Essen. Im Libanesen-Prozess ist es durch lautstarke Beleidigungen zu einem Tumult und einem Handgemenge gekommen. Die Polizei musste einschreiten.

Die massive Präsenz von Polizei und Justizwachtmeistern beendete am Montag einen aufkommenden Tumult im Libanesen-Prozess vor dem Amtsgericht Essen. Drei Zuhörer wurden des Saales verwiesen. Anlass war die Vernehmung des 18 Jahre alten Mohamed R., der am 4. Juni vergangenen Jahres von acht Angreifern auf dem Schulhof der Hüttmannschule in Altendorf verprügelt wurde. Damit sollte die Beziehung des 18-Jährigen zu einer jungen Frau aus der libanesisch-stämmigen Familie S. geahndet werden, hatte die Polizei anfangs gemutmaßt.

Ob das Motiv stimmt, ist aber fraglich. Die Tat selbst ist auf Video festgehalten. R. gab am Montag als Zeuge an, er wisse gar nicht, warum er verprügelt wurde. Vor dem Prozessauftakt am 6. Dezember hatte es geheißen, die Familien hätten sich bereits geeinigt, es sei Geld an das Opfer der Prügelei geflossen.

Zwischenruf aus dem Gerichtssaal: Zuhörer ruft "Hurensohn"

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So wirkte auch die Aussage von Mohamed R. am Montag wenig belastend für die Angeklagten. Einige entschuldigten sich bei ihm im Saal. Plötzlich gab es aber zwischen R. und einem der Angeklagten einen kleinen Zwist. "Lügner", "Du Hund", warfen sie sich in arabischer Sprache vor. Da kam von hinten aus dem Saal in deutscher Sprache das Wort "Hurensohn", ausgesprochen offenbar von einem Bruder aus dem R.-Clan.

Welchen Sinn derartige Beschimpfungen haben, wenn um einen herum zig Polizisten und Wachtmeister staatliche Stärke zeigen, mag dahin stehen. Auch ein kleines Handgemenge entwickelte sich. Die Ordnungshüter griffen jedenfalls sofort ein, führten drei Zuhörer aus dem Saal. Gerichtssprecherin Gaury Sastry sagte später in einer offiziellen Stellungnahme: "Die Ordnung wurde sofort wieder hergestellt."

Sitzung für eine halbe Stunde unterbrochen

Richterin Claudia Schlarb unterbrach die Sitzung für eine halbe Stunde, offenbar damit sich die Gemüter beruhigten. Friedlich ging es danach weiter im Saal.

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Was kam, war für die zum Großteil seit Sommer in U-Haft sitzenden Angeklagten eher positiv. Denn obwohl das Video von der Attacke brutal ausgeführte Tritte wiedergibt, hat Mohamed R. kaum schwerwiegende Verletzungen erlitten. Lediglich eine Wunde am Kopf musste genäht werden.

Prügelopfer verlangt von Richterin "Haben Sie Respekt"

Rechtsmediziner Andreas Freislederer sprach deshalb auch nur von einer potenziellen Lebensgefahr. Mohamed R. selbst gab am Montag an, er sei auch nur einen Tag im Krankenhaus gewesen.

Demütig hat ihn die Prügelattacke jedenfalls nicht gemacht. Für ein mutmaßliches Opfer relativ patzig gab er Richterin Schlarb und einigen Verteidigern Antwort. "Ich frage doch nur", erklärte die Richterin einmal und bekam das von dem 18-Jährigen sofort zurück: "Ich antworte doch nur." Ein anderes Mal fordert er die Richterin, die sich durchweg ruhig verhält, recht dreist zur Besonnenheit auf: "Bleiben Sie am Boden. Haben Sie Respekt."

18-Jähriger sitzt selbst in Untersuchungshaft

So richtig will er auch nicht darauf eingehen, dass er die Tat laut polizeilichen Aufzeichnungen anfangs ein bisschen schlimmer gemacht hatte. Da will er laut den Notizen der Beamten mit einem Seil stranguliert sowie mit Stange und Stein geschlagen worden sein. Außerdem habe man ihm Geld weggenommen. Aber nichts davon stimmte offenbar. So zeigten das Video und das rechtsmedizinische Gutachten, dass es keineswegs zu einer Strangulation gekommen ist.

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Der 18-Jährige sitzt selbst seit dem 20. September in U-Haft. Darüber will er auf eine Frage von Verteidiger Thomas Theile aber nicht weiter reden.

Eine Anklage gegen R. ist bereits fertig. Da wird ihm vorgeworfen, er habe eine junge Frau mit Nacktbildern erpresst und so zu Sex gezwungen. Im aktuellen Prozess hatte ein Angeklagter eine ähnliche Geschichte als Motiv genannt. Er sei zu der Schlägerei gerufen worden, weil Mohamed R. wegen Nacktbildern eine Abreibung bekommen sollte. Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.