Essen/Bottrop. . Essen und Bottrop wollen die Bergbaubrachen am Rhein-Herne-Kanal bis 2027 erschließen und vermarkten. Die Machbarkeitsstudie liegt vor.

„Freiheit Emscher“ – diesen vielversprechenden Namen haben sich die Planer für das 1700 Hektar große Gebiet zu beiden Seiten des Rhein-Herne-Kanals einfallen lassen. Die Städte Essen und Bottrop wollen hier gemeinsam jene Flächen entwickeln, die mit dem Ende des Bergbaus nicht mehr gebraucht werden. Mehr noch: Die Industriebrachen sollen zu einem neuen, pulsierenden ökonomischen Zentrum im Herzen des Ruhrgebiets werden. Soweit die Vision. Doch die „Freiheit“ hat ihren Preis: Eine dreistellige Millionensumme veranschlagen die Planer für Straßen, Brücken und sonstige Infrastruktur. Die Oberbürgermeister von Bottrop und Essen, Bernd Tischler und Thomas Kufen, sowie Markus Masuth, Vorsitzender der Geschäftsführung der RAG Montan-Immobilien (RMI), stellten gestern das Ergebnis der Machbarkeitsstudie vor, die noch viele Fragen offen lässt. Dennoch formulieren die Planer ein ehrgeiziges Ziel: Läuft alles glatt, könnten die Flächen bis 2027 nicht nur erschlossen, sondern vermarktet sein.

Im Mittelpunkt aller Planungen im Bottroper Süden und im Essener Norden stehen die Wegeverbindungen. Sie sind notwendig, um „den letzten Dschungel des Ruhrgebiets zu durchschlagen“, wie es Bottrops OB Tischler formulierte. Diese Investitionen können die Städte allein nicht stemmen, das stellen die beiden Stadtoberhäupter schnell klar. Es laufen Gespräche mit Land, Bund und EU mit dem Ziel, Fördermittel zu erhalten. Das öffentliche Geld soll das Fundament bilden für weitere private Investitionen. OB Thomas Kufen betonte, dass das Projekt viel Zustimmung und Interesse erfahre, so auch zuletzt beim Treffen der Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet mit Vertretern der Bundesregierung in Berlin.

Auf der Immobilienmesse Expo Real haben die Städte das Projekt bereits vorgestellt

Im vergangenen Jahr hatten die Städte das Projekt gemeinsam bereits auf der Immobilienmesse Expo Real präsentiert und als Marke platziert. „Freiheit Emscher“ sei inzwischen ein Begriff, so Alexa Waldow-Stahm, Sprecherin der beteiligten Planungsbüros. Interesse wäre also geweckt. Innovative Unternehmen, Start-ups, die Zukunft eben – das stellen sich die Planer zu beiden Seiten des Kanals vor. Dazu einen „Gewerbeboulevard“ als neue Erschließungsstraße parallel zur B 224 und eine „Umwelttrasse“ für zukunftsweisende Verkehrsmittel, die beide Innenstädte miteinander verbindet.

Auch aus Sicht der Politik wäre das eine fast perfekte neue Welt. Dass auf den freiwerdenden Flächen allerdings gar keine Wohnungen geplant sind, sorgte am Nachmittag im Essener Ratssaal, wo das Projekt gewählten Vertretern aus Essen und Bottrop vorgestellt wurde, dann doch für Enttäuschung. Überhaupt machte sich bei aller wohlwollenden Zustimmung auch Skepsis unter den Kommunalpolitikern breit. Von Seiten der Bottroper Sozialdemokraten klang das so: Man könne geradezu euphorisch werden angesichts des gesteckten Zeitrahmens von nicht einmal zehn Jahren, würde man nicht über große Infrastrukturprojekte reden.

In der Politik stößt das Projekt auf viel Wohlwollen. Es gibt aber auch skeptische Stimmen

Das gilt nicht nur für einen neuen Autobahnanschluss an der A 42, der für das Gelingen des gesamten Projektes von zentraler Bedeutung sei, wie es heißt und über den mit Land und Bund noch zu reden ist. Das gilt auch für Erschließungs- und Entlastungsstraßen, wie etwa die südliche Umgehung von Vogelheim über die man schon seit Jahrzehnten spricht.

Die großen Einfallstraßen wie die B 224 und die Bottroper Straße sind heute bereits überlastet. Die Politik sieht das mit Sorgen: „Wir haben Interesse, Start-ups nach Essen zu holen, aber nicht zusätzlichen Verkehr“, sagte Ratsfrau Hiltrud Schmutzler-Jäger für die Grünen.

Aber die Machbarkeitsstudie ist nur der erste Schritt. Nun gehe es angesichts des straffen Zeitplans darum, sich mit Planungen übergeordneter Träger abzustimmen, vor allem mit dem Landesbetrieb Straßen NRW. Aber auch Verkehrsberechnungen stehen an und die konkrete Beantragung der Fördergelder.