Essen. Die Wirtschaftsförderung sieht erste messbare Erfolge ihrer Start-up-Initiative. Die Zahl der Unternehmen und der Jobs ist seither gewachsen.

Im Wettbewerb um junge innovative Gründer hatten Ruhrgebietsstädte wie Essen jahrelang das Nachsehen. Die hippe Start-up-Szene drängte es eher nach Berlin, Hamburg oder München. Doch vor einem Jahr ging die Essener Wirtschaftsförderung (EWG) unter der Ägide ihres neuen Chefs Andre Boschem in die Offensive und startete eine Start-up-Initiative. Die Entwicklung zeigt seither in die richtige Richtung: Essen hat Boden gut gemacht. „Wir sind für die Szene als attraktiver Standort sichtbarer geworden“, ist Boschem überzeugt.

Erste Erfolge sind laut Wirtschaftsförderung auch messbar. So sei die Zahl der Start-ups aber auch der Arbeitsplätze in diesen Unternehmen deutlich gestiegen. Nach ihren Recherchen gibt es mittlerweile 70 Start-ups in der Stadt, die insgesamt rund 800 Mitarbeiter beschäftigten. Vor einem Jahr ermittelte die Wirtschaftsförderung noch 50 Unternehmen mit 400 Arbeitsplätzen. Als Start-up bezeichnet man im engeren Sinn ein Unternehmen, das jünger als zehn Jahre ist, technologie- und wissensbasiert arbeitet und das vor allem ein schnelles Wachstum aufweist.

Boschem räumt ein, dass es sich bei den 20 neuen Start-ups nicht gänzlich um Neugründungen handelt. Denn durch bessere Kontakte, die die Wirtschaftsförderung nunmehr in der Szene pflegt, lernte sie auch Unternehmen kennen, die bislang in ihrer Statistik nicht erfasst wurden. „Schätzungsweise die Hälfte sind aber Neugründungen“, so Boschem und bekräftigte sein anfangs gestecktes Ziel: die Zahl der Start-ups in Essen binnen drei Jahren zu verdoppeln. „Wir brauchen neue, innovative und schnell wachsende Unternehmen am Standort Essen“, sagte er.

EWG entwickelte neue Formate für Start-ups

Wirtschaftsförderer Andre Boschem (Mitte) mit seinem Start-up-Team Tabea Lersmacher und Kai Bonnen.
Wirtschaftsförderer Andre Boschem (Mitte) mit seinem Start-up-Team Tabea Lersmacher und Kai Bonnen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Das Budget der Wirtschaftsförderung, um Essen zu einer gefragten Gründerhochburg zu machen, ist vergleichsweise bescheiden. Dieses Jahr standen Boschem neben zwei Vollzeitstellen 90.000 Euro für Sachmittel zu Verfügung, nächstes Jahr sind es immerhin 120.000 Euro. Sein früherer Arbeitgeber, die Wirtschaftsförderung Düsseldorf, habe hier zwar deutlich mehr Geld aufgewendet. „Aber ich will mich auch nicht beklagen, zumal wir nächstes Jahr ja mehr bekommen.“

Mit dem Geld und einem zweiköpfigen Start-up-Team hat Boschem neue Unterstützungsinstrumente speziell für Start-ups entwickelt und damit den Bauchladen der EWG erweitert. Denn eine wichtige Erkenntnis der vergangenen Monate lautete. „Die Gründer wünschen sich mehr Kontakt, kommen aber nicht zueinander, wenn wir das nicht managen“, sagte Boschem. Das bedeute aber nicht, dass es nun einen weiteren Gründerstammtisch in Essen gebe. Sondern es sind neue Formate, die sich das Team in Zusammenarbeit mit den Gründern überlegt hat.

So finden an diesem Wochenende von Freitag, 16 Uhr, bis Sonntag, 19 Uhr, erstmals die Start-up Olympics in Essen statt. Dabei geht es darum, binnen 52 Stunden von einer Idee zu einem Start-up zu kommen. Die Veranstaltung im Co-Working-Space A81 in Rüttenscheid bringt dabei Menschen mit einer Geschäftsidee mit Experten aus anderen Bereichen zusammen. Anmeldungen sind bis zum 8. November über www.startupolympics.de möglich.

Neue Co-Working-Büros beflügeln Gründerszene

Techtour Contest Final auf Zollverein

Essen ist dieses Jahr zum erstem Mal Austragungsort des Techtour Contest Final. Bei dieser international besetzten Veranstaltung treffen rund 150 Investoren und 150 Start-ups zusammen. Sie findet am 9. und 10. Dezember auf Zollverein im Sanaa-Gebäude statt.

Die Essener Wirtschaftsförderung hofft, dass sich auch Essener Start-ups qualifizieren. Unabhängig davon, zahle die Veranstaltung auf den Gründerstandort Essen ein. „Wir werden international sichtbar“, heißt es.

Ein weiteres Beispiel ist der neue EWG Business Builder. Bei diesem Vorhaben will die EWG selbst Gründer ein Jahr lang eng betreuen und mit Experten aus Essen - unter anderem den Essener Unternehmensverband – zusammenbringen. Das „Inkubationsprogramm“ hat einen Gegenwert von bis 45.000 Euro und steht maximal vier Teams pro Jahr zur Verfügung. Die Bewerbungsphase läuft.

Ein drittes Beispiel, wie sich die EWG als Gründer-Kümmerer positionierte, war der OM-Bus. Mitarbeiter aus Start-ups fuhren zusammen in einem gecharterten Bus zu Leitmessen fürs Online-Marketing nach Hamburg und Köln. Schon an Bord hieß es Netzwerken bei Häppchen und Getränken.

Bei allen eigenen Bemühungen kommt der EWG eine Entwicklung besonders zu gute: In Essen schießen gerade die Anbieter von Coworking-Büros aus dem Boden und bieten gerade den jungen, schnell wachsenden Unternehmen das, was sie brauchen: flexible Büros. „Zum Glück, dass Essen auch in diesem Bereich aufgeholt hat“, sagte Boschem.