Essen. Asiatische Gastronomen aus Essen klagen über sinkende Kundenzahlen infolge der Coronavirus-Panik. Nicht nur Chinesen werden gemieden.
Seit Wochen sorgen Meldungen über das Coronavirus für Verunsicherung, viele fürchten die Ansteckungsgefahr. Die Leidtragenden sind dabei mitunter Menschen asiatischer Herkunft: Asiatische Gastronomen und Dienstleister aus Essen beklagen sinkende Kundenzahlen und ausgrenzende Äußerungen. Ob Chinesen, Vietnamesen, Koreaner oder Japaner scheint dabei zweitrangig.
Im China-Restaurant Rain am Weberplatz sind am Montagabend die meisten Tische unbesetzt. Das war nicht immer so, erzählt Kellner Gerong Bai: „Normalerweise wäre es um diese Zeit relativ voll.“ Doch seit Beginn der Corona-Berichterstattung kämen immer weniger Kunden. Etwa 500 Euro weniger Umsatz pro Tag machten sie mittlerweile im Restaurant, schätzt Bai.
Essener China-Restaurant klagt über 30 bis 40 Prozent weniger Umsatz
Diesen Verdienstausfall könnten sie momentan durch Bestellungen über Online-Lieferdienste noch relativ gut ausgleichen. „Im Internet scheinen sich die Leute über das Virus keine Gedanken zu machen“, so Bai. Auf lange Sicht mache sich die Belegschaft aber Sorgen um die Zukunft.
Ähnliches berichtet ein Angestellter eines anderen China-Restaurants in der Essener City, der ungenannt bleiben will. Er spricht von 30 bis 40 Prozent Umsatzrückgang seit den ersten Meldungen über das Virus. „Die Deutschen haben einfach Angst“, sagt er. Häufig werde er von Kunden zuallererst gefragt, ob er gerade aus China komme - dabei habe er selbst Angst vor dem Virus. „Wir sind froh, dass es bis jetzt keine Fälle in NRW gibt. Sonst wird es für uns sehr schwierig.“
Auch interessant
Auch vietnamesischer Gastronom hat nur noch halb so viele Kunden
Doch nicht nur chinesische Gastronomen machen sich Sorgen. Phuy Duy Tran ist Inhaber eines vietnamesischen Restaurants. Eigentlich ist das nicht zu übersehen: Auf dem Geschäftsschild seines Lokals „Tan Tan“ am Kornmarkt prangt der Schriftzug „Vietnamese Cuisine“, auf dem Speiseplan stehen statt Peking-Ente und gebratenen Nudeln Sommerrollen, vietnamesisches Baguette und die traditionelle vietnamesische Suppe Pho.
Doch wenn es um das Coronavirus geht, scheinen Kunden die regionalen Unterschiede im asiatischen Raum nicht mehr wahrzunehmen. „Es ist ganz schlimm“, erzählt Tran. Seit Beginn der Corona-Berichterstattung habe sich die Zahl seiner Restaurantgäste halbiert. „Manche Stammkunden kamen früher zwei- oder dreimal die Woche, jetzt gar nicht mehr.“ Tran hat den Eindruck: „Die Leute können Asiaten nicht unterscheiden und halten alle für Chinesen.“
„Die Leute auf der Straße machen teilweise einen Bogen um mich“
Dabei sei die chinesische und vietnamesische Küche sehr unterschiedlich - und bei ihm gebe es überhaupt keine Produkte aus China. Der Restaurantbesitzer sorgt sich um die Zukunft des Ladens, den er erst im Oktober eröffnet hat: „Ich hoffe, die Krankheitswelle ist bald vorbei. Ein paar Monate können wir noch überstehen, dann wird es schwer.“ Und auch privat habe er die Ablehnung seiner Mitmenschen schon zu spüren bekommen: „Die Leute auf der Straße machen teilweise einen Bogen um mich.“
Ähnliche Erfahrungen hat Lan Phan gemacht. Sie ist ebenfalls gebürtige Vietnamesin und betreibt ein Nagelstudio am Kopstadtplatz. „Ich habe mich in letzter Zeit gefühlt wie ein Affe im Käfig“, erzählt sie wütend. Ständig sei sie von Leuten auf der Straße angestarrt worden, in Bus und Bahn hielten Passanten Abstand. „Es kamen sogar schon Leute in den Laden und haben gefragt, ob ich Fledermäuse essen würde.“
9-jährige Tochter in der Schule ausgegrenzt
Auch Phans 9-jährige Tochter habe sich in der Schule schon ausgrenzende Sprüche anhören müssen: „Die anderen Schüler haben zu ihr gesagt: Du bist Chinesin, du hast das Coronavirus.“ In ihrem Laden brachen nach Berichten über das Virus die Umsätze ein. „Ich konnte nachts nicht schlafen, dieses Gerede hat fast unser Leben zerstört.“ Erst nach einem Bericht von Radio Essen über die diffamierenden Äußerungen ginge es im Nagelstudio wieder leicht bergauf, „aber wie sich das in Zukunft weiterentwickelt, weiß ich nicht.“
Experten warnen vor Hysterie
Das Coronavirus ist eine Lungenkrankheit, ausgelöst durch einen Erreger aus der schon seit vielen Jahren bekannten Gruppe der Coronaviren. Zu den Symptomen gehören Fieber, trockener Husten, Abgeschlagenheit und Atemnot. Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 14 Tage.
Die Sterblichkeit des Virus liegt nach derzeitiger Erkenntnis bei 2,8 Prozent. Experten der Essener Uniklinik warnten vor kurzem vor übertriebener Corona-Hysterie: Sie wiesen darauf hin, dass auch die „normale“ Grippe nicht unterschätzt werden sollte.