Geistige Gebrechen und Macho-Sprüche: Die Themen gehen Herbert Knebel bei einem eindrucksvollen Abend im Essener Grugapark nicht aus.

Essen. Auch nach 31 Jahren ist Herbert Knebels Affentheater außer Rand und Band – das beweisen des Ruhrpotts wohl berühmtester Entertainer mit Kassengestell auf der Nase und seine Kumpels Ozzy, Ernst und der Trainer eindrucksvoll: Mit ihrer zweieinhalbstündigen Bühnenschau bringen sie den ausverkauften Musikpavillon des Grugaparks zum Beben.

Die Themen ergeben sich bei Deutschlands bekanntester Rentnerband sozusagen von selbst und erfüllen voll und ganz die Erwartungen des Publikums: Da wird gerne und lange über das Alter und die zunehmenden körperlichen und geistigen Gebrechen, über Abstieg, Niedergang und, ja auch das, Vorlagen lamentiert: „An watt konnte ich mich früher alles erinnern. Ich weiß et nich mehr“, seufzt Herbert und steppt steifbeinig wie eh und je über die Bühne.

Ein Treffen der Selbsthilfegruppe der anonymen Bußgeldopfer

Zweiter Dauerbrenner der älteren Herrschaften, deren Hang zu hartem Rock die vorgebliche Gebrechlichkeit musikalisch wunderbar konterkariert, ist die digitale Technik, die unser aller Leben zunehmend bestimmt, ja geradezu diktiert. Ob Navigationsgeräte, die Google-Hörigkeit, soziale Netzwerke oder Saug-Roboter Erwin – alles wird kräftig durch den Kakao gezogen. „Watt soll ich mit ‘nem Saug-Roboter, wenn ich doch meine Guste habe“, bringt Knebel es auf den Punkt. Der Rentner-Machismo wirkt immer noch und provoziert Gelächter - bei Männern und Frauen.

Herbert Knebel (r.) und sein Affentheater, Experten im Faxenmachen.
Herbert Knebel (r.) und sein Affentheater, Experten im Faxenmachen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Gleich darauf trifft sich die Selbsthilfegruppe der anonymen Bußgeldopfer. Die diskutiert Alte-Herren-Themen, die eigentlich so überflüssig sind wie ein Kropf. Denkt man. Aber wer im Anschluss so leidenschaftlich „Wir woll‘n keine Politessen“ zu Pink Floyds „Another brick in the Wall“ performt, dem nimmt man tatsächlich die körperlichen Qualen ab, die jeder Strafzettel verursacht.

Die Band um Leadgitarrist Ozzy Ostermann ist in Bestform

Trotz dieser Qualen ist die Band, allen voran Leadgitarrist Ozzy Ostermann, in absoluter Bestform: Ob Deep Purple, David Bowie, Iggy Pop, Bee Gees oder The Who – aus jedem wirklich sensationell eingespielten Rockklassiker macht das Affentheater seine ganz eigene herrlich blöde Nummer: So wird aus „Staying Alive“ schnell mal „Alles ist steif“, wird der „Passenger“ zum „Laufenden“. Zwischendurch gibt’s jede Menge Dönekes mit Herbert: Da streift er bei einer Pilztour (die er zunächst mit einer „Pilstour“ verwechselt) durchs Hohe Venn, erntet und verspeist „Magic Mushrooms“ und schippert beim Junggesellenabschied mit Küstennebel, Rollmöpsen und Mettigel über den Baldeneysee. Das tut er natürlich schnoddrig-amüsant in typisch knebelscher Manier. Doch so richtig dreht Herbert Knebel zum Schluss auf.

In der Zeche Carl fing alles an

Uwe Lyko alias Herbert Knebel startete mit seinem Affentheater 1988 in der Zeche Carl.

„Außer Rand und Band“ ist das 15. Bühnenprogramm, mit dem das Affentheater durch die Republik tourt.

Wer die Schau verpasst hat: Nächste Gelegenheit ist am Donnerstag 29. August, 20.30 Uhr, in Mönchengladbach-Rheydt. Alle weiteren Termine unter https://affentheater.de

Seine über die Jahrzehnte perfektionierte Elvis-Imitation, die er immer gerne als Zugabe gegeben hat, ist Vergangenheit. Stattdessen rockt er als Tina Turner mit Löwenmähne, goldenem Fummel und beigefarbenen Socken zu „Simply the Best“ (seine Version heißt „Ich stink wie die Pest“) die Bühne und reißt das Publikum von den Sitzen. Von wegen Rentnerband: Knebels Affentheater ist so frisch und spielfreudig wie vor 31 Jahren. Eben wie es das Programm verspricht: außer Rand und Band.