Essen. Längst nicht alle Essener Kinder haben die Chance, frühzeitig schwimmen zu lernen. Der Essener Sportbund will das mit einem Ferienprojekt ändern.

Wenn Katharina Pfannkuche ins Wasser steigt, ist für gewöhnlich eines von ihr gefragt: Tempo. So schnell wie möglich von der einen gekachelten Schwimmbad-Wand zur nächsten, möglichst ohne Widerstand durchs nasse Element gleiten, immer auf der Jagd nach der neuen Bestzeit. Die 15-Jährige ist Leistungsschwimmerin der SG Essen. Das Wasser ist nahezu ein täglicher Begleiter, ihre Bewegungen darin sind selbstverständliche Routine. An diesem Vormittag im Essener Nord-Ost-Bad aber ist die Geduld der Teenagerin gefragt. Denn im Lehrschwimmbecken ist das Anspruchsdenken ein anderes.

Dort schwimmen zwölf Kinder, Jungs und Mädchen, für die es überhaupt nicht selbstverständlich ist, das zu tun. Manche, weil sie es nicht können - sie haben es bisher noch nicht gelernt. Andere wiederum haben Angst vor dem Sprung ins Wasser. Die Kinder sind zwischen vier und sieben Jahren alt. Sie alle sind aus dem selben Grund da: Sie wollen lernen, wie man schwimmt. Im Nord-Ost-Bad bekommen sie Hilfe. Weil der Essener Sportbund (Espo) gemeinsam mit Essener Schwimmvereinen das Projekt „In acht Tagen zum Schwimmabzeichen“ ins Leben gerufen hat, bei dem junge Nichtschwimmer in den Schulferien Schwimmen lernen können.

Der Espo-Integrationsexperte sah beim Thema Schwimmen eine große Baustelle

Szenenwechsel: Nils Grunau ist nicht im Wasser. Der Espo-Funktionär ist der Bewegung grundsätzlich gar nicht abgeneigt, aber seine Aufgabe ist eine andere. Vor etwa einem Jahr sah der 28-Jährige, der beim Espo für die Bereiche Integration, Mitgliederverwaltung und Veranstaltungsmanagement zuständig ist, eine dringend zu bearbeitende Baustelle: „Wir haben gemerkt, dass es eine immer größer werdende Problematik gibt. Viele Kinder in dem Alter können nicht schwimmen, obwohl sie es können sollten“, erklärt Grunau.

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Das berge zum einen die Gefahr des Ertrinkens in einer kritischen Situation, die auch im Alltag auftreten könne. Zum anderen verhindere das die Teilnahme der betroffenen Kinder am Schul-Schwimm-Unterricht. „Anfänger-Kurse in Vereinen sind teuer, und teilweise gibt es Wartezeiten von bis zu zwei Jahren“, betont der Espo-Mitarbeiter. Möchte ein Kind also im Verein schwimmen, kann die entsprechende Tauglichkeit aber noch nicht nachweisen, kann es lange dauern, bis es aufgenommen wird.

In den Schulferien sind die Schwimmbecken oft nicht belegt

Doch Grunau und seine Espo-Kollegen haben erkannt: In den Schulferien sind die Schwimmbecken teilweise nicht oder nicht ganztägig belegt. So ergeben sich Lücken. „Die schließen wir mit diesem Projekt“, erklärt der Projektleiter.

Der Name dieses Projektes dürfe keine falsche Erwartungshaltung wecken: „Wir können nicht garantieren, dass ein Kind nach dem Kurs in den Ferien perfekt schwimmen kann. Aber wir sehen, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer Fortschritte macht. Und darauf kommt es an.“ Rund 250 Kinder, so Grunau, nehmen aktuell am Programm des Espo in Kooperation mit der PSV Essen, dem Schwimmclub Aegier, dem Schwimmverein Steele 1911 und der TVG Steele teil. Bislang seien die Rückmeldungen „zu 99 Prozent positiv“ wie Grunau betont.

In acht Tagen zum Schwimmabzeichen

Aktuell finden die Schwimmkurse des Projektes „In acht Tagen zum Schwimmabzeichen“ im Essener Nord-Ost-Bad sowie im Ost-Stadtbad statt. Pro Kurs (45 Minuten) werden bis zu zwölf Kinder von drei ausgebildeten Schwimmlehrern betreut.

Unter www.essener-sportbund.de/schwimmabzeichen/ sowie persönlich in der Geschäftsstelle (Planckstraße 42, 45127 Essen) nimmt der Essener Sportbund Anmeldungen für die nächsten Kurse entgegen. Diese finden in den Osterferien 2020 statt, anschließend geht es in den Sommer- und schließlich in den Herbstferien weiter.

Die Kursgebühr beträgt 15 Euro, Zielgruppe des Projektes sind Nichtschwimmer und - für das Schwimmabzeichen - Schwimmanfänger im Alter zwischen vier und sieben Jahren.

Zum einen komme von Schulen positives Feedback, weil mehr Kinder am Schwimmunterricht teilnehmen können. Zum anderen freuen sich viele der Eltern über die günstigen Preise. Denn aufgrund der finanziellen Förderung durch das Kommunale Integrationszentrum der Stadt Essen sowie das Essener Jugendamt kann der Espo die Kurse für nur 15 Euro anbieten. „Das liegt deutlich unter dem, was Vereine für Anfängerkurse nehmen“, so Grunau.

Auch Fortgeschrittenenkurse werden angeboten

Es ist ein Angebot, das stark nachgefragt wird. Und offenbar kommt es gut an, wie die Trainerinnen und Trainer der kooperierenden Vereine die Kurse gestalten. So ist wohl zu erklären, warum einige Teilnehmer nach einem Anfänger- auch noch einen Fortgeschrittenenkurs besuchen, den der Espo ebenfalls anbietet. „Das kann den Vereinen helfen, neue Talente zu entdecken“, sagt Grunau.

Und wer weiß - vielleicht begegnet Katharina Pfannkuche ja mal einem ihrer Schützlinge. Wenn er schnell und wie selbstverständlich durchs Wasser gleitet. Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Essen