Essen. Statt im „tiefroten“ Norden opfert die SPD im Zuge neuer Wahlbezirksgrenzen ein Altendorfer Direktmandat. Und nicht nur hier herrscht dicke Luft.

Es ist wie bei der berühmten „Reise nach Jerusalem“: Eine(n) muss es ja treffen. Und wie in so manch munterer Geburtstagsrunde hat auch im Politspielchen um Sitz und Stimmen nicht unbedingt derjenige mit der schlechtesten Ausgangsposition am Ende das Nachsehen. So geschehen bei der SPD, der durch eine notwendig gewordene Grenzkorrektur der Kommunalwahlbezirke ausgerechnet in ihrer Hochburg Katernberg ein Direktmandat abhanden zu kommen drohte. Sieben Wochen lang wurde intern diskutiert, gerechnet, verschoben, und siehe da, der Verlierer heißt nun – Altendorf.

Dort gibt es mit Ota Hortmanns und Wolfgang Weber gleich zwei sozialdemokratische Ratsleute, die bei der nächsten Kommunalwahl im September 2020 auch beide wieder kandidieren wollten, nun aber nur noch einen Stuhl, sprich: einen Kommunalwahlbezirk vorfinden. Beide sind, so viel darf verraten werden, über den von ihrer Partei ausgehandelte Lösung nicht sonderlich glücklich.

Ein Ja „unter Wahrung der Partei- und Fraktionsdisziplin“

Umso schlimmer für Hortmanns, dass sie am Montag im Kommunalwahl-Ausschuss der Lösung auch noch ihr Okay geben musste: „Unter Wahrung der Partei- und Fraktionsdisziplin“, wie sie der Runde hörbar angesäuert mitteilte. Während Bernd Schlieper vom Essener Bürger Bündnis dagegen votierte, stimmte die CDU achselzuckend zu.

Denn d a s s es eine Grenzverschiebung diverser Kommunalwahlbezirke in Essen braucht, ist allseits unbestritten: Das Gesetz verlangt, die 41 Bezirke zwischen Karnap und Kettwig so zuzuschneiden, dass überall halbwegs gleich viele Einwohner (und zwar Deutsche oder EU-Bürger) leben. Dabei dürfen die Zahlen vom Durchschnitt nicht mehr als 25 Prozent nach oben oder unten abweichen.

Eine der letzten sozialdemokratischen Hochburgen sichern

Die Folge: Im ländlichen Essener Süden, der in den vergangenen Jahren viel Zuzug erlebte, musste prompt ein neuer Kommunalwahlbezirk her. Und da es mehr als 41 stadtweit nicht sein dürfen, galt es andernorts, einen zu streichen. Der „neue“ Bezirk war schnell gefunden, ein flächenmäßig riesiges Areal, das aus den ländlichen Teilen von Kettwig und Schuir, Werden, Fischlaken und Heidhausen gebildet wird.

Und dafür sollte der tiefrote Katernberger Süden als eigener Wahlbezirk aufgelöst werden? Nicht mit den Sozis: Sie fürchteten, da würde eine der letzten sozialdemokratischen Hochburgen geschliffen, und nahmen allerlei geografische Verrenkungen in Kauf, um das Wahlgebiet zu erhalten: indem sie dort Stimmbezirke zuordneten, mit denen der Katernberger Süden nur durch die Köln-Mindener Bahnlinie so gerade eben noch verbunden ist.

„Der wird für die SPD wohl verloren gehen“

Altendorfs Norden und Süden wurden hingegen zusammengelegt, der Kommunalwahlbezirk 16, den Ota Hortmanns wiederholt direkt eroberte, verschwindet. Es ist nicht das einzige Opfer, das den Genossen im Zuge des Neuzuschnitts abverlangt wird: Auch der Kommunalwahlbezirk Haarzopf/Margarethenhöhe/Fulerum wird geteilt, ein gutes Stück der Margarethenhöhe teilweise Holsterhausen zugeschlagen.

Thomas Rotter, dem SPD-Sprecher für Stadtplanung, der hier 2014 mit nur 17 Stimmen Mehrheit das Rennen machte, schwant schon jetzt: „Der wird für die SPD wohl verloren gehen.“ Und dabei ist der allgemeine Abschwung der Partei in der bundesweiten Wählergunst noch gar nicht eingepreist.