Essen. Seit fast 80 Jahren verschwindet der Deilbach in Kupferdreh im Untergrund. Nun soll das Gewässer wieder an die Oberfläche geholt werden,

Die Uferböschung ist mit Planen bedeckt, der Grund bewachsen. Um sich vorzustellen, dass im Deilbach am Kupferdreher S-Bahnhof in nicht allzu ferner Zukunft die Lachse baden, bedarf es noch einer gehörigen Portion Phantasie.

Vor vier Jahren haben sie dem Deilbach hier, zwischen den Pfeilern der A44 und der hochgelegten Bahnlinie, das Bett bereitet. Der Bach selbst plätschert vielleicht 100 Meter entfernt dahin, um dann im Untergrund zu verschwinden. Nun soll er endlich ans Licht geholt werden.

Die vollständige Offenlegung des Deilbaches, der bei Wuppertal-Barmen entspringt und in den Baldeneysee mündet, ist eines der Projekte, die Kupferdreh noch lebenswerter machen sollen. Wie so manches Vorhaben, das auf sich warten ließ, braucht auch dieses seine Zeit. Anfang Mai soll es nun losgehen, sagt Bauleiter unter Vorbehalt, weil in diesen Zeiten von Corona ja irgendwie alles unter Vorbehalt steht.

Drei Bauabschnitte sind vorgesehen. Die Arbeiten beginnen an der schmalsten Stelle gleich am neuen Busbahnhof. Der Übergang ins nahe Gewerbegebiet und zum Baldeneysee wird dann gesperrt. Ein weiterer Zugang bleibt frei, bis eine Brücke das Bachbett überspannt.

Bautechnisch ist die Offenlegung des Bachs eine Herausforderung

Technisch ist die Offenlegung des Deilbachs durchaus eine Herausforderung. Der Untergrund trägt erst in einer Tiefe von 15 bis 20 Metern. Diese Erfahrung mussten sie schon beim Aufständern des S-Bahnhofes machen. Bald gilt es, einer Stützmauer genügend Standsicherheit zu verleihen. Neben dem Busbahnhof wird zum Verweilen eine Treppe angelegt, nicht mehr als zwei Stufen tief. Die übrige Böschung wird aus groben Steinen bestehen. Wie das aussieht, lässt sich nicht weit entfernt bestaunen. Dort, wo sich das Wasser des Baldeneysees in das vorbereitete Bachbett zurückstaut.

Ist diese Lücke erst einmal geschlossen, wird der Deilbach bei normalem Wasserstand bis zu 30 Zentimeter tief sein, schätzt Mike im Spring, der beim Umweltamt in der Abteilung für Wasserwirtschaft tätig ist. Bei Hochwasser schwillt der Bach mächtig an, ein oder gar zwei Meter tief kann er dann sein. Ein 1,20 Meter hohes Gitter entlang des Ufers soll deshalb verhindern, dass jemand hineinstürzt.

1854 wurde der Lauf des Deilbachs verlegt, 1921 verschwand er im Untergrund

Mit dem Bau des etwa 600 Meter langen künstlichen Bachlaufs korrigiert die Stadt, was die Vorväter 1854 angelegt haben. Bis dahin mündete der Deilbach an jener Stelle in die Ruhr, wo seit einigen Jahren eine Wohnsiedlung bis an die Gleise der Hespertalbahn herangerückt ist.

Der Deilbach war der Phönixhütte im Weg, als diese dort Mitte des 19. Jahrhunderts errichtet wurde. Der Bachlauf wurde verlegt und schließlich überdeckt, als zwischen 1921 und 1923 die Zeche Prinz Friedrich entstand. Im Untergrund fließt er bis heute, etwa 400 Meter weit.

Fische stört das nicht auf ihrem Weg vom Deilbach in den Baldeneysee. Nur zurück zu ihren Laichplätzen schwimmen sie eben nicht. "Deshalb legen wir den Deilbach ja überhaupt frei", betont Mike im Spring. Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union verlangt es so: Gewässer müssen wieder durchlässig werden. Dass sich die Kupferdreher daran erfreuen können ist ein mehr als willkommener Nebeneffekt. Mitte 2020 soll es soweit sein.

DAS LAND FÖRDERT DIE OFFENLEGUNG

Die Offenlegung wird zu 80 Prozent aus Landesmitteln gefördert. Zu den veranschlagten Baukosten macht die Stadt mit Verweis auf die laufenden Ausschreibungen keine Angaben. Sie dürften sich aber in Millionenhöhe bewegen.