Essen. Zwölf Fußball interessierte Gäste durften bei der Sommeraktion „WAZ öffnet Pforten“ hinter verschlossene Türen im Stadion Essen blicken.

„Nur der RWE“ singt er schon lange nicht mehr, aber zur Führung durchs Stadion an der Hafenstraße hat sich Rolf Jansen gleich angemeldet. Zum Fußballgucken fährt er längst nach Gelsenkirchen, wo er im königsblauen Fan-Shirt in der Schalke-Arena sitzt. Dennoch genießt er den besonderen Rundgang durch die 2012 eröffnete Sportstätte der heimischen Elf.

Markus Kunze von der stätischen GVE (2.v.r.) führt die Leser durch das Stadion.
Markus Kunze von der stätischen GVE (2.v.r.) führt die Leser durch das Stadion. © Foto: STEFAN AREND

Die wandfüllende Foto-Collage im Eingangsbereich der Haupttribüne weckt Erinnerungen an Bundesligatage in den 70er und 80ern: Mittelstürmer Horst Hrubesch köpft den Ball wie ein junger Gott und trickst die Gegner mit legendären Täuschmanövern aus. Dribbling-König Willi „Ente“ Lippens stürmt vom linken Flügel unaufhaltsam aufs Tor. Und trifft! „Die konnten spielen …“, schwärmt Jansen.

Vielleicht vollbringt der neue RWE-Cheftrainer Christian Titz das ersehnte Wunder

Die Stadion-Tour zeigt`s: Die räumlichen Bedingungen sind ideal. Vielleicht vollbringt der neue RWE-Cheftrainer Christian Titz das ersehnte Wunder. „Oder die neuen Spieler“, mutmaßen die Leser. Groß-Konzert und Hitzewelle – „Greenkeeper“ und „Halmflüsterer“ haben jedenfalls ganze Arbeit geleistet. Der Rasen ist top-fit für den Anpfiff zur Saison.

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mit 32 Sitzreihen für 20.000 Zuschauer besichtigen zu dürfen, ist ein seltenes Highlight. „Spieler werden Sie heute nicht treffen!“, sagt Markus Kunze, Sprecher der Grundstücksverwaltung Stadt Essen GmbH (GVE). Er öffnet den Lesern einige Türen. Von der Fan-Bar „Zeche Hafenstraße“ im Kauen-Stil, wo bis zu 250 Fans Platz zum Feiern haben, fahren wir im Aufzug ins Untergeschoss zu den Umkleiden. Dort riecht es erstaunlicherweise nicht nach Schweiß. Nils und Ruben, mit acht Jahren die jüngsten Teilnehmer, dürfen im Flur Tischtennis spielen. Wo sich die Rot-Weißen umziehen, wird nicht gezeigt. Aber die gegnerische Kabine. Wer auch im Keller der Hafenstraße regiert, wird den Auswärtigen gleich vor Augen geführt: rote Kunstledersitze umrahmt von weißen, offenen Garderobenschränken geben die Richtung vor. „Wir hängen am Verein“, sagt Kunze. „Geht es dem gut, profitieren auch wir davon“.

Foto-Shooting mit RWE-Trainer Christian Tietz in den Stadion-Katakomben.
Foto-Shooting mit RWE-Trainer Christian Tietz in den Stadion-Katakomben. © Foto: STEFAN AREND

Was viele nicht wissen: Fast täglich wird das Gebäude genutzt, Fußballspiele sind da fast die Ausnahme. „Wir haben hier 2700 Quadratmeter Ausstellungsraum im Haus.“ Die werden von der städtischen Tochtergesellschaft eifrig vermietet. Firmen, Privatleute und Schulen, alle dürfen die Location für Abifeiern, Familienfeste, Messen und Tagungen und Seminare mieten. Mit einer Länge von etwa 80 Metern ermöglicht der „Business Club Assindia“ im ersten Obergeschoss eine variable Raumaufteilung mit separaten Zonen für Catering, Empfänge der Ausstellungen.

Von der Terrasse dürfen die Gäste dann Stadion-Luft schnuppern. Knapp 4400 Euro kostet die Miete dieses Clubraums pro Tag, ohne Verpflegung.

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ist seit Kurzem die Sparkassen-Lounge. Hier finden im Oktober die ersten Trauungen statt. Stürmen die Spieler aus den Umkleiden aufs Feld, führt kein Weg an Pennys Knie vorbei. Die Bronze-Skulptur ragt an der rechten Seite des Durchgangs aus dem Beton. Penny Islacker schreibt am 26. Juni 1955 mit August Gottschalk und Helmut Rahn große Sportgeschichte. Humpelnd spielt er im Finale in Hannover und schießt dennoch heldengleich das entscheidende vierte Tor. „Tooor!“, ruft Ruben und fasst gleich mal an die Bandage.

„Pennys Knie“ hängt an der falschen Seite. Ob es die gegnerische Mannschaft stärkt?

An „Pennys Knie“ führt kein Weg vorbei. Die Skulptur erinnert an „Penny“ Islacker, der im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1955 drei Tore schoss, das entscheidende vierte mit bandagiertem Knie.
An „Pennys Knie“ führt kein Weg vorbei. Die Skulptur erinnert an „Penny“ Islacker, der im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1955 drei Tore schoss, das entscheidende vierte mit bandagiertem Knie. © Foto: Arend

Kunze gibt zu bedenken, dass die Figur vielleicht eher die Gegner stärke. Denn: „Eigentlich müsste das Knie für unsere Mannschaft auf der anderen Seite hängen!“ Erklärt das die vielen Misserfolge vergangener Jahre? „Bis 2007 waren die ja noch in der zweiten Bundesliga“, weiß Leserin Gudrun Fuhrmann, seit Kindesbeinen RWE-Fan. „Wir brauchen mehr Tore!“, fügt sie hinzu. Das meint auch ihr Enkel Lukas (15), der sie beim Rundgang begleitet.

Der „Stadion-Knast“ für aggressive Zuschauer bleibt leider zu. Hier fehlt der passende Schlüssel. In der Zelle nimmt die Polizei die Täter gleich vor Ort in Gewahrsam. „Das spart die mobile Wache!“ Öffnen lassen sich die Türen zur Presselounge. Hier hätten viele Journalisten Platz. Aber: „Meist sind nur drei Plätze von der Lokalpresse besetzt.“

Da wären wir wieder am Anfang: Der Rahmen ist perfekt. Nun braucht es nur noch gute Spiele. Da sind sich alle einig. Wie auf ein Zeichen biegt Christian Titz um die Ecke. Der braungebrannte Trainer im roten Shirt begrüßt alle per Handschlag. Sein Lächeln ist gewinnend. Apropos: Das Stadion ließe sich bei einem Aufstieg von der Regionalklasse in höhere Ligen problemlos für eine höhere Zuschauerzahl erweitern. Man müsste nur die Ecken ergänzen.