Essen. . Die Essener SPD hat am Wochenende ihren Vorstand neu gewählt. Eine Verjüngung blieb aus. Auch Kritiker Karlheinz Endruschat wurde bestätigt.

Wenn die SPD sich zum Parteitag trifft, wird eigentlich immer irgendein Drama aufgeführt. Dass es auch diesmal so kommen würde, davon kündeten unheilvolle Spekulationen, die Genossen könnten mit dem Altenessener Ratsherrn Karlheinz Endruschat ausgerechnet demjenigen die Wiederwahl verweigern, der in seiner Bilanz kein gutes Haar ließ am Umgang der Sozis mit den Themen Zuwanderung und Integration.

Aber ach, am Samstag kam dann alles anders: Im Frohnhauser „Lighthouse“, einer ehemaligen Kirche, sparte man sich – für manchen überraschend – die innerparteiliche Abrechnung, beschwor die sozialdemokratische Solidarität und bestätigte das alte geschäftsführende Vorstands-Quintett im Amt. Weiter so. Und: War da was?

„Wir haben die Partei erreicht“

Selbst Endruschat, der zuvor noch von einem „Masterplan“, ihn abzusägen, geraunt und beklagt hatte, „wir haben die Sprache der Leute verlernt“, gab sich hernach versöhnlich: „Ich habe das unterschätzt, aber unsere Kritik scheint angekommen. Wir haben tatsächlich die Partei erreicht.“

Dass damit erst einmal noch nichts gewonnen ist, liegt auf der Hand. Doch was nicht ist, soll im Laufe des kommenden Jahres werden: Der alte und neue Parteichef Thomas Kutschaty, gewählt mit bemerkenswerten 95 Prozent der Delegiertenstimmen, verspricht eine inhaltliche Offensive, die sich den vier zentralen Themen Wohnen und Verkehr, Bildung und Integration widmen soll. Wo man mitunter „mit keinem anecken wollte“ und die Sozialdemokraten deshalb nicht selten auf beiden Seiten der Barrikade fand – für und gegen Wohnbebauung im Grünen, für und gegen Straßenbau, für und gegen Asylstandorte. Kutschaty will Entscheidungen, um die man sich bis dato herumdrückte.

„Den Norden stärken, ohne den Süden zu schwächen“

Dabei ist der 50-Jährige überzeugt: „Wir sind oft gar nicht so weit auseinander, wie man manchmal meint“, denn als Kümmerer für die Menschen verstünden sich die Sozialdemokraten doch nach wie vor. Früher habe das bedeutet, „für die Tochter eine Lehrstelle und für den Nachbarn eine Wohnung zu besorgen“. Diese Zeiten seien vorbei, aber die Menschen dürften nach wie vor darauf vertrauen, dass die SPD sich dafür einsetzt, Ungleiches ungleich zu behandeln, den Norden zu stärken, ohne den Süden zu schwächen. Es gelte, Vertrauen zu gewinnen: „Die Sozialdemokratie muss sich ändern, damit es uns in Zukunft noch gibt“.

Der Vorstand der SPD

Als Vorsitzender wurde Thomas Kutschaty mit 148 von 156 Stimmen im Amt bestätigt. Kommentar von Landtags-Kollegin Britta Altenkamp: „Gott sei Dank keine 100 Prozent.“

Seine drei Stellvertreter bleiben Maria Tepperis (117 Stimmen), Rudolf Jelinek (89) und Karlheinz Endruschat (81). Romina Eggert (71) und Julia Jankovic (55) kamen nicht zum Zug.

Das ist nicht nur, aber auch eine Frage des Umgangs, wie Fraktionschef Rainer Marschan betonte: „Wir müssen untereinander einen Stil pflegen, der nicht zu Verletzungen und wachsendem Misstrauen führt.“ Zumindest an diesem Samstag rissen sich alle am Riemen. Kein Wehklagen, als die jungen Kandidatinnen Romina Eggert und Julia Jankovic nicht Parteivize wurden und die Verjüngung der SPD-Spitze damit ausblieb. Und als Karlheinz Endruschat merkte, dass er sich mit seinem Antrag zu Kooperation mit den Demo-Organisatoren von „Essen stellt sich quer“ verrannt hatte, entschärfte er erst den Antragstext, zog ihn später zurück, um das Thema in einem Arbeitskreis einzubringen. Drama gab’s an diesem Samstag nur beim Elfmeterschießen der Russen.