Essen. Rund 4500 Viertklässler sind am Donnerstag erstmals nach sieben Wochen wieder zur Schule gegangen. An den Spielplätzen war schon früh Betrieb.

Die Normalität, sie kehrt zumindest ansatzweise zurück an diesem Donnerstagmorgen um kurz vor acht. So geschehen auf den Höfen der 84 Essener Grundschulen, wo sich stadtweit rund 4500 Viertklässler versammeln - unter Wahrung des Abstandsgebots.

„Wir sind so froh, wieder hier zu sein“, berichten drei Viertklässlerinnen einer Grundschule im Essener Süden, „wir haben unsere Freunde so lange nicht gesehen.“ Aufstellen müssen sich alle, in langen Reihen mit viel Luft dazwischen, auf den Boden der Pausenhallen und Schulhöfe haben die Lehrerinnen in den letzten Tagen Linien aus Klebeband angebracht mit genügend Abstand - und vielerorts auch Nummern mit Sprühkreide: Eins, zwei, drei - bis 15. Jedes Kind hat eine eigene Nummer bekommen, zur Orientierung, und die halben Klassen werden im Schichtbetrieb unterrichtet - um acht jeweils die ersten Hälften, gegen elf die zweiten.

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Manche Kinder sind sehr aufgeregt

„Die Stimmung ist gut, aber bei manchen Kindern auch beklommen“, berichtet Cornelia Kaitinnis-Lenz, die Leiterin der Theodor-Heuss-Grundschule in Bergerhausen. „Viele freuen sich, aber manche haben auch ein bisschen Angst vor dem Virus.“

Trösten und gut zureden ist da gefragt - aber mit Abstand und, zumindest phasenweise, auch mit Mund- und Nasenschutz, den die meisten Kinder tragen und die Lehrerinnen und Lehrer sowieso. Hatten wir gerade gesagt, dies ist die Rückkehr der Normalität?

Naja, davon kann eigentlich noch keine Rede sein angesichts der Hygieneschutzbestimmungen, die überall eingehalten werden müssen, auch wenn der Unterricht, so wird am Mittag aus dem Schulverwaltungsamt gemeldet, so gut wie überall reibungslos angelaufen ist. „Es war ein ruhiges, konzentriertes Arbeiten, auch wenn viele Kinder aufgeregt sind“, sagt Caro van Heek, die Leiterin der Grundschule im Steeler Rott.

Halbierte Kassen, viel Abstand: Blick in eine vierte Klasse der Grundschule am Steeler Rott am Donnerstag.
Halbierte Kassen, viel Abstand: Blick in eine vierte Klasse der Grundschule am Steeler Rott am Donnerstag. © Privat | Privat

In den Fenstern, auf den Fluren: Große Plakate mit den wichtigsten Regeln, die jetzt gelten. „Abstand halten“, „in die Armbeuge niesen“, in großen Filzstift-Lettern aufgemalt von Kindern, die seit Wochen in den Not-Betreuungen der Ganztagsbetriebe an den Schulen untergebracht sind. An diesem Donnerstag und am Freitag sind die Viertklässler dran, ab Montag sollen dann auch wieder die jüngeren Jahrgänge kommen - „in einem rollierenden System“, wie es seitens des NRW-Schulministeriums heißt. Was das konkret für die einzelnen Schulen bedeutet, wird noch festgelegt und per E-Mail an die Eltern vermittelt.

An vielen Spielplätzen hängt noch Flatterband

Die Normalität, sie hält auch Einzug auf den knapp 400 Spielplätzen im Stadtgebiet - dabei sind die meisten am Vormittag noch mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Tagesmutter Siobhan Dittmann, die im Südviertel fünf Kleinkinder betreut, nimmt gegen halb zehn am Isenbergplatz das Flatterband selbst in die Hand - und reißt es weg. „Endlich wieder!“, sagt sie fröhlich, und die Kinder stürmen die Sandkiste. „Sie haben sich so gefreut, als wir gesagt haben, heute geht es wieder auf den Spielplatz.“ Die Erwachsenen versuchen, so gut es geht, die Abstandsregeln einzuhalten: Zuerst werden jene Bänke bezogen, die möglichst weit voneinander entfernt liegen, hier die Tagesmütter, dort die Kleinfamilien. „Mal schauen, wie das funktioniert, wenn es voller wird“, sagt die Tagesmutter.

„Klettern können wir nicht ersetzen“

Voller ist es eine halbe Stunde später schon auf dem großen Spielplatz am Haumannplatz in Holsterhausen: „Wir haben uns in den letzten Wochen beholfen mit dem Gruga-Vorplatz und der Trasse“, sagt eine junge Mutter von drei Kindern. Und zu Hause? „Kneten, malen, basteln, backen. Aber das kann das Klettern nicht ersetzen“, sagt sie und assistiert ihrer Tochter, die gerade die Rutsche entert. Keine Frage, dass an diesem sonnigen Vormittag sofort auch die Schaukeln belegt sind - wer hat sowas schon zu Hause?

Im Altenessener Kaiser-Wilhelm-Park ist der Spielplatz gegen halb elf noch leer, aber zwei junge Männer steuern zielgerichtet den Bolzplatz an: „Wir vermissen unser Fußballtraining“, sagen Tim (26) und René (25), die bei Atletico Essen spielen. „Ab heute ist doch Sport unter freiem Himmel wieder erlaubt, oder? Wir halten ja auch Abstand, schießen von Tor zu Tor.“ Das stimmt - kontaktloser Sport ist genehmigt. Die Bolzplätze bleiben aber noch geschlossen, denn Fußball ist nicht Federball.