Essen. Früher war er Briefträger, heute betreut er fünf Kleinkinder: Patrick Krahn ist einer der wenigen Männer in Essen, die als Tagesvater arbeiten.
762 Frauen und nur 65 Männer: So unausgeglichen ist aktuell das Geschlechterverhältnis der Essener Tagespflegepersonen. Einer der wenigen Männer, die sich für den Beruf des Tagesvaters entschieden haben, ist Patrick Krahn. Der 31-Jährige betreut fünf Tageskinder zwischen anderthalb und zweieinhalb Jahren.
Ein Spieleparadies in Burgenoptik mit Bällebad und viel Spielzeug erstreckt über einen großen Teil der Wohnung im Essener Süden. Vier kleine Kinder tollen unter dem neugierigen Blick von zwei roten Katern zwischen Legosteinen und Tierfiguren durch den Raum. Willkommen in „Azraels Zauberwald“. Seit drei Jahren betreibt Patrick Krahn die Kindertagespflege, benannt nach der Katze von Gargamel, einem Charakter aus dem Comic „Die Schlümpfe“.
Tagesvater hat zuerst eine Ausbildung zum Briefträger gemacht
Eigentlich hatte der 31-Jährige etwas ganz anderes mit seinem Leben vor. Nach dem Schulabschluss machte er eine Ausbildung zum Briefträger. Doch nach der Lehre bot ihm die Post keine Stelle an. Ein halbes Jahr war er arbeitslos. In dieser Zeit führte ihn eine Maßnahme der Arbeitsagentur in einen Kindergarten – als Hausmeister.
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„Nach zwei oder drei Tagen sprach meine Chefin mich an und sagte: Die Kinder mögen dich, willst du nicht mal mit in die Gruppe kommen?“, erinnert sich Krahn. Rein zufällig fand er so seinen Traumjob. Viereinhalb Jahre arbeitete er in dem Kindergarten, absolvierte eine Ausbildung zum Kinderpfleger und Erzieher. Während dieser Zeit machte er ein Praktikum bei einer Tagesmutter – und wusste: Das ist es.
„Ich empfinde den Job gar nicht als Arbeit, weil er so viel Spaß macht“
„Als Tagesvater kann ich mich sehr intensiv mit den Kindern beschäftigen“, sagt Krahn. Denn während er sich in der Tagespflege um fünf Kinder kümmere, gebe es in Kitas häufig einen höheren Personalschlüssel. „Wenn sehr kleine Kinder dabei sind, ist man da unter Umständen nur mit Wickeln beschäftigt“, so Krahn.
In seiner Kindertagespflege lebt Krahn ein Stück Alltag mit den Kindern. Sie kochen zusammen, sie gehen auf den Spielplatz, fahren in den Zoo, basteln, spielen mit Spielzeug. Alle zwei Wochen geht es zur Tanzgruppe. Und auch, wenn es manchmal stressig werden könne – zum Beispiel wenn ein Kind hinfalle, während die anderen gerade beim Mittagessen hälfen und der Herd an sei: „Ich empfinde den Job gar nicht als Arbeit, weil er so viel Spaß macht.“
Eltern entscheiden sich bewusst für eine männliche Bezugsperson
Ob Eltern schon einmal Vorbehalte gehabt hätten, ihre Kleinkinder von einem Mann betreuen zu lassen? Das Gegenteil sei der Fall. „Viele Kinder sind an weibliche Bezugspersonen gewöhnt“, erklärt Krahn. Die Elten fänden deshalb häufig, dass ein männlicher Erzieher ihrem Kind gut tun könnte. In Krahns Gruppe gibt es zum Beispiel ein Mädchen, das von einem lesbischen Paar großgezogen wird. „Die beiden Mütter haben gezielt nach einem männlichen Betreuer gesucht“, erzählt der Tagesvater.
Er selbst erlebt seine Rolle als Mann in der Kindererziehung ebenfalls durchaus als positiv. „Ich glaube, dass die Kinder von einer männlichen Bezugsperson profitieren“, sagt er. Und: „Männer machen vielleicht manchmal ein bisschen mehr Quatsch mit den Kindern“, ergänzt er lachend. Über mangelnde Anfragen kann sich Krahn, der über die AWO organisiert ist, jedenfalls nicht beklagen. Die Plätze, die bei ihm im Sommer frei werden, sind bereits besetzt. Trotzdem hat er schon sieben neue Anfragen – und es ist noch früh im Jahr.
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Mit drei Jahren wechseln die Kinder in die reguläre Kita – der Abschied fällt oft schwer
Dass die Atmosphäre sehr familiär ist, fällt auf, sobald man durch die Tür tritt. Im Flur hängen Bilder vom Tagesvater und seinen Schützlingen, Porträts, Gruppenfotos. Krahn erzählt, dass er die Kinder jeden Tag fotografiert, um am Ende der Tagespflegezeit eine Mappe für die Eltern zusammenzustellen. In der kleinen Gruppe und mit bis zu zehn Betreuungsstunden am Tag entwickele man schnell Bindungen zu den Kindern, bestätigt er.
Mit etwa drei Jahren verlassen die Kinder die Gruppe und gehen regulär in die Kita. „Mein längstes Tageskind war zweieinhalb Jahre bei mir“, erzählt der Tagesvater. „Da fällt der Abschied natürlich schwer – und man vergießt auch als Mann ein paar Tränen.“ Das beruhe im Übrigen auf Gegenseitigkeit: „Die Kinder weinen öfter mal, wenn sie abgeholt werden.“
Little Bird: Das Portal für Kinderbetreuungsplätze der Stadt
Jedes Kindergartenjahr beginnt am 1. August, die Vergabe der Plätze startet ab dem 1. März. Freigewordene Plätze im Laufe eines Kindergartenjahres können weiterhin unterjährig vergeben werden.
Bei „Little Bird“, dem Online-Elterportal der Stadt Essen, können sich Eltern einen Überblick über die einzelnen Kinderbetreuungsangebote und deren Standorte verschaffen. Dort kann man sein Kind bei bis zu sieben Einrichtungen pro Kitajahr online vormerken lassen. Für jede Absage lässt sich eine weitere Vormerkung erstellen.
Auch für die Kindertagespflege können sich Eltern bei Little Bird online vormerken lassen. Die Anfrage wird zum zuständigen Fachverband weitergeleitet, der den Kontakt zu der Kindertagespflegeperson herstellt und auch bei Fragen berät.