Essen. . Sie haben täglich mit dem Sterben zu tun – und vermitteln doch Freude am Leben: die Mitarbeiter der Hospizarbeit am Uniklinikum Essen.
Es ist ein Stoffstück, das für hitzige Debatten sorgt und bei manchem Abwehr auslöst. Bei der Hospizarbeit am Uniklinikum kann man erleben, dass ein Kopftuch als vertrauensbildende Maßnahme funktioniert. Häufig zeigen Patienten und Angehörige im Flyer auf das Foto von Feriya Banaz-Yasar: Mit dieser Frau möchten sie sprechen!
Banaz-Yasar ist – wie ihre beiden Kolleginnen in der Hospizarbeit – Palliative Care Fachkraft und zudem Heilpraktikerin und promovierte Biologin. Für viele aber ist ihr Kopftuch wichtiger als ihre Qualifikationen: „Auch im Fahrstuhl im Klinikum sprechen mich Leute auf Türkisch an.“ Menschen, die oft nicht mal wissen, was Hospizarbeit ist, die aber Hilfe brauchen, weil sie um das Leben eines Angehörigen bangen.
Wer auf der Palliativstation der Uniklinik liegt, ist lebensbedrohlich erkrankt, Ärzte und Pfleger tun alles, um sein Leiden zu lindern. Dabei hilft der Hospizdienst, der sich auch um Ängste, seelische Nöte und Glaubensfragen kümmert. Die drei Koordinatorinnen Ferya Banaz-Yasar, die evangelische Pastorin Karin Scheer und Diplom-Pflegewirtin Ulrike Ritterbusch arbeiten mit vielen Ehrenamtlichen zusammen. Diese werden für ihren Einsatz aufwendig geschult, neuerdings auch „kultursensibel“.
Viele wollen nicht glauben, dass es keine Heilung gibt
Auch wenn viele Musliminnen gezielt auf sie zukommen, stellt Banaz-Yasar klar: „Wir bilden nicht Christen für Christen und Muslime für Muslime aus, sondern Menschen für Menschen.“ Man respektiere Unterschiede und suche das Verbindende, ergänzt Ulrike Ritterbusch. „Wir fragen uns bei allen Patienten, wie wir ein vertrauensvolles Verhältnis aufbauen können, um über etwas so Existenzielles wie Sterben zu sprechen“, sagt Karin Scheer. Zwar helfe ein Dolmetscher, aber oft gehe es nicht nur um Sprache. So falle es Muslimen sehr schwer zu akzeptieren, dass sie „austherapiert“ sind, dass es keine Heilung mehr geben soll. „Sie sagen, ,Gott ist groß! Wenn Gott heilen möchte, kann der Arzt sagen, was er will’“, erklärt Banaz-Yasar.
Und dann gibt es Trost, der universell ist: So erinnert sich Ulrike Ritterbusch, wie sie eine Marokkanerin, die kein Wort Deutsch verstand, in den Arm nahm, zeigte: „Du bist aufgehoben.“ Da sein, zuhören, reden – das helfe vielen Patienten schon. Nicht nur am Krankenbett sei ein vertrautes Gesicht wichtig, auch beim Arztgespräch oder bei einer Untersuchung.
Im Wohnzimmer der Station stehen Klavier und Kicker
Daneben gibt es auf der Palliativstation Raum für Leben, für Besuch: „Wenn hier ein türkischer Patient liegt, kommen Verwandte von überallher“, so Banaz-Yasar. Im Wohnzimmer der Station gibt es Klavier, Kicker, Spielecke und zweimal die Woche Frühstück für Patienten, Gäste und Ehrenamtliche. Schon die Geräuschkulisse wirke beruhigend – egal woher jemand komme, woran er glaube.
Apropos Glauben: Karin Scheer erinnert sich, wie sie einer sehr alten Muslimin die Perlen des Glaubens – eine Art evangelischer Rosenkranz – gezeigt habe. Tagelang hatte die Frau kein Wort gesagt, nun berührte sie eine Perle und sprach: „Geht auch mit Allah.“
>>>> 1. HOSPIZ-FORUM AM UNIKLINIKUM
Das Büro der Hospizarbeit im Uniklinikum befindet sich im Westdeutschen Tumorzentrum/Palliativstation: Tel. 0201-723-62 65, hospizarbeit@uk-essen.de
Am Mittwoch, 10. Oktober, findet um 19 Uhr das 1. Hospizforum an der Uniklinik statt (Hufeland-str. 55, Verwaltungsbau, Sitzungssaal). „Muslimische Patienten am Lebensende begleiten“ ist das Thema der Referentin Gülbahar Erdem, Islamisch-Religiöse Studien der Uni Erlangen / Nürnberg. Anmeldung: Tel. 0201-723 27 46.