 Uhr vor dem Museum Folkwang standen – und von Museumsdirektor Peter Gorschlüter sogar persönlich in Empfang genommen wurden.
„Immer nur die eigenen Topfpflanzen zu zeichnen, ist auch nicht das Wahre“
Auch interessant
Antonia Prinz ist eine der erste Besucherinnen, die die Sammlung nach sieben Wochen Zwangspause wieder betritt. „Man möchte doch mal wieder etwas anderes als die eigenen vier Wände sehen. Immer nur die eigenen Topfpflanzen zu zeichnen, ist auch nicht das Wahre“, erklärt die Essener Malerei-Studentin.
Wie Prinz haben sich gleich mehrere Studentinnen der Essener Hochschule der bildenden Künste (HBK) entschieden, den ersten Öffnungstag wieder für einen Besuch zu nutzen. Darunter auch Katharina Brunnmüller, die sich sonst mit Kommilitonen regelmäßig zum Aktzeichnen trifft. Wenn schon nicht am lebenden Objekt wollen sie an diesem Vormittag zumindest an den Skulpturen im Museum Folkwang wieder das menschliche Maß studieren. Im Nu ist Rodins „Eva“ von den Frauen mit Block und Zeichenstift umringt.
Statt der Forsythe-Videokunst gibt es nun Hinweise zu Schutz- und Hygienevorschriften
Vieles ist anders und doch vertraut an diesem Vormittag, der zunächst eine vorsichtige Rückkehr zur Normalität markiert, das wissen alle. Die Anzahl der Museumswärter wurde erhöht, ihr Anblick mit Mundschutz ist genauso ungewohnt wie die wiederkehrenden Hinweise zur Abstandsregelung und die Desinfektionsmittelspender an jeder Ecke.
Wie sehr man sich aber auch freut, endlich wieder Gäste im Haus haben zu können, hat das Museum Folkwang sogar im Eingangsbereich plakatiert. „Welcome Back“. Die Forsythe-Installation „City of Abstracts“ im Foyer, in der die Besucher sonst zur spielerischen Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zum Raum eingeladen sind, wurde zur Informationswand mit Hinweisen auf alle geltenden Schutz- und Hygienevorschriften umgestaltet.
So gilt in den Ausstellungsräumen Mundschutzpflicht. Für jeden Ausstellungsraum sind Höchstgrenzen der Besucherzahlen festgelegt. Und vor den mit Plexiglas abgeschirmten Kassen-Schaltern markieren farbige Bänder nun den getrennten Ein- und Ausgang.
Auch interessant
„Wir haben uns bemüht, Barrieren abzubauen, jetzt kommen neue dazu, mit denen wir nicht rechnen konnten“, sagt Peter Gorschlüter. Doch bei allem Nachdenken über Corona-bedingte Beschränkungen sieht man sich in den luftig dimensionierten Räumen des Chipperfield-Baus derzeit besonders gut gewappnet, die vorgeschriebenen Abstandsregeln auch befolgen zu können. „Die großzügige Architektur der Ausstellungsflächen und des Foyers hilft uns sehr“, freut sich der Museumschef, der die kommenden Wochen auch als Probelauf für die große Keith Haring-Ausstellung sieht, die in den August verschoben wurde. Den eigenen Mundschutz hat Gorschlüter schon mit einem der markanten Haring-Strichmännchen geschmückt. Ein selbstgestaltetes Unikat, das im ebenfalls wieder geöffneten Museumsshop nicht zu haben ist.
Die Meisterwerke der Osthaus-Sammlung sind wie alte Bekannte
Lesesaal und Museumsgastronomie bleiben hingegen bis auf Weiteres geschlossen, alle laufenden Ausstellungen im Museum Folkwang sind nun aber wieder zugänglich. Was auch Gerd Romahn an diesem Vormittag ins Museum lockt. Der Essener ist regelmäßig Gast im Folkwang. Und trotz des Bilderbuch-Frühlingswetters hat er sich am Vormittag sofort für die Sammlung und gegen den Balkon entschieden. Romahn ist froh, dass die Museumsöffnung wieder für ein wenig Abwechslung in dem von Corona bestimmten Alltag sorgt. Denn so manches, was sein Leben sonst prägt, sei in den vergangenen Wochen ausgefallen, Museumsbesuche, auch mehrere VHS-Kurse. „Das habe ich sehr vermisst.“
Renoirs „Lise“, Otto Dix’ „Nelly mit Blumen“, all die Meisterwerke der Osthaus-Sammlung wird er an diesem Vormittag auch ein wenig wie alte Bekannte begrüßen. Mit gebührender Distanz natürlich, aber das gehört im Museum ja schon längst zur bestens eingeübten Umgangsform.