Essen. Unbekannte Anarcho-Gruppierung ruft zu Demo am 19. September gegen „Steeler Jungs“ auf. Initiative „Steele bleibt bunt“ distanziert sich klar.
„Gegen Nazi-Macker in Essen Steele und überall“ – so ist der anonym verfasste Aufruf zu einer „Antifaschistischen Demo“ am Donnerstag, 19. September, gegen die so genannten „Steeler Jungs“ überschrieben. Treffpunkt soll um 17.30 Uhr der S-Bahnhof Steele sein. Ein schwarz-roter Anarcho-Stern, das lilafarbene Feminismus-Symbol mit geballter Faust und vor allem der aggressiv-schwadronierende Grundton des Demo-Aufrufs deuten daraufhin, dass sich eine militante Gruppierung auf den Weg nach Essen machen könnte. Steele bezeichnen sie als „Nazi-Kiez“.
Dem Essener Polizeipräsidium ist der im Internet verbreitete Demo-Aufruf bekannt. „Die Anmeldung zu der Veranstaltung am 19. September durch eine Privatperson liegt uns vor“, sagte eine Polizeisprecherin am Montag. Ein so genanntes Kooperationsgespräch mit den Veranstaltern vor der Demonstration stehe noch aus. Der gesamte Vorgang werde zurzeit von Fachleuten im Präsidium geprüft. Grundsätzlich hat das Polizeipräsidium nicht darüber zu befinden, ob eine Demonstration stattfinden darf. Aber allein schon aus sicherheits- und verkehrstechnischen Gründen muss eine öffentliche Veranstaltung im Polizeipräsidium angemeldet werden.
„Damit haben wir nichts zu tun und wir sind nicht glücklich über diesen Aufruf“
Die Stadtteil-Initiative „Steele bleibt bunt“ distanziert sich scharf von der angekündigten Demo am 19. September. „Damit haben wir nichts zu tun und wir sind nicht glücklich über diesen Aufruf“, sagt die Sprecherin Irene Wollenberg und fügt hinzu: „Wir halten diesen Aufruf für kontraproduktiv und möchten nicht, dass Steele von dieser Seite aufgemischt wird.“
Zulauf aus dem rechtsextremen Lager
Seit etwa einem Jahr gehen die „Steeler Jungs“ in ihrem Stadtteil auf die Straße. Zunächst schaute die Polizei bei diesen „Spaziergängen“ nur zu. Im vergangenen Oktober stufte der Polizeipräsident die Aktionen als politische Demonstration ein.
Die Teilnehmerzahl ist von anfänglich 60 bis 80 Personen auf zuletzt 300 gestiegen – erstens weil die Steeler Jungs Zulauf im Stadtteil und in Essen haben, zweitens weil sich inzwischen Rechtsextreme wie die „Bruderschaft Deutschland“, die „Division Altenessen“ und Aktivisten wie Dominik Röseler dazugesellen.
Nach der Bezirksvertretung hat auch der Essener Stadtrat am 29. Mai 2019 eine Resolution gegen die Steeler Jungs verabschiedet.
Der Verfassungsschutz NRW lässt selbsternannte Bürgerwehren wie die Steeler Jungs beobachten.
Ungewöhnlich ist auch, dass der anonyme Demo-Aufruf selbst dem Sprecher des Aktionsbündnisses „Essen stellt sich quer“, Max Adelmann, Rätsel aufgibt. „Die Gruppe, die dahinter steckt, kenne ich nicht, sie hat sich bislang auch nicht mit uns in Verbindung gesetzt und ist noch nie Essen aufgetaucht“, betont Adelmann, der immer wieder den Schulterschluss sucht zu Linken, Kommunisten und auch Antifa-Leuten. Mitglieder der hiesigen Antifa Z beispielsweise haben sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder an Kundgebungen und Demos des Aktionsbündnisses beteiligt.
Anarcho-Gruppe nennt „Steele bleibt bunt“-Aktionen bürgerlich, harmlos und erfolglos
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Die Veranstalter der „Antifaschistischen Demo“ am 19. September grenzen sich hingegen demonstrativ ab von „Essen stellt sich quer“, das nur wenige Tage vorher, am Samstag, 14. September, selbst zu einer großen Kundgebung gegen die Steeler Jungs aufgerufen hat. Auch von der Stadtteil-Initiative „Mut machen - Steele bleibt bunt“ hebt sich die unbekannte anarchistische Antifa-Gruppierung deutlich ab. In ihrem Aufruf heißt es: „Zwar gibt es einmal im Monat bürgerlichen Protest, doch dieser ist in seinem Versuch, durch Harmlosigkeit und Abgrenzung die lokale Bevölkerung einzubinden, erfolglos geblieben.“
Inzwischen beteilige sich auch die linke Initiative „Aufstehen gegen Rassismus“ monatlich am Protest gegen die Steeler Jungs, ihre nächste Demo findet am 29. August, ein Donnerstag, statt. Doch die Anti-Rassismus-Initiative werde nach Ansicht der Anarcho-Gruppe „weitestgehend alleine gelassen“. Ihr Fazit: „So verlaufen in Steele jeden Monat mindestens zwei Naziaufmärsche ohne jeden Funken von Gegenprotest.“ Deshalb, so tönen sie, sei es „höchste Zeit für eine städteübergreifende, antifaschistische Einmischung“ in Essen-Steele.
Essener Rat warnt in Resolution vom 29. Mai vor Verharmlosung der Steeler Jungs
Der Essener Rat hat den wöchentlichen „Spaziergängen“ der Steeler Jungs in einer Resolution am 29. Mai eine Absage erteilt. Darin wird auch vor einer Verharmlosung der selbst ernannten Bürgerwehr gewarnt. Wörtlich heißt es in der Entschließung: „„Hinter einer vermeintlich harmlosen Fassade verbirgt sich womöglich ein bundesweit agierendes Netzwerk mit intensiven Kontakten in die extreme rechte Szene. Das erfordert eine intensive Beobachtung und Begleitung durch die Sicherheitsbehörden sowie eine intensive Aufklärungsarbeit.“