Essen-Haarzopf. Der Kleingärtnerverein Kirschbaumsweg in Essen-Haarzopf will Flüchtlinge und Behinderte integrieren. Einen Schulgarten gibt es seit zehn Jahren.
Seit zehn Jahren besitzt der Kleingärtnerverein Kirschbaumsweg in Essen-Haarzopf einen Schulgarten. Dort können Kinder der Grundschule Haarzopf im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft viel über heimische Pflanzen und die Natur im Allgemeinen lernen. Die Kleingärtner engagieren sich über die Kooperation mit der Schule hinaus in sozialen Projekten, wollen Flüchtlinge und Behinderte in ihre Arbeit einbinden.
„Integration, Inklusion und Umweltprojekte sind uns wichtig“, betont Felix Brockerhoff (45), erster Vorsitzender des Vereins. Die Anlage am Kirschbaumsweg umfasst 40 Gärten. Sie wurde schon 1890 gegründet und war damals viel größer. „Wir mussten im Laufe der Jahre zahlreiche Gärten für den Bau des Regenbeckens, das Geschäftszentrums Neue Mitte Haarzopf und für Wohnbebauung abgeben. Bei der jetzigen Größe, etwa ein Drittel von der ursprünglichen Fläche, soll es aber bleiben. Die Anlage dient schließlich auch als Frischluftschneise für den Stadtteil“, so Brockerhoff.
Bauer Kirschbaum soll das Gelände im 19. Jahrhundert der Stadt geschenkt haben
Das Land für die Kleingartenanlage habe Bauer Kirschbaum der Überlieferung nach im 19. Jahrhundert der Stadt geschenkt, weil er auch folgende Generationen noch im Grünen aufwachsen sehen wollte. Die Schenkungsurkunde sei allerdings verschollen.
In den letzten zehn bis 15 Jahren seien verstärkt jüngere Mitglieder dazugekommen. „Wir wollen das Kleingartenwesen von seinem verstaubten Image befreien und neue Wege gehen“, so der Vorsitzende. Kleingärten seien gerade bei Familien sehr gefragt: „Bei uns stehen 17 Leute auf der Warteliste“, so Brockerhoff, der seit 2008 im Vorstand des Vereins mitarbeitet. Im Jahr würden ein bis zwei Gärten frei.
Die Kleingärtner vom Kirschbaumsweg wollen keine abgeschottete Gemeinschaft sein, sondern sich im und für den Stadtteil engagieren. „Vor zehn Jahren haben wir eine Parzelle gekauft und sie als Schulgarten hergerichtet“, sagt Brockerhoff. Seitdem seien regelmäßig Kinder dort zu Gast, die pflanzen, säen, gießen oder ernten wollten.
Wenn die Schule an der Hatzper Straße in einigen Jahren reaktiviert sei, wolle man die Arbeit mit den Schülern noch intensivieren, da der Weg von dort zur Kleingartenanlage noch kürzer sei. Angedacht sei ein „grünes Klassenzimmer“ für normalen Unterricht.
Das soziale Engagement wolle man auch auf Flüchtlinge ausdehnen und habe damit bereits begonnen. „Ein Syrer arbeitet schon in einem Garten mit und kann vielleicht seine neuen Erfahrungen an andere weitergeben“, so der Vorsitzende.
Das Kleingartenwesen ist eine typisch deutsche Angelegenheit
Man müsse ausprobieren, ob die Arbeit im Kleingarten etwas für Flüchtlinge sei, oder ob sich das typisch deutsche Phänomen Kleingartenwesen gar nicht auf Menschen anderer Nationalität übertragen lasse. „Ich selbst komme aus Kanada. Dort gibt es das gar nicht“, erzählt Brockerhoff.
Da in Haarzopf größere Räumlichkeiten Mangelware seien, stelle man das Vereinsheim neben dem Schulgarten für Nachhilfe und Sprachkurse kostenlos zur Verfügung. Dabei gehe es nicht nur um Deutschkurse für Flüchtlinge, sondern zum Beispiel auch um Kurdischkurse, wenn Familien die Kenntnisse in ihrer nicht mehr verwendeten Muttersprache an folgende Generationen weitergeben wollten.
Kooperation mit der Lebenshilfe ist geplant
Die Räume im Vereinsheim würden auch vom Bürgerverein Haarzopf für den monatlichen Stammtisch und andere Veranstaltungen sowie von der Bürgerbewegung Haarzopf und von Fördervereinen genutzt.
Vereinsmitglieder haben 100 neue Obstbäume gepflanzt
Unter dem an „Fridays for future“ angelehnten Motto „Gärten for future“ haben die Kleingärtner vom Kirschbaumsweg in Haarzopf bereits 100 neue Obstbäume verschiedener Sorten gepflanzt.
Auch Grünstreifen und das sogenannte Straßenbegleitgrün im Umfeld wollen sie zur insektenfreundlichen Wiese umgestalten.
In Sachen Inklusion wolle man mit der Lebenshilfe kooperieren. „Vielleicht klappt ja ein erstes Treffen noch in dieser Saison, um zu besprechen, wie man Besuche der Menschen mit Behinderung praktisch organisieren könne. Im Prinzip sei alles ebenerdig, „so dass die Bewohner einfach mit dem Rollstuhl herüberrollen“ könnten, so Felix Brockerhoff, der Inklusion als seine Herzensangelegenheit bezeichnet. In seiner alten Heimat Kanada sei der gemeinsame Alltag mit Behinderten viel selbstverständlicher.