Essen. Bislang hat sich die Behörde auf Intensivtäter konzentriert und viele Erkenntnisse gewonnen. Nun hofft man, auch an die Clan-Chefs heranzukommen.
In ihrem fortwährenden Kampf gegen die Clan-Kriminalität will die Essener Polizei im neuen Jahr verstärkt die kriminellen Bosse ins Visier nehmen. „Wir hoffen, an die Clan-Chefs heranzukommen“, kündigte Thomas Weise, Erster Polizeihauptkommissar und Sprecher der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Aktionsplan Clan“, im Gespräch mit dieser Zeitung eines der Hauptziele an.
Habe man sich anfangs zunächst auf die behördenbekannten Intensivtäter konzentriert, gebe es nach einem weiteren intensiven Jahr der Ermittlungen inzwischen viele Erkenntnisse, die zuversichtlich stimmen, „andere Zielpersonen als bislang ins Auge fassen zu können“. In der BAO beschäftigen sich rund 50 Mitarbeiter exklusiv mit jenen Delikten, die von kriminellen Mitgliedern einschlägig bekannter Großfamilien begangen werden. Und sie wissen, mit wem sie es zu tun haben: Immerhin geht jede fünfte Straftat im Milieu einer teils organisierten Kriminalität auf das Konto zweier Essener Clans, heißt es im Düsseldorfer Landeskriminalamt.
Essener Erkenntnisse werden dem Ruhrgebiet zugänglich gemacht
Zudem werde die neu in Rüttenscheid verortete Sicherheitskooperation mehrerer Behörden voraussichtlich ab dem Frühjahr für mehr Effektivität sorgen, wenn die Essener Erkenntnisse dem gesamten Ruhrgebiet zugänglich gemacht werden können.
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Bereits im vergangenen Jahr hat die hiesige Polizei enorme Ressourcen in Razzien und Kontrollen auch im Schulterschluss mit Stadt, Zoll und Finanzbehörden gesteckt und eine ganze Menge von Informationen sammeln können, um zu einem anderen Verständnis der Strukturen zu kommen, was in substanziellen Ermittlungsverfahren münden soll. Im neuen Jahr werden die Kooperationspartner zusätzlich durch die auch für Essen zuständige Bundespolizeidirektion St. Augustin unterstützt. Dann dürften die „Riesenzahlen“, so Weise, die sich schon jetzt in der Bilanz für 2019 finden, womöglich noch einmal steigen.
43 Autos wurden zumindest vorübergehend aus dem Verkehr gezogen
Ein paar Schlaglichter aus der Statistik: 43 Autos mit einem Schätzwert von rund 1,4 Millionen Euro wurden zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 2019 aus dem Verkehr gezogen, bis die Justiz zumindest für einen Großteil der Karossen, wieder die Herausgabe anordnete. Dreieinhalb Kilogramm Rauschgift in Gestalt von Kokain und Marihuana wurden genauso sichergestellt wie 246 Kilogramm unversteuerter Shisha-Tabak im Wert von rund 30.000 Euro als auch gut 70.000 Euro Bargeld. Über 3000 Ordnungswidrigkeiten, 1000 Strafanzeigen und fast 9000 Verwarngelder wirft die Bilanz ebenfalls aus.
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Binnen zwölf Monaten überprüften die Behörden 566 Objekte von Bars über Wettbüros bis hin zu Schrottimmobilien. Dabei kontrollierte die Beamten 29.000 Personen sowie 7500 Fahrzeuge deren Insassen. Dazu kam die Durchsuchung von über 4000 Autos, Personen und Gebäuden.
Hinzu komme eine Menge von Maßnahmen der Partnerbehörden
267 Verdächtige wurden zumindest vorläufig festgenommen, aber auch 91 Haftbefehle gegen Zeitgenossen vollstreckt, die teils seit längerer Zeit von der Justiz gesucht worden waren. Bei diesen Zahlen, betonte Weise, handele es sich allein um eine polizeiliche Statistik. Hinzu komme eine immense Menge von Maßnahmen der Partner-Behörden, wie weniger transparent mit ihrer Arbeit umgehen, nicht zuletzt aus steuerrechtlichen Gründen.
So lässt sich nur ahnen, wie hoch die sozialschädliche Gewinnabschöpfung durch kriminelle Strukturen in Essen tatsächlich ist. Etwa wenn der massenhafte illegale Bezug staatlicher Transferleistungen oder Steuerhinterziehung durch so wenig abgerechnete wie sündhaft teure VIP-Plätze in Diskotheken aufgedeckt wird. Aus ihren Einsätzen mit der Stadt hat die Polizei 450 Verstöße gegen Vorschriften bei Glücksspiel und Jugendschutz mitbekommen. 15 Betriebe seien im Zuge der erklärten Null-Toleranz-Strategie geschlossen worden.
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Die Polizei ist überzeugt: Die Unsicherheit wird größer
Diese Summe der Maßnahmen hat ihre Wirkung nicht verfehlt, ist Thomas Weise überzeugt: „Die Unsicherheit wird größer, das Klientel hat sich teilweise angepasst.“ Bei den regelmäßigen Einsätzen sei nicht mehr die anfängliche Aggressivität und Gewaltbereitschaft festzustellen. So habe besondern das massive Auftreten der Bereitschaftspolizei „der Gegenseite durchaus Respekt eingeflößt“. Der Druck mehre offenbar zunehmend die Einsicht, sich besser normgerecht zu verhalten. Ziel müsse es sein, dass sich dieser Erziehungseffekt auch gegenüber der Besatzung eines Streifenwagens bemerkbar mache.