Essen. Guido Beinert will nicht nur klagen, dass es keinen Nachwuchs mehr gibt. Er hat deshalb in seinem Essener Elektrofachbetrieb einiges verändert.
An einem heißen Freitag in diesem Sommer stand Guido Beinert mit seiner Schwester in Flip Flops auf dem Betriebshof in Frintrop und teilte an seine Mitarbeiter nicht nur kurze Arbeitshosen aus. Es gab auch kühle Cocktails und das ein oder andere private Schwätzchen unter Kollegen. Und vor einigen Wochen versüßte der Chef des Elektrofachbetriebes Beinert-Knotte den Dienstschluss mit selbst gedrehter Zuckerwatte. „Meine Mitarbeiter sollen mit Freude zur Arbeit kommen und ein angenehmes Umfeld haben“, sagt Guido Beinert. Denn er weiß auch: Ein motivierter Mitarbeiter kommt meist auch beim Kunden gut an.
Der 38-Jährige übernahm vor drei Jahren das Unternehmen, das sein Vater Raimund Beinert Mitte der 1970er Jahre gegründet hatte und das heute 30 Mitarbeiter beschäftigt. Die Sorgen, die viele Handwerksbetriebe heute umtreiben, kennt auch er gut genug. Seit Monaten kann er drei Stellen in seinem Betrieb nicht besetzen. Und auch die Zeiten, als sich Azubis noch waschkörbeweise bewarben, sind lange vorbei.
Klagen allein hilft da aber nicht. Und deshalb macht Guido Beinert einiges in seinem Unternehmen anders als andere und ist dafür in diesem Jahr vom Wirtschaftsinformationsdienst „Markt intern“ als Problemlöser ausgezeichnet worden. „Mir zeigt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind und so vielleicht auch das Image des Handwerks wieder stärken können“, sagt der junge Handwerksmeister.
Azubi-Suche beginnt bei Beinert-Knotte in Essen früh
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Den Arbeitsalltag mit Cocktails und Zuckerwatte zu versüßen, reicht dafür natürlich allein nicht aus. Was also macht Guido Beinert anders, als viele seiner Zunft? Es beginnt schon bei der Suche nach Auszubildenden. Viele Handwerker suchen nämlich erst spät nach ihrem Nachwuchs. Häufig hört man, dass selbst wenige Wochen vor Ausbildungsstart Unternehmen noch keine Verträge abgeschlossen haben. „Im Handwerk ist das eben so“, heißt es dann auch schon mal auf Funktionärsebene.
Guido Beinert hat das radikal verändert. Früher habe die Firma die Bewerbungen erst gesammelt und sich irgendwann darüber gebeugt. Doch dann hatten sich die guten jungen Leute längst anders orientiert. Deshalb fängt der Elektrofachbetrieb seit drei Jahren wie viele große Konzerne schon früh im Jahr an, Bewerber für das darauffolgende Jahr zu suchen. „Die besten Bewerber schauen sich schon im Sommer des Vorjahres um.“
Aussichtsreiche Kandidaten lädt Guido Beinert zunächst zu einem dreitägigen Praktikum ein und wenn das Kennenlernen gut verläuft, dann gibt es auch schnell einen Ausbildungsvertrag. Den ersten hatte ein angehender Azubis dieses Jahr bereits Ende November unterschrieben.
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Doch wie werden potenzielle Azubis überhaupt auf ihn aufmerksam? Für Guido Beinert beginnt das schon mit einem modernen und ansprechenden Internetauftritt. Dort präsentiert sich das Unternehmen als Experte für Elektroinstallationen und Netzwerktechnik. „Wichtig war mir, dass wir dort zeigen, dass wir mehr machen als nur Schlitze in Wände kloppen“, sagt Beinert, dessen Unternehmen nicht nur Elektroanschlüsse in Küchen verlegt sondern ganze Häuser mit smarter Technik ausstattet. Auch in sozialen Medien ist er verstärkt unterwegs und im nächsten Jahr will er noch mehr mit Realschulen und Gymnasien kooperieren.
Bewerbungen nehmen wieder zu
Erste Erfolge seien sichtbar, sagt er. In diesem Jahr gibt es für die drei freien Lehrstellen schon über 30 Bewerbungen. Einen Tiefpunkt erlebte das Unternehmen vor fünf Jahren, als es gerade mal zehn Bewerbungen im ganzen Jahr waren.
In der Ausbildung selbst bekommen die Lehrlinge vom ersten Tag an einen festen Betreuer zur Seite. „Sie müssen erstmal ankommen und die Organisation und Regeln im Unternehmen kennenlernen. Dabei helfen wir ihnen.“ Die Azubis würden auch recht bald auf große Baustellen mitgenommen, wo die Abwechslung groß ist und sie nicht nur dreckige Hilfsarbeiten erledigen müssen. Und Beinert hat dabei festgestellt: „Die Lernkurve ist dann eine ganz andere.“ Über die herkömmlichen Ausbildungsinhalte hinaus gibt es bei Beinert-Knotte noch eine Ausbildung plus - das heißt, die Azubis werden in extra Lehrgängen zu Smart Home Experten. „Ich denke, damit bekommen sie einerseits Wertschätzung und wir bilden damit wirkliche Fachkräfte für uns aus.“
Azubis haben eigenes Firmenfahrzeug
Beinert hat schließlich ein Firmenfahrzeug nur für die Azubis angeschafft - einen elektrisch fahrenden Streetscooter - mit dem sie auf die eigenen Baustellen fahren dürfen. Für Beinert ist das natürlich auch Marketing, um so vielleicht andere junge Leute auf das Unternehmen aufmerksam zu machen.
Wenn sich der Chef so um den Nachwuchs bemüht, hat er nicht Angst, dass ihm andere seine ausgebildeten Spezialisten wieder abwerben? Nein, sagt Beinert. Befreundete Unternehmer hätten ihn zwar gewarnt, dass er sich mit dem Preis nun auch für Konkurrenten sozusagen ins Schaufenster stellt. „Aber ich habe keine Angst. Denn wenn ein Mitarbeiter geht, nur weil ihm eine andere Firma mehr Geld verspricht, ist es vielleicht ohnehin nicht der richtige für uns“, meint er selbstbewusst.