Essen. Soll die Stadt Verleiher von E-Scootern nach Düsseldorfer Vorbild stärker in die Pflicht nehmen? Einstweilen setzt man auf freiwillige Lösungen.
„Lime“ heißt auf Deutsch Limette, und das passt eigentlich ganz gut: Für die einen runden die Elektro-Roller der gleichnamigen Verleiher-Marke den klassischen Verkehrscocktail der Großstadt ab. Die anderen verziehen angesäuert die Miene, weil die kleinen Flitzer oft unsortiert die Gehwege blockieren. Die Politik beschleicht in diesen Tagen das ungute Gefühl, es könnte noch mehr Ärger ins Rollen kommen, wenn demnächst zwei weitere Anbieter ihre Gefährte an jeder zweiten Straßenecke abstellen. Braucht Essen, so fragt jetzt die FDP, strengere Regeln, gar eine komplett überarbeitete Sondernutzungs-Satzung für die Straßen?
So jedenfalls versucht derzeit die Stadt Düsseldorf, der Roller-Schwemme Herr zu werden – mit einer Gebührenpflicht für die Verleiher, mit detaillierten Vorschriften für die Abstell-Praxis und mit einer vorgeschriebenen schnellen Eingreiftruppe, wenn die summenden Zweiräder mal wieder die Botanik verschandeln. Kein Wunder bei jetzt schon 1300 Exemplaren auf den Straßen der Landeshauptstadt.
Der OB wirbt dafür, erst noch ein paar Erfahrungen zu sammeln
Von solchen Zahlen ist man in Essen – noch – weit entfernt, aber das Grummeln bei denen, die nicht mitrollern, wächst. Und die Politik scheint hin- und hergerissen, ob man für ein paar querstehende Dinger gleich das Ortsgesetz ändern muss: „Es liegt ja nicht am E-Scooter, wenn jemand sich im Straßenverkehr asozial verhält“, meint Oberbürgermeister Thomas Kufen. Und wirbt dafür, erst noch eine Weile Erfahrungen im Umgang mit den kleinen, aber schnellen Spaß-Mobilen zu machen.
Auch die für Verkehr zuständige Baudezernentin Simone Raskob mag sich nicht gleich für Verbote aussprechen: „Ich glaube, dass das auch mit anderen Mitteln möglich ist.“
Statt einer Verordnung von oben eine freiwillige Vereinbarung
Dabei verweist Raskob auf eine freiwillige Kooperations-Vereinbarung, die man „Lime Bike“ wie auch TIER und Circ vorgelegt hat, den beiden in den Startlöchern stehenden Anbietern fürs „Elektrotretroller-Sharing“. Und die von diesen offenbar ohne großes Murren akzeptiert wurde.
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Dort sind nicht nur jene 40 Sperrzonen hinterlegt, in denen die Flitzer nicht fahren dürfen. Die Absprache enthält auch Regelungen, wie viele Roller an einem Platz gemeinsam aufgestellt werden dürfen (maximal fünf), wieviel Gehwegbreite unverstellt bleiben muss (1,50 Meter, an stark frequentierten Orten sogar 2,00 Meter) und wo die Gefährte tunlichst nicht stehen sollen (an Ruhrbahn-Haltestellen oder Radbügeln).
Die Flitzer in Sperrzonen ausbremsen? „Technisch kein Problem!“
Aber was hilft’s, wenn sich die Leute nicht dran halten? Simone Raskob zeigt sich zuversichtlich: „Das wird sich einpendeln“, glaubt die Baudezernentin, die die Roller als eher kleinen Mosaikstein zur Mobilitätswende sieht, eher als Trend-Spielzeug denn als ernstzunehmender Auto-Konkurrent, geeignet vor allem für Touristen und gelegentliche Spritztouren, weniger zur dauerhaften Nutzung. Dazu wär’s wohl auch zu teuer.
Manches Problem stellte sich gar nicht, ließen sich die Gerätschaften in den Sperrzonen, zu denen übrigens auch alle Park- und Grünanlagen der Stadt, sämtliche Friedhöfe und Wälder gehören, automatisch ausbremsen. Durch die GPS-Ortung „technisch kein Problem“, sagen die Anbieter, was Raskob in Oslo selbst beeindruckt miterleben durfte. In Deutschland aber ist die Technik noch nicht zugelassen. Und ausgerechnet die Liberalen fragen, ob’s nicht ein verbot richten sollte. Am 10. Oktober will die Stadt im Bau- und Verkehrs-Ausschuss des Rates dazu einen Lagebericht abgeben.