Essen. Anfang März tritt die Masern-Impfpflicht für Kitas und Schulen in Kraft. Sind Kinder ungeimpft, kann die Stadt Essen Eltern mit Bußgeld belegen.
In der Aufregung um das Corona-Virus geht ein anderer gesundheitlicher Großeinsatz derzeit ein wenig unter: Ab 1. März gilt in Kitas, Schulen und Gesundheitseinrichtungen die Masernimpflicht. Sorgen die Einrichtungen nicht dafür, dass Kinder und Mitarbeiter geimpft sind, drohen ihnen Bußgelder. Kontrolliert werden muss das von der Stadt Essen.
Und die teilt wenige Tage vor Inkrafttreten der Impfpflicht mit, dass „das Gesamtkonzept zu Kontrollen noch nicht feststeht“. Angedacht sei zunächst, „dass mit den routinemäßigen Hygienebegehungen auch nach den Anforderungen für das Masernschutzgesetz geschaut wird“.
Impfmuffeln drohen Bußgelder von bis zu 2500 Euro
Vergleichsweise leicht lasse sich kontrollieren, ob Kinder, die eingeschult werden, gegen Masern geimpft sind: Bei den Schuleingangsuntersuchungen werde schon immer der Impfstatus abgefragt. Bei den Untersuchungen für das Schuljahr 2017/18 hatten laut Impfausweisen 98 Prozent der Essener Kinder die erste Masern-Impfung, immerhin 92 Prozent auch die zweite, die von der Ständigen Impfkommission empfohlen wird. Der Kita- und Schulbesuch müsse an die Vorlage eines entsprechend ausgefüllten Impfausweises gekoppelt sein, hatte Oberbürgermeister Thomas Kufen schon vor einem Jahr gefordert. „Wir lassen schließlich auch niemanden ohne Führerschein an das Steuer eines Autos.“
Allerdings kann ein Kind nicht einfach vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, stellt Stadtsprecherin Jasmin Trilling jetzt klar: Es sei gesetzlich vorgegeben, dass die Schulpflicht der Impf-Nachweispflicht übergeordnet sei. „Somit ist kein erbrachter Nachweis kein Grund, dass ein Kind nicht in die Schule darf.“ Die Schulen müssen jedoch ans Gesundheitsamt melden, wenn die Masernimpfung fehlt oder nicht nachgewiesen wird: Dann könnten ordnungsrechtliche Konsequenzen drohen.
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„Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, werden künftig eine Ordnungswidrigkeit begehen und müssen mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2500 Euro rechnen“, sagt die Stadtsprecherin.
Kitas und Tagesmütter nehmen Kinder ohne Masern-Impfung nicht auf
Gleiches gilt für die Leitungen von Kitas, denn sie sind dafür verantwortlich, dass alle Kinder und Mitarbeiter geimpft sind – und müssen Impfmuffel ans Gesundheitsamt melden. Zwar gilt für alle, die dort bereits arbeiten oder betreut werden, eine Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2021. All jene, die neu in die Einrichtung kommen, müssen den Impfschutz jedoch ab sofort nachweisen. Bei der jetzt anstehenden Vergabe der Kitaplätze sollte Eltern klar sein, dass Kitas keine Kinder ohne Masernimpfung aufnehmen dürfen.
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Für Kita-Träger bedeutet das derzeit Mehrarbeit: „Wir verschaffen uns gerade einen Überblick, wer geimpft ist – und wer nicht“, teilt etwa die CSE mit. Bisher habe man ungeimpfte Kinder im Krankheitsfall in Absprache mit den Eltern aus der Kita genommen, nun wolle man sicherstellen, „dass alle Kinder geimpft sind“. Zu diesem Zweck wolle man auch die Kita-Verträge neu gestalten, aber erst nach dem 5. März: Dann kommen alle öffentlichen Träger im Arbeitskreis Frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung zusammen und stimmen sich mit dem Gesundheitsamt über einheitliche Regelungen ab.
Auf die enge Absprache mit anderen Trägern und dem Gesundheitsamt setzt auch Ulrich Leggereit, Prokurist des Diakoniewerks: „Wir sind dabei, mit Hochdruck alle Lücken zu schließen.“ So müsse man viele Details klären, etwa wie man mit Ehrenamtlichen umgehe, die als Vorlesepaten o.ä. nur kurz in einer Kita zu Gast sind.
Nicht jedes Kind unterliegt der Masern-Impfpflicht
Ob die Masern-Impfpflicht auch in den Spielgruppen für Flüchtlingskinder gelte, sei nicht klar, das Diakoniewerk wolle diese aber genauso behandeln wie die Kitas, betont Prokurist Ulrich Leggereit.
Übrigens gebe es verschiedene Ausnahmen von der Masernimpfpflicht: So sind Kinder unter einem Jahr ebenso ausgenommen wie Kinder, bei denen medizinische Gründe gegen eine Impfung sprechen. Auch Mitarbeiter, die vor 1970 geboren sind, müssen keine Impfung nachweisen.
Extra-Termine für die Masernimpfung wird das Essener Gesundheitsamt nicht anbieten. Das sei Aufgabe der niedergelassenen Ärzte.
Um die Familien zu informieren, hat das Diakoniewerk in den Kitas bereits Aushänge angebracht. Den Impfstatus der Kinder habe man schon immer abgefragt, nun müsse man auf Eltern zugehen und sie aufklären, wenn die Masernimpfung fehlt. „Dem Kind den Kita-Besuch zu untersagen, sollte Ultima ratio sein“, sagt Leggereit.
Auch beim katholischen Kita-Zweckverband sucht man das „direkte Gespräch mit den Erziehungsberechtigten“, schon bei der Anmeldung. „Eltern, die den Nachweis nicht vorweisen können, haben zehn Tage Zeit, um den Nachweis beizubringen“, erklärt eine Sprecherin. Allerdings seien die meisten Kinder in den Einrichtungen des Zweckverbandes bereits geimpft. „Die Impfpflicht ist aktuell kein großes, kontroverses Thema bei den Eltern. Von renitenten Impfverweigerern ist bisher nichts bekannt.“
Verband mailt Checklisten und Merkblätter an Tagesmütter und -väter
Vielen Tagesmüttern und -vätern sei noch nicht bewusst, dass sie als Selbstständige die Verantwortung für die Einhaltung der Impfpflicht haben, sagt Rebecca Eggeling von der Interessensgemeinschaft (IG) Kindertagespflege. „Wir haben daher mit unserer Anwältin Checklisten und Merkblätter erarbeitet und diese an unsere Mitglieder gemailt.“ Allen Tageseltern müsse klar sein: „Wenn wir ungeimpfte Kinder aufnehmen und das nicht dem Gesundheitsamt melden, müssen wir das Bußgeld zahlen.“