Essen-Vogelheim. Seit mehr als vier Jahrzehnten wartet Essen-Vogelheim auf eine Umgehungsstraße. Nun unternimmt die Stadt einen neuen Anlauf.
Darüber geredet wurde schon vor Jahrzehnten. Es gibt sogar einen Bebauungsplan – aufgestellt wurde der 1981, vor mehr als 40 Jahren also. Doch gebaut wurde die Umgehungsstraße, die Vogelheim vom Durchgangsverkehr entlasten soll, nie. „Irgendwas war immer wichtiger“, sagt Bezirksvertreter Karl-Heinz Kirchner von der SPD. Dass er dies sarkastisch meint, ist nicht zu überhören.
Nein, in Vogelheim haben sie nicht mehr daran geglaubt. Nun aber nimmt die Stadt Essen den Bau der Ortsumgehung tatsächlich in Angriff. Damals wie heute soll die Umgehungsstraße von der Kreuzung Hafenstraße/Sulterkamp über die Straße Welkerhude und die Strickerstraße bis zur Gladbecker Straße führen. Auf der nördlichen Seite der geplanten Trasse stehen Wohnhäuser, südlich davon die Metro und weitere Gewerbeimmobilien.
Bezirksvertreter Karl-Heinz Kirchner sagt, er würde zwar eine Trasse weiter südlich favorisieren zwischen Gewerbegebiet und Krablerstraße. Aber dass sich nun überhaupt etwas tue in Sachen Durchgangsverkehr, sei für Vogelheim eine gute Nachricht.
„Freiheit Emscher“ wird mehr Verkehr nach Vogelheim bringen
Anfang März soll der Fachausschuss für Stadtplanung und Bauordnung des Stadtrates die Aufstellung eines neuen Bebauungsplanes beschließen. Neue technische Regelwerke vor allem hinsichtlich des Schallschutzes machten dies erforderlich, heißt es vonseiten der Verwaltung.
Warum hat die Stadt es plötzlich so eilig? Der Bau der Umgehungsstraße steht in direktem Zusammenhang mit dem Projekt „Freiheit Emscher“. Gemeinsam mit der RAG Immobilien wollen Essen und Bottrop ehemals vom Bergbau genutzte Flächen zu beiden Seiten des Rhein-Herne-Kanals städtebaulich entwickeln. Dazu zählt Emil Emscher, die riesige Brache zwischen A 42, Gladbecker Straße und Daniel-Eckardt-Straße.
Modernes Gewerbe soll sich dort ansiedeln, neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Das bedeutet aber: Mehr Verkehr, auch in Vogelheim, wo Anwohner heute schon durch Lärm und Abgase stark belastet werden. Ein Verkehrsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das Verkehrsaufkommen auf der Vogelheimer Straße um täglich 6000 Fahrzeuge zunehmen würde, sollte die Ortsumgehung nicht kommen. Der Druck im Kessel nimmt also zu, schiebt sich doch heute schon im Berufsverkehr eine Blechlawine durch den Stadtteil.
Heute schon rollen über die Hafenstraße bis zu 2000 Lkw pro Tag
Die Umgehungsstraße soll die Vogelheimer Straße entlasten, aber auch die Krablerstraße. Und sie soll den Verkehr der Hafenstraße aufnehmen. „Wir haben hier bis zu 2000 Lkw am Tag, der Dauerschallpegel liegt bei 75 Dezibel. Damit gehört die die Hafenstraße zu den höchstbelasteten Straßen in Essen“, betont Peter Wallutis, Anwohner und aktiv in der Stadtteilkonferenz Vogelheim. Die Stadt will aus der Hafenstraße eine „Umwelttrasse“ machen. Dort hätten dann nur öffentliche Verkehrsmittel, Radfahrer und Fahrzeuge mit umweltfreundlichem Antrieb durchgehend freie Fahrt. So stellen es sich die Planer jedenfalls vor.
Zentrale Bedeutung messen die Verkehrsplaner einer neuen Autobahnanschlussstelle an der A 42 bei, gelegen in Höhe Lichtenhorst zwischen der Anschlussstelle Bottrop-Süd und dem Autobahnkreuz Essen-Nord. Die neuen Gewerbegebiete würden über einen ebenfalls noch zu bauenden „Gewerbe-Boulevard“ an die neue Anschlussstelle angebunden. Dieser soll von der Daniel-Eckhard-Straße bis zur Prosperstraße in Bottrop führen. Der Schwerlastverkehr müsste also gar nicht erst durch Wohngebiete kurven.
Die neue Autobahnanschlussstelle an der A 42 kommt nicht vor 2026
Der Haken: Realistische Chancen auf den Bau einer weiteren Autobahn-Anschlussstelle durch den Bund sehen die Planer erst dann, wenn der Verkehr deutlich zunimmt. Dafür aber müssten die ehemaligen Bergbauflächen, die nun nach und nach erschlossen werden, zu 50 Prozent mit neuen Gewerbebetrieben belegt sein. Ab 2026 könnte es soweit sein, heißt es. Bis es soweit ist, müsste sich der Verkehr auf die vorhandenen Straßen verteilen. Sorgen, wie sie Anwohner zuletzt auf der Altenessen-Konferenz formulierten, sind augenscheinlich nicht unbegründet.
Wann die geplante Umgehungsstraße südlich der Vogelheimer Straße eröffnet wird, bleibt abzuwarten. Ein Bebauungsplanverfahren dauert mindestens ein Jahr. Und bevor die Bagger anrollen können, muss die Stadt zunächst einige Grundstücke erwerben, insgesamt handelt es sich um rund 19.000 Quadratmeter. Etwa die Hälfte davon befindet sich in Privatbesitz.
„Die Umgehungsstraße muss kommen, bevor sich die ersten Betriebe auf Emil Emscher niederlassen“, sagt Peter Wallutis. „Wir brauchen die Arbeitsplätze, aber mehr Verkehr können wir in Vogelheim nicht ertragen.“
Auch interessant