Essen. Die Hakenkreuz-Decke der Kapelle im Essener Huyssensstift wurde demontiert. Laut Kirche soll es dabei bleiben – trotz Denkmalschutz.
Die Kapelle im evangelischen Huyssensstift in Essen-Huttrop wird in die Denkmalliste eingetragen. Damit dürfte die Diskussion um das heikle Baudenkmal aber noch nicht beendet sein: Die evangelische Kirche möchte die mit Hakenkreuz-Dekor verzierte Decke nicht wieder anbringen. „Für uns kommt ein Beten unterm Hakenkreuz nicht infrage“, stellt Superintendentin Marion Greve klar.
Allerdings handelt es sich bei der Klinikkapelle nach Ansicht des LVR-Amtes für Denkmalpflege um „eine bundesweit äußerst selten überlieferte Kircheneinrichtung aus der Zeit des Nationalsozialismus’“. Die Denkmalschützer heben in ihrem Gutachten besonders die Vollständigkeit des Ensembles hervor und fordern dessen Erhalt. Sie räumen ein, dass eine weitere Nutzung als Kapelle einer klugen Vermittlungsarbeit bedürfe.
Kapelle soll weiter für Gottesdienste genutzt werden – ohne Hakenkreuzdecke
In der Evangelischen Kirche sieht man dafür offenbar wenig Spielraum. So weist Marion Greve darauf hin, dass bei einem Gottesdienst der Raum „mit predige“: Sie halte es für unmöglich, über die NS-Symbole hinwegzusehen. Diese vor Ort zu belassen, berühre demnach das Recht auf freie Religionsausübung: „Dies ist eine gewidmete Gottesdienststätte, ein Raum für Stille und Gebet. Daher wollen wir die Decke nicht mehr vor Ort einsetzen.“
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Schon im Mai 2019 hatte die Klinikleitung die Deckenverkleidung mit dem Hinweis auf Brandschutzgründe – und in Absprache mit dem Denkmalamt – abnehmen und einlagern lassen. Die Brandschutzsanierung werde voraussichtlich Ende April 2020 abgeschlossen sein, teilt das Huyssensstift jetzt mit.
Kirche will Teile der Kapelle an anderer Stelle zeigen
Geht es nach Kirche, könnte man sich eine Wiederinstallation der Decke sparen. Eher könnten Deckenteile in einem Erinnerungsbereich im Gebäude oder außerhalb gezeigt werden, sagt Marion Greve. Man sei dazu schon im Gespräch mit dem Ruhrmuseum. „Wir erkennen den geschichtlichen Wert der Kapelle an. Aber man muss fragen dürfen: Was ist bewahrenswert und wo muss es erhalten bleiben?“
Ob es tatsächlich denkbar ist, die Präsentation der Decke auszulagern, mag die Stadt derzeit nicht beantworten. Nachdem die Kapelle in die Denkmalliste eingetragen sei, sehe das Denkmalschutzgesetz in der zweiten Stufe nun das Erlaubnisverfahren vor: Gemeinsam mit Kirche und Klinikleitung werde es „eine Abstimmung zum weiteren Umgang mit der Kapelle in Bezug auf Ausgestaltung und Nutzung“ geben.
Gut möglich, dass die Klinik auch Zuschüsse aus dem Denkmalförderungsprogramm erhalten wird. Eine Pflicht, die denkmalgeschützte Kapelle öffentlich zugänglich zu machen, gebe es übrigens nicht.
Diskussion über die Zukunft der Krankenhaus-Kapelle
Im November 2018 stellten die Kliniken Essen Mitte (KEM) Pläne für eine Umgestaltung der Kapelle im Essener Huyssensstift vor: Die mit Hakenkreuz-Dekor gestaltete Decke aus den der NS-Zeit sollte entfernt, der Raum sollte freundlich gestaltet werden. Im Frühjahr 2019 sollten die Arbeiten beginnen.
Die Pläne riefen Kritiker auf den Plan, die das Interieur als denkmalwürdig erachteten. Ein Jahr später bestätigte das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland diese Einschätzung. In einem Gutachten heißt es, in der Kapelle fänden sich nicht nur Elemente, die die Handschrift der NS-nahen Deutschen Christen trügen: In anderen Gestaltungsfragen habe sich die kritische Bekennende Kirche durchgesetzt. Die Kapelle müsse als spannendes Zeitzeugnis von der Stadt in die Denkmalliste aufgenommen werden.
Die Decke mit dem Hakenkreuz-Dekor wurde von der Klinik indes im Mai 2019 „aus Brandschutzgründen“ abgenommen und eingelagert. Nun muss entschieden werden, ob die wieder angebracht wird.
Zunächst müssten die Eigentümer des Huyssensstift jetzt ihr Konzept vorlegen: Dieses werde dann geprüft und ggf. „in Benehmen mit dem LVR-Amt für Denkmalpflege“ die Erlaubnis erteilt. Marion Greve will zuvor in einer Stellungnahme darlegen, warum die Kapelle nicht vollständig in den Originalzustand gebracht werden könne: „Wir sehen keine Möglichkeit, den gesamten Ort als Denkmal zu erhalten.“
Bleibt abzuwarten ob das LVR-Denkmalamt dem folgt. In dem Gutachten des Hauses wird der Sakralbau als „einzigartiges Monument des Kirchenstreites in Essen“ gewürdigt. Ob diese Bedeutung noch sichtbar ist, wenn ein zentrales Gestaltungselement demontiert ist, scheint zumindest fraglich.