Essen-Freisenbruch. Der Denkmalschutz für das Bürgerhaus Oststadt rückt in die Nähe. Warum der Architekt Friedrich Mebes einst seiner Zeit voraus war.
Der Denkmalschutz für das Bürgerhaus Oststadt naht: Am Donnerstag kann der Ausschuss für Stadtentwicklung und Stadtplanung die Eintragung als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Essen beschließen. Laut einer Vorlage der Verwaltung soll auch die Außenanlage geschützt werden.
Das Bürgerhaus wurde zwischen 1973 und 1976 im Auftrag der Stadt errichtet. Die Stadt wollte mit dem „Bürgerhaus dringend benötigte Räumlichkeiten für die generationsübergreifende integrationsfördernde Freizeitarbeit in der im Aufbau befindlichen Essener Oststadt“ schaffen, so die Beschreibung im Entwurf für die Denkmalliste. Das Bürgerhaus kann durchaus als das „Meisterstück“ seines Architekten Friedrich Mebes betrachtet werden. Es trägt den Titel „Big Beautiful Building“, mit dem im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahrs 2018 besondere Bauten der 1950er und 1970er Jahre ausgezeichnet wurden.
Die Vision des Bürgerhaus-Architekten lebt heute
Als Architekt Friedrich Mebes das Bürgerhaus entwarf, hatte er die Idee, einen Ort für Jung und Alt zu schaffen. Es sollte ein Platz der Begegnungen werden. Doch das sei zu Beginn gar nicht so einfach gewesen, erklärt Gisela Peters, Leiterin des Bürgerhauses. Die Jungen waren damals rebellisch und den Alten war das irgendwie nicht geheuer. So ein Ort für alle Generationen war schließlich Neuland. „Mebes war seiner Zeit voraus“, sagt Peters.
Aber mit der Zeit klappte es schließlich, Jung und Alt kamen und kommen noch heute ins Bürgerhaus – zu Integrationskursen, Tanzgruppen, Wohnzimmerkonzerten, Festen, Nachhilfe, Nähkursen. Zahlreiche Vereine sind mit dem Bürgerhaus verbunden. „Mebes hatte eine Vision, die jetzt lebt“, sagt Peters. Im Bergmannsfeld, Hörsterfeld und Isinger Feld sei der Wohnraum günstig, die Fluktuation dementsprechend hoch und die Aufgabe der Integration dauerhaft.
„Das Bürgerhaus Oststadt ist unverzichtbar für den Stadtteil“, sagt auch Bezirksbürgermeister Gerd Hampel (SPD). Die Einrichtung sei sehr wichtig, leiste beispielsweise wertvolle Integrationsarbeit. „Der Denkmalschutz ist eine gute Sache zur Sicherung des Gebäudes.“ Dabei sei der Denkmalschutz zu Beginn des Prozesses im Stadtteil durchaus diskutiert worden.
Das Bürgerhaus sollte ein Anlaufpunkt für alle werden
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Das zweigeschossige Gebäude, eine Mischkonstruktion aus Stahlbeton und Ziegelbauweise, habe „einen hohen Aussagewert für die politischen, kulturellen und sozialen Verhältnisse der Nachkriegsperiode“, steht im Entwurf für die Denkmalliste. Der Planungsprozess dauerte damals lange. 1962 ging es los. Bürger sollten mit einbezogen werden. Es kam zu Protesten in Teilen der Bevölkerung, die das Bürgerhaus lieber mitten in der Siedlung Bergmannsfeld sehen wollten. Zugleich wurde bereits die Kritik am sozialen Wohnungsbau und seinen monofunktionalen Siedlungen laut, heißt es im Entwurf. Es gab Befürchtungen, es könne zu einer gesellschaftlichen Disintegration kommen. Das Bürgerhaus sollte ein Anlaufpunkt für alle in der Umgebung werden. In den neuen Siedlungen, die im Osten der Stadt entstanden waren, gab es damals keinen Ort, an dem sich alle treffen können, ihre Freizeit gestalten können. Im Denkmal-Entwurf steht: „Das Bürgerhaus Oststadt dokumentiert in nicht unerheblicher Weisen den historischen Entwicklungsprozess der Stadt Essen nach dem Zweiten Weltkrieg.“
Sozialpädagogen waren bei der Entstehung beteiligt
Beteiligt am Planungsprozess war unter anderem das Dortmunder Sozialpädagogische Seminar, das eine Studie erstellte, heißt es in dem Entwurf: „Tatsächlich formulierten die Sozialpädagogen teils erstaunlich präzise Anforderungen an die Architektur des Gebäudes.“ Sie kritisierten die gerade im öffentlichen Bauwesen verbreitete Beton- und Glasarchitektur und forderten eine gemütlichere Atmosphäre. Diese Forderung griff der Architekt Friedrich Mebes auf, indem er beispielsweise Holzverkleidungen und Sichtbacksteine verwendete.
Sanierung im Winter
Das Bürgerhaus Oststadt muss im Winter wegen Brandschutz- und Schadstoffauflagen saniert werden. Dann bleibt es für voraussichtlich ein halbes Jahr geschlossen.
Auch während der Zeit der Sanierung soll es weiterhin ein Angebot für die Bürger im Quartier geben. So werden beispielsweise Räumlichkeiten bei befreundeten Vereinen gesucht.
Das Bürgerhaus sei ein herausragendes Beispiel für den „organischer Expressionismus“. Es schmiegt sich in die bewaldeten Hänge seiner Umgebung. Die Natur wird beispielsweise in den mit Holz verkleideten Decken aufgegriffen. Backsteine gibt es im Inneren und auch auf dem Außengelände. Die Idee: Die Grenzen zwischen dem Öffentlichen, draußen, und dem Privaten, drinnen, verschwimmen.
Wenn man durch das Bürgerhaus geht, entdeckt man immer wieder neue Details. Kein Raum gleicht dem anderen. „Hier ist nichts von der Stange“, erklärt Peters. Mebes habe dem Vernehmen nach sehr eng mit den Handwerkern zusammengearbeitet, um seine Vorstellungen bis ins Details umzusehen. Bemerkenswert: Mebes vermied den rechten Winkel, so gibt es beispielsweise zahlreiche gewölbte Decken.