Essen. Manfred Hahn ist unheilbar krebskrank. Nun hat er sich einen Herzenswunsch erfüllt: Ein Tattoo, gestochen von einem Essener Tätowierer.
Manfred Hahn wird bald sterben. Der 62-jährige Wuppertaler ist unheilbar an Rachenkrebs erkrankt und wird im Tumorzentrum der Essener Uniklinik behandelt. Doch wenn man mit ihm spricht, hat man nicht den Eindruck eines Todgeweihten: Er wirkt fröhlich, lacht viel, macht Scherze. Hahn will die Zeit, die ihm bleibt, möglichst ausnutzen - und sich seine Herzenswünsche erfüllen.
Anfang 2016 machten sich die ersten Symptome bemerkbar. „Ich fühlte mich müde, erschöpft, war einfach fertig“, beschreibt Hahn. Doch die Ärzte stellten den Krebs zunächst nicht fest, sondern verschrieben ihm Antibiotika. Ende 2016 bildete sich dann eine nicht zu übersehende Wölbung an Hahns Hals. Ein CT brachte Klarheit: Die Diagnose lautete Rachenkrebs.
„Ich dachte eben: Da muss ich jetzt irgendwie durch.“
„Zu dem Zeitpunkt hat mich das gar nicht so geschockt“, erinnert sich Hahn. „Mir waren die Auswirkungen nicht so klar. Ich dachte eben: Da muss ich jetzt irgendwie durch.“ Es folgte eine Operation am Hals, bei der der Tumor entfernt wurde. Doch dann kam die nächste niederschmetternde Nachricht.
An Hahns Wirbelsäule hatten sich Metastasen gebildet, an einigen Stellen hatte die Wirbelsäule schon winzig kleine Frakturen. Sogar die Beckenknochen waren schon vom Krebs beschädigt worden. Ab diesem Zeitpunkt war klar: Die Krankheit ist nicht heilbar, es geht nur noch um lebensverlängernde und -verbessernde Maßnahmen.
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Circa 100 Chemotherapiesitzungen unterzog sich Hahn im Essener Tumorzentrum
„Das war der größte Schock“, sagt Hahn rückblickend. Im Tumorzentrum der Essener Uniklinik unterzog sich circa 100 Chemotherapiesitzungen, um den Krebs einzudämmen. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit der Frage, was er vor seinem Tod noch machen möchte.
„Ich hatte ein paar Wünsche, die man mit Geld bezahlen kann“, erzählt Hahn. Einen Siegelring kaufen zum Beispiel, und einen Jeep Renegade, mit dem er durch die Stadt flitzen konnte. Und dann war da eben der Wunsch nach einem Tattoo. „Eigentlich fand ich das immer asi-mäßig“, sagt Hahn lachend. Aber irgendwie habe er dann doch gerne eines gewollt.
Tätowierer stach das Tattoo vor Ort im Krankenhaus, Hahns Sohn wählte das gleiche Motiv
Eine Pflegekraft des Tumorzentrums stellte den Kontakt zum Essener Tätowierer Heinz Kühlmorgen her. Der hat vor einiger Zeit selbst seine damals erst 35-jährige Frau durch eine Krebserkrankung verloren und war ergriffen vom Schicksal des 62-Jährigen. Kurzerhand kam er mit seinem Equipment in die Klinik, um dort das Tattoo zu stechen.
Das Motiv war schnell gefunden: Ein Hahn in Cartoon-Optik, passend zum Nachnamen des 62-Jährigen. Sein Sohn hat sich das gleiche Motiv stechen lassen. „Das soll kein aggressiver Hahn sein - aber schon irgendwie ein Kampfhahn“, sagt der Wuppertaler. Denn das Tattoo symbolisiert für ihn nicht bloß einen Haken auf der Wunschliste.
Therapiemöglichkeiten sind seit einigen Monaten ausgeschöpft
Er will zeigen, dass man im Angesicht der Krankheit nicht resignieren muss. Viele andere auf der Palliativstation hätten ihren Lebensmut verloren, würden sich hängen lassen. Und auch, wenn er selbstverständlich ebenfalls schlechte Momente habe, sagt Hahn klar: „Ich lebe noch. Auch wenn man todkrank ist, muss man nicht mit Depressionen im Bett liegen. Jeder Tag zählt.“
Seit einigen Monaten sind nun alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft. Hahns Immunsystem ist schwach, jede Entzündung kann lebensbedrohlich werden. Eine Pumpe leitet 24 Stunden täglich in voreingestellten Zeitintervallen Schmerzmittel in seinen Körper. Zusätzlich hat er einen Port an der Brust, über den ihm weitere Medikamente verabreicht werden. Mittlerweile haben sich auch Metastasen in der Leber gebildet.
Nach der Entlassung Urlaub im Schwarzwald geplant
Die Lebensprognose liegt bei einigen Monaten. Und die will Hahn noch genießen. Er wird bald aus dem Krankenhaus entlassen, am Wochenende will er mit seiner Frau in den Schwarzwald fahren. Anschließend wird er sich mit einem Team der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zusammensetzen, um seine Unterbringung in einem Hospiz zu regeln. „Wenn der Sterbeprozess losgeht, möchte ich, dass es dort mit ärztlichem Beistand zu Ende geht.“
Beratungsangebote für Krebspatienten in Essen
Das Tumorzentrum der Essener Uniklinik bietet eine Reihe von Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Krebspatienten und deren Angehörige. Dazu gehören unter anderem der Sozialdienst, die Klinikseelsorge und verschiedene Selbsthilfegruppen. Alle Information gibt es auf der Homepage des Westdeuschen Tumorzentrums.
Auch außerhalb der Klinik gibt es Hilfsangebote. Patienten und Angehörige können sich beim Verband PariSozial Essen (E-Mail: kersten-rettig@paritaet-nrw.org) oder bei der Selbsthilfeberatung WIESE e.V. (E-Mail: selbsthilfe@wiesenetz.de) unabhängig beraten lassen.