Essen. Die Zerrüttung der Karnaper SPD geht weiter: Ortsvereins-Chef Stephan Duda verließ mit anderen im Streit die Partei, der Vorstand löste sich auf.
Die Auflösungserscheinungen bei der SPD in Karnap gehen nicht nur weiter, sie verschärfen sich: Am Samstag erklärte der langjährige Ortsvereinsvorsitzende Stephan Duda seinen Austritt aus der SPD, fünf weitere der insgesamt neun Mitglieder des Ortsvereinsvorstands seien ebenfalls keine Parteimitglieder mehr, so Duda. Der Vorstand habe sich am Samstag komplett aufgelöst. „Keiner wird hier Wahlkampf für Herrn Schwamborn machen“, so Duda.
Das Vorgehen der Essener SPD, den Ortsverein zu ignorieren, ist legal, aber unüblich
Michael Schwamborn, von dem hier die Rede ist, wurde vor einer Woche vom Parteitag der Essener SPD für die Kommunalwahl im September zum Direktkandidaten für den Rat der Stadt gewählt – gegen das ausdrückliche Votum des Ortsvereins, der Stephan Duda im Stadtparlament sehen wollte. Ein Vorgehen, das zwar ausdrücklich möglich und legal ist, jedoch als unüblich gilt, weil ein mit großer Mehrheit der Basis getroffenen Beschluss auf SPD-Stadtebene normalerweise nicht mehr verändert wird.
Die Essener SPD-Spitze um den Vorsitzenden Thomas Kutschaty ignorierte das Votum und setzte sich schließlich mit 60 Prozent der anwesenden Delegiertenstimmen durch. Der Ortsverein Bergerhausen-Stadtwald hatte Schwamborn zur Empörung der Karnaper beim Parteitag als Direktkandidaten vorgeschlagen.
Schwamborn wechselte von der SPD zum EBB und dann wieder retour
Der pensionierte RAG-Angestellte Schwamborn war früher Sozialdemokrat, dann einige Jahre beim Essener Bürgerbündnis EBB engagiert, für das er er auch ein Ratsmandat errang. Dieses nahm er dann beim erneuten Wechsel in die SPD mit.
„Ich selbst habe es mir nicht leicht gemacht, aber die SPD hat es mir mit ihrem antidemokratischen Verhalten leicht gemacht“, erklärte Stephan Duda auf Anfrage. Insgesamt seien nun 30 Karnaper Sozialdemokraten aus der SPD ausgetreten, ungefähr ein Viertel der gesamten Mitgliedschaft. „Und es zeichnet sich ab, dass es noch mehr werden“, so Duda grimmig.
Schwamborn wirft Duda vor, die Chancengleichheit verletzt zu haben
Den 49-jährigen Vertriebsleiter erbost, dass es Essens Parteichef Thomas Kutschaty, gleichzeitig Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, nicht für nötig befunden habe, auch nur einmal mit ihm seit dem Parteitag in Kontakt zu treten. „Auch diese Egal-Haltung hat mir den Austritt leicht gemacht“. Nun allerdings sei die SPD Essen gezwungen sich zu kümmern. „Ein Ortsverein, der keinen Vorstand hat, muss von der Stadtpartei geführt werden.“
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Michael Schwamborn liefert eine andere Version des Zerwürfnisses: „Ich wäre vielleicht nie angetreten, wenn Stephan Duda mir auch nur einmal ein Gespräch gewährt hätte.“ Es habe seine Bewerbung im Ortsverein nie vorbringen dürfen. „Ich bin ein großer Verfechter des Ortsvereinsprinzips auch auf Parteitagen, aber nur wenn es Chancengleichheit gibt.“ Duda sieht hierin eine Schutzbehauptung und will dies mit dem Protokoll einer Vorstandssitzung vom 23. Januar 2019 belegen, bei der Schwamborn zugegen war.
Seine Legitimation, gegen den Willen des Ortsvereins anzutreten, begründet Schwamborn mit seiner Verwurzelung in Karnap. Viele Stadtteil-Bürger hätten ihn geradezu bekniet, für die SPD zu kandidieren. Deshalb mache er sich auch für den Wahlkampf keine Sorgen. Er werde notfalls auch ohne Teile der örtlichen SPD den Wahlkreis gewinnen.
Möglicher Wechsel zum Sozial Liberalen Bündnis, dem Sammelbecken für unzufriedene Sozialdemokraten
Duda wiederum kündigte an, sich auch in Zukunft politisch in Karnap engagieren zu wollen. Es gebe verschiedene Angebote, darunter auch vom „Sozial Liberalen Bündnis“ (SLB) Dort verfolgt der frühere Essener SPD-Vize Karlheinz Endruschat die Strategie, das SLB zu einer Art Sammelbecken für unzufriedene Sozialdemokraten zu machen, die wie er dem pragmatischen Flügel der Partei angehören und linke Ideen ablehnen. „Natürlich ist Stephan Duda bei uns willkommen“, bestätigt Endruschat auf Anfrage.
„Ich will bis Mittwoch entscheiden, wohin ich mich orientiere“, sagt Duda. Nur eines sei vollkommen klar: Den Weg eines mittlerweile berühmten Karnaper Ex-Sozialdemokraten, nämlich Guido Reil, werde er nicht gehen. „Einen Übertritt in die AfD schließe ich absolut aus.“ Ausgeschlossen sei allerdings auch etwas anderes: „Dass ich wie Herr Schwamborn zur SPD zurückkehre.“ Dieses Kapitel sei für ihn endgültig vorbei.