Essen. Das Mini-Mobilheim für Obdachlose kann durch Essen gezogen werden wie ein Bollerwagen. Die Initiative „Essen packt an“ übernimmt die Organisation
Essen wird in wenigen Tagen um eine soziale Kuriosität reicher. Am 26. Januar nimmt der Freiwilligen-Verband „Essen packt an“ das erste „Lesshome“ in Betrieb: ein pfiffiges und neuartiges Mini-Haus für Obdachlose mit nur zwei Quadratmetern Wohnfläche. Man könnte auch sagen: eine Wohnkiste auf vier Rädern im Bollerwagen-Format.
Konstrukteur und Erfinder dieses Raumwunders ist der Berliner Wolfgang Goergens. „Ich will Obdachlosen eine Chance geben, sich umzuorganisieren und einen Ausweg aus der Obdachlosigkeit zu finden“, sagt der 59 Jahre alte Unternehmer. Nur vier „Lesshomes“ hat der Tüftler bislang hergestellt, die ersten drei sollen schon Mitte dieses Monats in Berlin an den Start gehen.
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„Es gibt eine Dusche, eine Küche, einen Fernseher, Handy, Waschmaschine und sogar einen Briefkasten“
Eine Wohnkiste auf nur zwei Quadratmetern Grundfläche – kann das überhaupt funktionieren? „Ja sicher“, lacht Goergens, und lädt zu einer Besichtigung des Prototypen ein, die den skeptischen Betrachter sogleich in Staunen versetzt. Tatsächlich hat das Mini-Haus weitaus mehr zu bieten als nur einen Schlafplatz. „Es gibt eine Dusche, eine Küche, einen Fernseher, ein Büro, ein Handy, eine Waschmaschine und an der Eingangstür sogar einen Briefkasten“, sagt Goergens, und fügt hinzu: „Es ist eine auf das absolute Minimum reduzierte Wohnung auf Zeit.“
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Die Maße des Mini-Mobilheims: zwei Meter lang, ein Meter breit, 1,85 Meter hoch. Der Wohnwürfel ruht auf einem zweiachsigen fahrbaren Untersatz, der an einen Bollerwagen erinnert und von seinem Bewohner per Zug- und Lenkstange durch die Großstadt gezogen werden kann. Goergens: „Wem ein bestimmter Stellplatz nicht mehr gefällt, der zieht einfach weiter.“
Die Bedienungsanleitung erklärt, wie das Mini-Mobil-Heim auf Zeit genutzt werden kann
Auf der Webseite „lesshome.de“ hat der Konstrukteur eine liebevoll verfasste Bedienungsanleitung veröffentlicht, die das Wohnen und Leben in dem Raumwunder auf leicht verständliche Weise erklärt. Erstes Beispiel Küche: „Neben dem Waschbecken befindet sich in einem ausziehbaren Fach ein Gaskocher – optional mit einem Grillplattenaufsatz in der kleinen Küche. Zum Betrieb sind 8 Gaskartuschen in den Bodenfächern gelagert.“ Zweites Beispiel Duschen/Baden: „Dein Lesshome verfügt entweder über eine aufklappbare Badewanne oder eine Toiletten-Sitzbadewannenduschkombination.“
Der Gaskocher dient auch dazu, Warmwasser für die kleine Handwaschmaschine (Fassungsvermögen 3 Kilogramm) oder für die Dusche (5-8 Liter) zu erhitzen. Platz ist bekanntlich in der kleinsten Hütte – so auch im Lesshome. Es gibt ein Schuhfach, einen Kleiderschrank, Bettkasten und Schließfach.
Unperfekthaus-Gründer Reinhard Wiesemann sponsort den Wohnwagen
Weil der Energiebedarf für einen Kühlschrank extrem hoch sei, hat Goergens sein Konstrukt stattdessen mit einer gut isolierten Kühlbox (13 Liter) inklusive zweier Hochleistungs-Kühlakkus ausgestattet. In der Küche und in der Toilette mangelt es an nichts: Hier gibt’s Pfannen, Töpfe, Messer, Gabeln, Dosen-Flaschenöffner und Salz-Pfefferstreuer, dort zwei Spiegel sowie „Zahnbürste/Zahnputzbecher/Zahncreme/Einwegrasierer/Rasierschaum/Aftershave/Deo/Duschgel/Shampoo/Creme/Wattestäbchen, Kamm und ein Nageletui“.
Stellt sich die Frage, wie das rund 2500 Euro teure Obdachlosen-Domizil finanziert wird. Im Fall Essen übernimmt der Unternehmer Reinhard Wiesemann das Sponsoring, im Gegenzug nutzt er die Außenwände des Vehikels für Reklamezwecke: etwa für das von ihm gegründete Unperfekthaus.
Markus Pajonk, Sprecher von „Essen packt an“, freut sich auf den Start des Projekts. „Die Stadt und die Wohlfahrtsverbände leisten in Essen vorbildliche Arbeit für Obdachlose, trotzdem erreichen wir nicht jeden.“ Das Mobilheim bringe Menschenwürde zurück. Seinen Charme sieht Pajonk auch darin, den Bewohnern – wenn auch nur vorübergehend – das Gefühl zu geben, sie hätten wieder ein eigenes Dach über dem Kopf.