Essen. Viel mehr als Katzen kuscheln: Samantha Engelbrecht (22) macht eine Ausbildung zur Tierpflegerin. Essener Tierheim verdoppelt Ausbildungsstellen.
Als Katze Greta Thunfisch kurz vor Weihnachten im Tierheim ankam, „sah sie aus wie ein Brandopfer, als hätte ein Feuerwerkskörper sie getroffen“, beschreibt Samantha Engelbrecht Augenblicke in ihrem Job, die schwer zu ertragen sind. Sie macht derzeit eine Ausbildung zur Tierpflegerin und wusste, worauf sie sich einlässt: auf einen Beruf, der belastend sein kann, der mehr als Katzen streicheln bedeutet – und der für die 22-Jährige gleichzeitig ein Traumjob ist.
Samantha Engelbrecht hat ihre Ausbildung vergangenen August begonnen: „Ich kannte den Alltag im Tierheim bereits von einem Praktikum und war deshalb von Anfang an richtig drin“, sagt die 22-Jährige, die selbst einen Hund, zwei Frettchen und ein Pony hat. Schon nach der Schule stand fest, dass sie auch beruflich etwas mit Tieren machen möchte.
Zwinger säubern, Tiere versorgen und Medikamente verabreichen
An der Grillostraße beginnt ihr Arbeitsalltag um 8 Uhr, nach einer Besprechung putzt sie Zwinger und Gehege, versorgt, kontrolliert und füttert die Tiere, verabreicht bei Bedarf Medikamente. Angefangen hat sie ihre Ausbildung im Kleintierhaus, hat sich um Kaninchennachwuchs gekümmert, damit der handzahm wird.
Es folgten Einsätze bei Hunden und Katzen, jetzt wechselt sie die Stationen alle drei Monate. Später wird Samantha Engelbrecht auch die Aufgaben im Arztzimmer, Büro und auf der Quarantänestation kennenlernen. Schon jetzt fühlt sich bei ihrem Team und den Tieren sehr wohl.
Auch interessant
Das Albert-Schweitzer-Tierheim beherbergt momentan etwa 50 Hunde und 65 Katzen, dazu kommen noch die Kleintiere. Als sich die Mitarbeiter aber im Vorjahr auf die Suche nach ausgebildeten Tierpflegern machten, blieb diese vergeblich. „Es ist fast unmöglich, neue Pfleger zu finden“, berichtet Mitarbeiterin Jeanette Gudd. Deshalb haben sie sich entschlossen, selbst mehr auszubilden und die Zahl ihrer Ausbildungsplätze verdoppelt. Die ersten Bewerbungsgespräche liefen bereits. „In diesem Jahr werden es vier Auszubildende sein, allesamt weiblich. Die Chancen auf eine Übernahme sind sehr gut“, sagt sie. Beworben hätten sich übrigens fast nur Frauen, lediglich ein Mann habe sich für den Beruf interessiert.
Der Job bedeutet nicht nur Schmusen, als vielmehr etwa 70 Prozent Putzarbeit
Ausbildung zum Tierpfleger und Kontakt zum Tierheim
Im ersten Ausbildungsjahr verdienen angehende Tierpfleger wie Samatha Engelbrecht rund 600 Euro brutto. „Das Einstiegsgehalt liegt zwischen 1500 bis 2200 Euro“, sagt Jeanette Gudd, Mitarbeiterin im Essener Tierheim.
Das Essener Tierheim, Grillostraße 24, öffnet dienstags bis freitags, in der Zeit von 13 bis 17 Uhr sowie samstags, von 11 bis 14. Mittwochs findet keine Hundevermittlung statt.
Alle Tiere, die zu vermitteln sind und Informationen zum Tierheim gibt es unter: www.tierheim-essen.de.
Jeanette Gudd (46) ist selbst seit über 20 Jahren im Tierheim tätig und weiß, dass man für diese Arbeit physisch stabil sein muss, viele schätzten das falsch ein. Der Job bedeutet weniger Streicheleinheiten, als vielmehr etwa 70 Prozent Putzarbeit. „Wir müssen zudem aushalten, wenn wir wie neulich von einer alten Besitzerin einen schwer kranken und vernachlässigten Hund bekommen“, erzählt Gudd von einem kleinen Yorkshire-Terrier, der eingeschläfert werden musste.
Hart wird es manchmal auch für die Kollegen, die die Flaschenkinder mit nach Hause nehmen. Denn das bedeutete, dass die Tierpfleger alle zwei Stunden aus dem Schlaf gerissen werden, weil die kleinen Kätzchen gefüttert werden müssen. Dennoch machen sie es gerne, „zuletzt hat eine Kollegin so neun Katzenbabys das Leben gerettet“.
Manche wünschen sich Katze passend zur Couch
Schwierig sei es manchmal mit Besuchern, wenn die etwa „eine Katze passend zur Couch haben möchten“, sagt die 46-Jährige. Oder wenn die Familie kein Verständnis habe, dass sie den Hund, der mit Kindern unverträglich ist, nicht mit nach Hause nehmen darf. Und wenn die Leute dann wütend reagierten, „sind wir durchaus sprach- und fassungslos.“ Aber, so betont sie zur Vermittlung: „Wir wollen die Tiere ja für immer vermitteln, das sind keine Schuhe, die man sich ausleiht.“
Doch es gibt ebenso die vielen schönen Augenblicke im Tierheim: Wenn es die Zeit zulässt, kuschelt Samatha Engelbrecht durchaus mit den Tieren wie mit Kater Jamiro, den sie ins Herz geschlossen hat, „weil der so unfassbar anhänglich war.“ Im Kleintierhaus hat es ihr der Deutsche Riese Anastasia angetan, das Kaninchen wurde ausgesetzt und fasst langsam Vertrauen zu seiner Pflegerin.
Auch Greta Thunfisch wird bald ausziehen, da es ihr wieder viel besser geht
Auch interessant
An das erste Tier, in das sie sich verliebt hat, erinnert sich die 22-Jährige noch genau: Rambo-Mambo war sechs Monate alt und 70 cm groß, als er ins Tierheim kam. Ein junger Herdenschutzhund mit schlaksigem Gang. Wenn die Tiere dann vermittelt werden, „sehe ich das mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, beschreibt Samatha Engelbrecht das Gefühl, bei dem die Freude überwiegt.
Auch Greta Thunfisch werde bald ausziehen, freut sich die Auszubildende: „Der Katze geht es viel besser, eine Kollegin wird sie zu sich nehmen.“