Essen. . Tischler-Azubis haben mit einem Ingenieur das zwei Tonnen schwere und 2,40 Meter hohe Wasserrad nachgebaut. Eine unglaublich zeitraubende Arbeit.

Dustin Urbatzka, Tamara Jansen und Benedict Sommer sind angehende Tischler im dritten, zweiten und ersten Lehrjahr. In der Werkstatt der Jugendberufshilfe Bergerhausen stehen sie an diesem Donnerstagmorgen vor dem wuchtigen Wasserrad für den Deilbachhammer. Und sind zu recht stolz. „500 Stunden Arbeit stecken in diesem Nachbau drin“, sagt ihr Meister Johannes Große-Rhode anerkennend.

Er hätte auch sagen können, dass es eine „runde Sache“ geworden ist: Enorme zwei Tonnen wiegt das Teil – bei einem Durchmesser von 2,40 Meter und einer Breite von 1,50 Meter. Bald drei Jahre sollten für die Schöpfung dieses Technikwunders durchs Land gehen.

2015 setzte sich der frühere Krupp-Widia-Ingenieur und Ruhrmuseums-Ehrenamtler Gerd Schraven (79), ein Tüftler alten Schlages, hin und entwarf die Konstruktionspläne. 2016 haben die Tischler-Lehrlinge der Jugendberufshilfe dann gesägt und gefräst, abgerichtet und ausgehobelt, geschnitten und gebohrt.

Heute werden kaum noch Wasserräder gebaut

Erst vor wenigen Wochen gingen sie daran, die liebevoll mit Hand gefertigten Eichenholzsegmente mit 250 Edelstahlschrauben und 24 Aluminiumschaufeln zusammen zu bauen. „Erst dann siehst du, wie groß und kompakt das Wasserrad geworden ist“, strahlt Dustin Urbatzka. Schraven, der „Chefkonstrukteur“, lächelt dabei zufrieden nach innen und findet einen Satz wie aus einem Werbeprospekt: „Wir können Wasserräder.“

In romantischer, also vorindustrieller Zeit, als die viel besungene Mühle noch am rauschenden Bache klapperte, mögen Wasserräder zur Kategorie „Standard“ gezählt haben. Heute hingegen, im Zeitalter von i-Phone und Google plus, wirken solche Nachbauten wie archaische Relikte einer untergegangenen Epoche. In diesem Fall handelt es sich um das Wasserrad der Hammerwelle des Deilbachhammers. Ein Kleinod im Deilbachtal, das als Wiege der industriellen Eisenverarbeitung im Ruhrgebiet gilt.

Gerd Schraven schätzt, dass in Deutschland nicht mehr als zwei Dutzend Wasserräder im Jahr gebaut werden. Fertige Konstruktionspläne, etwa zum Herunterladen, sucht man im Internet daher vergebens. „Jedes Wasserrad ist eine Sonderanfertigung.“ Er blättert in seinen Konstruktionsunterlagen und zeigt allein vier Din-A-Seiten mit mathematischen Gleichungen und physikalischen Formeln, mit Exponentialfunktionen und viel Kreiszahl Pi. Er lässt Fachbegriffe fallen wie „Holländisches Armgeviert“, und Poncelet-Prinzip. Und ist sicher, dass sich das Wasserrad in der Praxis bewähren wird. „Ein ein Meter großer Prototyp steht bei mir im Garten und funktioniert.“

Tamara ist stolz, am Wasserrad mitgewirkt zu haben. „Ich habe viel dabei gelernt“, sagt sie. „Es war Millimeterarbeit“, sagt Dustin Urbatzka und freut sich schon auf den Transport des Wasserrades von Bergerhausen nach Kupferdreh. „Wir Tischlerlehrlinge werden natürlich bei der Montage dabei sein.“

Nur 2000 Euro Materialkosten

Es gibt schon jetzt viele Gewinner bei dieser Zusammenarbeit von Jugendberufshilfe, Ruhrmuseum, Bürgerschaft Kupferdreh und Historischem Verein. Auch in finanzieller Hinsicht. Für das Wasserrad haben die Tischler der Jugendberufshilfe fünf Eichenbäume à fünf Meter Länge und 60 Zentimeter Durchmesser verarbeitet. „Es sind fünf Gefahrenbäume, die ohnehin gefällt werden mussten und uns gespendet wurden“, sagt Schraven. Grob überschlägt er die Materialkosten und kommt auf 2000 Euro. „Woanders wäre das Zehnfache fällig gewesen.“