Essen. Anne Spaeter inszeniert mit viel Bühnenmagie „Hinter verzauberten Fenstern“. Frühwerk von Cornelia Funke wird das Familienstück im Grillo.

„Die Hoffnung, dass sie zur Premiere kommt, können wir uns getrost abschminken“, sagt Vera Ring. Die Chefdramaturgin des Schauspiel Essen weiß, wie eingespannt die weltbekannte Autorin Cornelia Funke ist. Nicht einmal zur Uraufführung von „Hinter verzauberten Fenstern“ am Theater Krefeld/ Mönchengladbach konnte sie kommen, für die Vera Ring die Bühnenversion des Kinderbuches geschrieben hatte. Das war vor elf Jahren. Jetzt hat die Fassung in der Regie von Anne Spaeter Premiere im Grillo-Theater. Diesmal fällt sie „etwas anarchischer und frecher“ aus.

Cornelia Funkes geheimnisvolle Adventsgeschichte kam 1989 heraus

Die erste Generation von Cornelia-Funke-Fans ist erwachsen und denkt immer noch gern an die geheimnisvolle Adventsgeschichte zurück. Die kam 1989 heraus, also vor „Gespensterjäger“, „Wilden Hühnern“, „Tintenherz“ oder „Reckless“.

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Sie erzählt von Julia, die einen Adventskalender mit Bildern statt mit Schokolade bekommt. Die Mutter meint, sie sei dafür doch zu alt. Die Neunjährige ist sauer, auch weil ihr nerviger kleiner Bruder noch einen schokoladigen hat. Alles ändert sich, als sie entdeckt, dass man durch die Fenster des aufgemalten Hauses in die Kalenderwelt mit all ihren Bewohnern gelangen kann. Und die ist in Gefahr, abgeschafft zu werden.

Abenteuer mit dem Riesen Riesig und Prinz Harry, dem Hässlichen

Von Cornelia Funkes „Schöpferkraft der Fantasie“ und der „literarischen Tradition“, in der sie mit Tolkien oder Lindgren steht, sind die Theatermacherinnen begeistert. Sie benötigt nicht mal eine Heldin, um eine Welt zu retten. „Julia braucht keine besonderen Fähigkeiten, keine besondere Dramatik. Sie ist kein Problemkind. Man kann sich mit ihr identifizieren“, sagt Anne Spaeter. Sie muss nur aufgeschlossen und ein Kind sein.

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Infos zum Stück

Cornelia Funke wurde im Dezember 1958 in Dorsten geboren. In Hamburg arbeitete sie als Erzieherin, bevor sie begann, als Buchillustratorin und Kinder- und Jugendbuchautorin zu arbeiten. Heute lebt sie in Kalifornien.

Im Jahr 2000 erlangte sie mit „Herr der Diebe“ internationale Aufmerksamkeit. Da waren „Die Wilden Hühner“ schon auf der Welt, „Tintenherz“ und „Reckless“ noch nicht. Ihre Bücher erreichen weltweit eine Millionenauflage und wurden in verschiedenen Theatern auf die Bühne gebracht.

Ihr Frühwerk „Hinter verzauberten Fenstern“ hat am 16. November Premiere im Grillo-Theater. Es ist geeignet für Menschen ab sechs Jahren. Tickets unter Tel. 8122-200.

So schickt die Regisseurin, wie schon zuvor beim „Zauberer von Oz“, die Protagonistin auf eine Reise. Gemeinsam mit dem Riesen Riesig, dem faulen Heinzelmann Barney oder dem Erfinder Jakobus Jammernich gilt es Prinz Harry, den Hässlichen, zu befreien und den fiesen Königsberater Leo zu entlarven. „Dabei macht sie eine Entwicklung durch und lernt, ihre Unzufriedenheit auszuloten.“

Die Bühne offenbart sechs Innenräume zum Aufklappen

Nicht nur Julia hat Verbündete, auch Anne Spaeter. Fabian Lüdicke hat die Bühne mit großen Stücken samt Innenräumen zum Aufklappen erdacht. Da sind Julias Zimmer, das Zimmer der Elfe oder Jakobus Werkstatt zu finden. „Es wird viel gewechselt zwischen Zuhause und der Kalenderwelt. Das schafft tolle Übergänge, um den Konflikt der Geschwister immer wieder aufzugreifen“, meint Anne Spaeter. Anne Koltermann hat nostalgische Kostüme fertigen lassen. Dominik Dittrich ergänzt die Handlung mit eigenen Songs.

Ein Schauspieler hat sogar gelernt, auf Stelzen zu gehen

Dazu gibt es neun Schauspieler, eine Kleindarstellerin und einen weiteren Musiker, die sehr engagiert bei der Sache sind. „Die Bereitschaft etwas auszuprobieren, ist sehr groß“, berichtet die Regisseurin. Sven Seeburg hat für seine Rolle gelernt, auf Stelzen zu gehen, Gregor Henze weiß nun, wie man Otamatone spielt.

„Durch Bühne, Licht, Musik, Choreografie kann ich etwas zeigen, was man nicht sagen muss“, betont die 41-Jährige. Und das habe nichts mit Konsumkritik zu tun oder der Absage an den schnelllebigen Genuss, der keiner sei, weil diese Schokolade meist nicht schmecke. „Die Message lautet nicht: Kauft keine Schokoladenkalender“, sagt sie und hofft, dass die Zuschauer am Ende denken: „Das wäre schön, wenn mir das passieren würde.“