Essen. Seine Position zur Zuwanderung brachte Ratsherr Karlheinz Endruschat SPD-intern viel Ärger. Jetzt kommt eine Gegenkandidaten für den Rat. Zufall?

Mag die SPD auch noch so darben – wenn alle paar Jahre wieder die Nominierung der Rats-Kandidaten ansteht, setzt in manchen Essener Ortsvereinen eine wundersame Mitglieder-Vermehrung ein. Es ist wohl weniger die Begeisterung für alles Sozialdemokratische, die da dieser Tage auch in Altenessen reiche Frucht trägt, als vielmehr der Versuch, dem eigenen Favoriten eine Mehrheit zu sichern. Mögliches „Opfer“: Parteivize Karlheinz Endruschat.

Der ehemalige Bewährungshelfer, der von den Grünen einst zur SPD kam, fungiert mit seiner (selbst)kritischen Haltung in Fragen der Zuwanderung und Integration schon seit langem als schmerzhafter Stachel im Fleisch der Essener Sozialdemokratie. Dem inneren Zwiespalt bei den Sozis gibt er hier ein Gesicht – auch jenen überregionalen Medien, die die bisher gern gefragte Symbolfigur Guido Reil langsam leid sind.

Sein Papier zur Integration – kurzerhand eingestampft

Der suchte das Weite und fand die AfD, doch Endruschat blieb: Nicht wenige in der Partei werfen ihm vor, linke Positionen zu verraten und Rechtspopulisten Futter zu verschaffen. Sein Papier zur Integration, gedacht als Diskussionsgrundlage fürs anstehende Wahlprogramm 2020, wurde, wie er einräumt, kurzerhand eingestampft. Und hätten sich zwei Nachwuchs-Genossinnen beim Parteitag vor gut einem Jahr nicht gegenseitig die Stimmen abgenommen – Endruschat wäre längst auch seinen Vize-Posten los.

Meldet ihre Gegenkandidatur im Wahlbezirk von Karlheinz Endruschat an: Bezirksvertreterin Birgit Petereit, die von der Linkspartei zur SPD kam.
Meldet ihre Gegenkandidatur im Wahlbezirk von Karlheinz Endruschat an: Bezirksvertreterin Birgit Petereit, die von der Linkspartei zur SPD kam. © FFS | Ulrich von Born

Dass er für die nun anstehende Nominierung zum Rat Konkurrenz bekommt, war manchem Beobachter deshalb schon vor Monaten klar; jetzt ist es auch offiziell: In den Ring steigt Birgit Petereit, früher für die Linkspartei aktiv und seit fünf Jahren sozialdemokratische Bezirksvertreterin im Norden der Stadt.

Petereit glaubt, „dass die Unterstützung sehr groß ist“

Sie sei, sagt die 56-Jährige, „von vielen Seiten angesprochen worden“, für den Rat zu kandidieren: „Ich glaube, dass die Unterstützung sehr groß ist.“ Dass sie ihre Bewerbung lange leugnete, auch auf Anfrage dieser Zeitung, dass sie zu Beweggründen nicht einmal im Vorstand ausführlich Rede und Antwort stehen mochte, nährt bei Parteifreunden den Verdacht, dass es Einflüsterer im Hintergrund gibt.

Zu denen gesellen sich die Neuaufnahmen der letzten Monate: über 30 an der Zahl, heißt es, die auf einer Jahreshauptversammlung mit durchschnittlichem Mitglieder-Echo gewohnte Mehrheiten kippen können. Sollte Endruschat bei dem für den kommenden Sonntag anberaumten Treffen tatsächlich seine Rats-Nominierung verpassen, müsste er bei der Nominierungs-Versammlung im Januar den Zweikampf suchen.

Zweifel am bisherigen Verfahren zur Kandidatensuche

Auch andere Sozialdemokraten, die bei der Nominierung in einem der 31 SPD-Ortsvereine das Nachsehen hatten, könnten dieses Forum noch nutzen. Michael Schwamborn etwa, der in Karnap unterlag, oder jener der beiden Altendorfer Kandidaten, der durch den neuen Wahlbezirks-Zuschnitt nicht mehr zum Zuge kommt.

Ohnehin wachsen bei den Genossen die Zweifel, ob man am bisherigen Auswahlverfahren zur Kandidatensuche noch unverändert festhalten sollte. Der Reserveliste dürfte künftig deutlich mehr Bedeutung zukommen als den Direktmandaten – weil der Zuspruch an Stimmen absehbar schwindet und ganze Wahlbezirke kippen. Ein paar Dutzend Neueintritte dürften daran nicht viel ändern.

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