Essen. Essener Fridays-for-Future-Aktivisten melden sich mit klarem Ziel zurück aus der „Weihnachtspause“. Ein Gespräch über die Pläne dieser Gruppe.

Zuletzt ist es ruhig geworden rund um die Fridays-for-Future-Bewegung. Geht den jungen Umweltaktivisten allmählich die Luft aus? „Mitnichten“, sagt Levi Camatta entschieden. Der 14-Jährige vom Gymnasium Essen-Werden ist einer der Organisatoren der Klimaschutzbewegung in Essen, die am Freitag wieder den Straßenprotest aufgenommen hat. Im Gespräch mit unserer Redaktion blickt er auf ein ereignisreiches Jahr 2019 zurück und spricht über die Ziele, die sich die Gruppe für das Kommunalwahljahr 2020 gesetzt hat.

Levi, du bist jetzt seit genau einem Jahr bei Fridays for Future und Mitorganisator der wöchentlichen Streiks während der Unterrichtszeit. Wie lange sollen die Demos weitergehen?

Levi: Viele dachten offenbar, es dauert zwei Monate, dann ist es vorbei. Aber das ist es nicht. Wir werden so lange streiken, wie es nötig ist, bis man Ergebnisse vorzeigen kann. Und würde der Streik nicht während der Unterrichtszeit stattfinden, wäre er sicher nicht halb so effektiv.

Dass das viele Menschen anders sehen und sich daran ebenso stoßen wie an den mitunter radikalen Forderungen eurer Bewegung, ist dir im vergangenen Jahr sicher so manches Mal gewahr geworden.

Levi Camatta (14) ist einer der Mitorganisatoren der Fridays-for-Future-Bewegung in Essen
Levi Camatta (14) ist einer der Mitorganisatoren der Fridays-for-Future-Bewegung in Essen © Funke Foto Services | Ralf Rottmann

Ja, aber das ist völlig an der Haaren herbeigezogen. Vor allem, wenn diese Aussagen von Politikern kommen. Die merken jetzt, dass sie es verbockt haben und versuchen sich irgendwie herauszureden. Aber auch die Menschen, die gerne ihren SUV fahren und alle zwei Jahre eine Kreuzfahrt machen, zeigen gerne aus Bequemlichkeit mit dem Finger auf uns. Es ist aber zu bequem, wir haben einfach schon zu viel CO2 ausgestoßen, als das wir so weiter leben könnten. Die Meeresspiegel sinken, wir verzeichnen einen Hitzerekord nach dem anderen und halb Australien brennt. Wie klar müssen die Beweise denn noch sein?

Bedeutet im Umkehrschluss, dass es jede Menge Verbote geben muss, die das freie Leben in unserer Gesellschaft erheblich einschränken? Was antwortest du denen, die sagen, ich will mir mein Leben nicht vorschreiben lassen?

Nun, ich will mir nicht vorschreiben lassen, dass ich irgendwann im Sommer bei bis zu 50 Grad hier stehe und meine Kindeskinder hier vielleicht gar nicht mehr leben können. Das Grundgesetz schreibt indirekt eine lebenswerte Zukunft für nachkommende Generationen vor. Da zeigt sich, verbieten hin oder her, es muss halt was getan werden. Und wenn es nicht von alleine passiert, muss halt seitens des Gesetzgebers eingeschränkt werden. Verbote sind leider nicht vermeidbar, wenn man auf dem Weg in eine Katastrophe ist.

Auch was die „Katastrophe“ angeht, auf die wir eurer und der Meinung sehr vieler Wissenschaftler nach, zusteuern, gibt es vehementen Widerspruch. Versucht ihr mit Andersdenkenden zu diskutieren oder sind die Fronten völlig verhärtet?

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Wir haben im vergangenen Jahr Gespräche mit unterschiedlichen Parteien geführt. Im Sommer haben wir ein offenes Gespräch mit der Essener CDU gehabt, vergangenen Monat war ich bei einem Stammtisch der SPD. Aber auch mit Klimaleugnern und jenen, die sagen, sie wollten sich nicht alles vorschreiben lassen, diskutieren wir beispielsweise auf Facebook immer wieder. Hin und wieder werden wir zwar auch bei unseren Demos von Kritikern angesprochen, aber leider nutzen viele doch eher die Anonymität im Netz, um ihren Unmut auch auf unflätige Weise zu äußern.

Das hört sich nicht so an, als komme man so vernünftig ins Gespräch.

Wir werden jedenfalls ab spätestens Februar ein monatliches Tischgespräch anbieten, zu dem jeder herzlich eingeladen ist, der mit uns diskutieren will. Genaueres geben wir bald bekannt. So lange es nicht körperlich oder beleidigend wird, stehen wir jedem Rede und Antwort.

Darin hast du wahrscheinlich trotz deiner erst 14 Jahre schon einige Erfahrung, nehme ich an.

Ich habe zumindest viele Gespräche dazu geführt. Auch mit Leuten, die sagen, „du produzierst doch selber viel CO2 “. Denen erkläre ich dann, dass ich persönlich versuche, so umweltschonend und nachhaltig wie möglich zu leben, und das wir einfach nicht so weiter machen können wie in der Vergangenheit, wenn wir eine Zukunft haben wollen.

Was habt ihr 2020 außer der Tischgespräche vor, um die „Zukunft zu sichern“, wie du sagst?

Wir werden natürlich weiterhin große Streiks organisieren und den Druck auf die Politik erhöhen. In diesem Jahr stehen Kommunalwahlen an. Wir wollen diese Wahlen zu Klimawahlen machen. Klimaschutz ist nicht nur ein vorübergehender Hype. Wir bleiben, bis Essen einen echten Klimaschutz bekommt. Damit meinen wir einen ausgebauten Nahverkehr und mehr Radwege, die Reduzierung des Stadtverkehr, einen umweltschonenden städtischen Fuhrpark, nachhaltig kochende öffentliche Kantinen. Es gibt noch viel zu tun.

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