Essen. Coronavirus: Der Baldeneysee entwickelt sich zum Brennpunkt für Kontrollen der Stadt, die gegen Menschenmengen vorgeht - mit großer Konsequenz
Der Baldeneysee entwickelt sich zu einem der am stärksten kontrollierten Gebiete in Essen, die von Stadt und Polizei regelmäßig patroulliert werden. Das Ziel: Ansammlungen von Menschen verhindern.
Das rund 14 Kilometer lange Ufer des Baldeneysees bietet einige neuralgische Punkte, an denen die Bürger zusammenkommen - auch in Zeiten von Versammlungsverboten wegen der Coronakrise.
Neuralgischer Punkt 1: der beliebte Motorradtreff Haus Scheppen
Die Zufahrt zu Haus Scheppen, dem beliebten Biker-Treff am Baldeneysee, ist seit Mittwochabend dicht. Polizei und Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben die Zufahrtsstraße "Pörtingsiepen" gesperrt. Sie ließen eine Schranke herunter, die dort seit vielen Jahren angebracht, die Zufahrt für Pkw und Anlieferverkehr unmöglich macht und sonst nur bei Sonderverantstaltungen wie dem Hafenfest benutzt wird.
Als der Chef der Weißen Flotte, Franz-Josef Ewers, am Mittwoch am späten Nachmittag sein Büro verließ und sich auf den Heimweg machte, da traute Ewers, der auch Essens See-Manager ist, seinen Augen nicht. Schon am Hardenbergufer reihten sich die Motorräder auf, als sei es ein Tag wie jeder andere, an dem das schöne Wetter Zweiradfahrer zu einer Spritztour ermuntert. Corona? Dass man sich lieber fernhalten soll von anderen? Interessierte offenbar niemanden. Wie schon an den Tagen zuvor.
Dabei hatten die Betreiber ihre Biergärten inzwischen mit Flatterband abgesperrt, nachdem Ewers sie, wie er selbst sagt, an die behördliche Verordnung der Stadt erinnert hatte. Erlaubt ist nur noch der Außer-Haus-Verkauf: Kaffee to go. Nicht jeder Gast sei damit einverstanden gewesen.
Einer der beiden Kioske machte am Nachmittag dicht. Der andere, näher am Wasser gelegen, öffnete noch am Donnerstag - doch mit dem Hinweis, dass um 18 Uhr Schluss ist. Eine Angestellte deutete an, dass dieser Tag, der Donnerstag, wohl auch für ihren Betrieb der letzte für Wochen sein wird: "Es kommt ja sowieso keiner mehr." Die Außenbereiche sind bereits mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, es gibt nur noch to-go-Verkauf, und unübersehbare Schilder weisen darauf hin, dass man einzeln mit viel Abstand anstehen soll.
Neuralgischer Punkt 2: der Anleger der Weißen Flotte in Heisingen
Am Anleger der Weißen Flotte in Heisingen, Lanfermannfähre, sind Treffs von Jugendlichen normal, besonders in Ferienzeiten. Der weiße Stahl-Pavillon ist ein beliebter Schauplatz Heranwachsender - und jetzt, da keine Schule ist, steigen aus dem Linienbus schon am Nachmittag große Gruppen von jugendlichen Schülern aus und pilgern mit Bierflaschen und Knabberzeug ans Seeufer. Am Mittwochabend lösten Polizei und Ordnungsamt bereits eine solche Versammlung auf, erteilten Platzverweise. Doch die Ruhe hält in der Regel nicht lang: Die Feiernden verlassen dann die Bänke rund um den Pavillon, packen ihre Sachen zusammen, gehen zu zwei oder dritt Richtung Bushaltestelle. Einige drehen um, kommen zurück, andere rücken nach, die Musik ist wieder an – so, als sei es ein ganz normaler Frühlingsabend am See.
Ein paar hundert Meter weiter soll erst gar keiner auf die Idee kommen, die einladende Terrasse direkt am Wasser für ein Sonnenbad zu nutzen. Denn mehr gibt es in der Gastronomie derzeit ohnehin nicht: Das Café Extrablatt hat geschlossen, der Außenbereich ist großräumig mit rot-weißem-Flatterband abgesperrt und sämtliche Sitzgelegenheiten wurden abgeräumt.
Neuralgischer Punkt 3: die Regattatribüne am See
Die Regattatribüne ist eine der zentralen Anlaufstellen am See. Nicht nur für Jogger und Spaziergänger, sondern auch für erwachsene Schüler, die dort die letzten Tage vor den Abi-Klausuren feiern. Die so genannte "Motto-Woche" findet immer wenige Tage vor Beginn der Osterferien statt. Doch in diesem Jahr ist alles anders - und die Stadt kündigt an, besonders auch die Tribüne zu kontrollieren. Am Donnerstagmorgen ist jedoch alles friedlich, auch Müll wurde nicht hinterlassen - und abgesperrt ist der Bereich auch noch nicht. Gleiches gilt für die Skate-Rampen am alten Fördergerüst der Zeche Carl Funke: Dieser Schauplatz etabliert sich regelmäßig in schulfreien Zeiten zu einem Schauplatz für Heranwachsende. Leider auch für jene, die kein Interesse am Sport haben, sondern lieber Haschisch-Zigaretten kreisen lassen. Auch hier patrouillieren Polizei und Stadt regelmäßig in diesen Tagen; eine Sperrung ist jedoch auch dort am Donnerstagmorgen noch nicht erkennbar.