Essen. Die Künstler der Margarethenhöhe haben kostbare Zeugnisse hinterlassen. Neues Handbuch lädt Besucher dazu ein, das Gesamtkunstwerk zu entdecken.
Kunst am Bau hat es auf der Margarethenhöhe schon gegeben, da war der Begriff eigentlich noch gar nicht in der Welt. Der historische Schatzgräberbrunnen von Georg Metzendorf und Joseph Enseling sprudelt schon seit 1912 auf dem Marktplatz. Doch vor allem in der Weimarer Zeit übernimmt die von Architekt Georg Metzendorf entworfene Gartenstadt eine regelrechte Vorreiterrolle in der künstlerischen Gestaltung des Außenraums. Die vielen keramischen Wandreliefs von Richard Malin, die berühmte „Säerin“ von Joseph Enseling oder die Katzen-Skulpturen von Bildhauer Will Lammert zeugen von dieser Zeit, als die Margarethenhöhe zur Künstlersiedlung erblüht. Angeregt durch die große „Aufbruch im Westen“-Ausstellung im Ruhr Museum zum 100-jährigen Bestehen der Künstlerkolonie hat sich nun auch die Reihe „Kleine Schriften des Ruhr Museums“ der Ansammlung von Kunst angenommen.
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Nach zwei Bänden die sich bereits mit der Architektur und Geschichte der Gartenstadt beschäftig haben, kümmert sich das Team um den Historiker Christoph Wilmer in Band 7 nun um die Kunst auf der Margarethenhöhe. Nicht nur Michael Flachmann, Vorstand der Margarethe Krupp Stiftung, hat sich diesen Beitrag sehr gewünscht. Auch für Achim Nöllenheidt vom Klartext-Verlag ist die Reihe ein „Heraustreten aus dem normalen Alltag eines Verlegers“, der Luxus, „sich konzentriert einem Thema widmen zu können“. Das handliche Begleitbuch soll den Besucher nun einladen, dieses Gesamtkunstwerk Margarethenhöhe zu entdecken.
Die aufgelisteten Sehenswürdigkeiten umfassen 38 Gebäude, Kunstwerke und Orte. Sie reichen von Gustav Dahlers Wandmosaiken im Schulgebäude an der Waldlehne über Joseph Enselings „spielenden Bär“ am Brückenkopf bis zum Kleinen Atelierhaus, das derzeit eine Sonderschau über den Grafiker Hermann Kätelhön zeigt. Kätelhön wird in den 1920er Jahren gewissermaßen zum Initialgeber der Künstlersiedlung. Er holt Gleichgesinnte wie die Goldschmiedin Elisabeth Treskow, den Grafiker Kurt Lewy und den Fotografen Albert Renger-Patzsch nach Essen und kann dank der großen Mäzenatin Margarethe Krupp auch für umfängliche Aufträge sorgen. So wird die künstlerische Ausgestaltung dieses grünen Dorfes mitten im industriell geprägten Ruhrgebiet für viele zum reizvollen Projekt mit überregionaler Ausstrahlung.
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Durch den Austausch von Kätelhön und Margarethe Krupp entstehen auch sukzessiv neue künstlerische Räume. Zunächst werden einige Mansarden-Ateliers gebaut, es folgen das kleine Atelierhaus, die Keramische Werkstatt, das Werkhaus und bald auch das große Atelierhaus, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Ein Bild des Gebäudes zeigt die Modernität der Architektur. „Das hätte auch in Dessau stehen können“, sagt Autor Christoph Wilmer. Das Bauhaus-Ideal prägt auch die Arbeit der Künstler und ihrer Siedlung. Kunst und Kunstgewerbe unter einem Dach – der Gedanke zieht sich bis in die Giebel, Gauben und Türrahmen der Siedlung. Das Sgraffito Eselsritt über dem Eingang des katholischen Kindergartens, der Erker mit Wandrelief aus Keramikfliesen oder das holzvertäfelte Krupp-Zimmer im Gasthaus zur Margarethenhöhe zeugen davon.
Die Künstler der Margarethenhöhe sollen im Stadtbild sichtbarer werden
Publikation begleitet Ausstellung
Die Publikation „Kunst auf der Margarethenhöhe“ ist im Klartext Verlag in Essen erschienen, umfasst 104 reich bebilderte Seiten und kostet 12,95 Euro. ISBN 9-783-837-521603.
Die Ausstellung „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“ ist bis zum 5. Januar 2020 im Ruhr Museum zu sehen. Öffnungszeiten: Mo bis So, 10-18 Uhr. Eintritt 7/erm. 4 Euro. Besucher unter 18 Jahren frei.
Vieles ist erhalten geblieben, manches aber auch verloren gegangen wie beispielsweise der von Bildhauer Will Lammert gestaltete Kachelofen für den Hülsmannhof, der bei unvorsichtigen Renovierungsarbeiten zerstört wurde. Für Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums, sind derlei Verluste auch ein Zeichen für den Umgang mit den Gestaltern der Gartenstadt. Grütter wirbt für ein stärkeres Andenken und eine tiefere Verankerung im öffentlichen Bewusstsein und hofft darauf, dass die Künstler der Margarethenhöhe beispielsweise bei künftigen Straßennamenbenennungen Berücksichtigung finden.
Die Aufarbeitung der Margarethenhöhe ist jedenfalls noch nicht am Ende. Eine der nächsten Schriftreihen, hofft Stiftungs-Vorstand Michael Flachmann, soll sich mit Metzendorfs Grün-Gestaltung der Gartenstadt beschäftigen.