Essen. Mit heftigen Tumulten auf der Anklagebank und im Zuhörersaal endete der Libanesenprozess um die Prügelei auf einem Essener Schulhof.

In ruhiger Atmosphäre hatte Amtsrichterin Claudia Schlarb am Donnerstag die Urteile des Essener Jugendschöffengerichtes im Prozess um die Prügelaktion auf dem Schulhof der Essener Hüttmannschule verkündet. Alles war gut, doch da setzte plötzlich der Tumult ein. Zuerst auf der mit acht jungen Libanesen besetzten Anklagebank, dann auch im Zuhörersaal.

Die mit massiven Kräften vertretene Polizei ging sofort dazwischen, brachte einige der Störer zu Boden. Ein Mann aus der Familie S. musste später gefesselt zur Wache, ein anderer bekam einen Platzverweis. Auf der Anklagebank hatten zuvor Justizwachtmeister Handgreiflichkeiten zwischen den Angeklagten durch körperlichen Einsatz verhindert.

Bis zu drei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe

Fast geriet da in Vergessenheit, dass die libanesischen Familien und auch die Angeklagten die Urteilssprüche in Ruhe verfolgt hatten. Bis zu drei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe hatte das Jugendschöffengericht verhängt, orientierte sich an den Anträgen von Staatsanwältin Franca Bandorski.

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Verurteilt hatte es die die acht Angeklagten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Sie hatten den 18 Jahre alten Mohamed R. am 4. Juni vergangenen Jahres auf den Schulhof der Hüttmannschule im Essener Stadtteil Altendorf gelockt. Dort verprügelten sie ihn, schlugen und traten auf den am Boden liegenden R. ein.

Prügelattacke mit dem Handy gefilmt

Einer von ihnen hatte die Strafaktion mit dem Handy gefilmt. Im Internet war nachher zu sehen, mit welcher Wucht auf R. eingetreten wurde. "Das Video diente der Demütigung", kommentierte Richterin Schlarb.

Das Motiv der Attacke blieb ungeklärt. Mal hatte es geheißen, R. habe eine nicht gewollte Beziehung zu einem Mädchen der Familie S. gehabt. Ein anderes Mal, dass er ein Mädchen mit Nacktbildern erpresst habe. Das Gericht wollte sich da nicht festlegen.

Opfer sitzt selbst in Untersuchungshaft

R. hatte als Zeuge gesagt, er kenne den Grund nicht. Aktuell sitzt er wegen des Verdachtes auf Vergewaltigung in U-Haft, weil er zwei Monate nach der Prügelattacke ein Mädchen zum Sex gezwungen haben soll. Er habe gedroht, sonst Nacktbilder von ihr zu veröffentlichen, heißt es.

Das Jugendschöffengericht setzte jetzt nur zwei der Strafen zur Bewährung aus. Fünf weitere Angeklagte müssen ihre Jugendstrafen laut Urteil verbüßen. Den jüngsten Angeklagten, der die Prügelei gefilmt hatte und damals erst 15 war, verwarnte das Gericht. Er bekam aber vier Wochen Dauerarrest und mehrere Auflagen. Dazu gehört, dass er künftig zur Schule gehen muss.

"Heftige und brutale Tat"

Richterin Schlarb bezeichnete die Tat als "heftig und brutal". Das Opfer habe Verletzungen erlitten, die lebensbedrohend waren, auch wenn er tatsächlich nicht so schwer verletzt worden war. Sie begründete ausführlich die unterschiedlichen Strafen, die jeweils von den Tatbeiträgen und den Vorstrafen der Angeklagten abhingen.

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Das nahmen die Zuhörer, aus deren Reihen es in den ersten der sechs Prozesstagen schon mal zu kleineren Tumulten gekommen war, ruhig hin. Doch nach dem Urteil, die Angeklagten sollten abgeführt werden, kam es zum Streit zwischen Mohammad S. (20) und Ahmed M. (18). Letzterer hatte nach der Festnahmen im Sommer als erster bei der Polizei "gesungen" und die anderen belastet.

Im Saal soll Mohammad S. ihn deshalb als "Zinker", also Verräter, beleidigt haben. Ahmed M. soll direkt mit "Hurensohn" gekontert haben. Aus dem Zuhörerraum beteiligten sich plötzlich Mitglieder der Familie S. an lautstarken Beleidigungen, die Mutter M. soll gekontert haben. Als die Lage immer unübersichtlicher wurde, griff die Polizei beherzt und mit entsprechender körperlicher Gewalt ein. Danach war Ruhe.