Essen. Der eine lebt in Altenessen, der andere in Burgaltendorf. Gemeinsam wollen sie dazu beitragen, dass die Essener einander besser kennenlernen.
Eine Mauer gibt es nur in den Köpfen, aber die Stadt ist geteilt. Nein, nicht von Berlin ist hier die Rede, sondern von Essen. Der Unterschied zwischen dem Norden und dem Süden der Stadt ist oft beschrieben worden, manchmal allzu holzschnittartig mit der A 40 als imaginäre Grenze. Aber wegdiskutieren lässt er sich nicht. Davon sind Peter-Arndt Wülfing und Rolf Siepmann überzeugt. Erstgenannter ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Altenessen und des Stadtverbandes der Bürger- und Verkehrsvereine noch dazu. Zweitgenannter ist Vorsitzender des Heimat- und Burgvereins Essen-Burgaltendorf. Einer aus dem Norden, einer aus dem Süden – gemeinsam sind sie angetreten, den Essenern dabei zu helfen, die Nord-Süd-Grenze in den Köpfen zu überwinden.
Das erinnert an eine Klassenfahrt in den Osten vor dem Mauerfall
Das erinnert an einen Schüleraustausch zwischen zwei Partnerstädten oder an die Klassenfahrt in den Osten vor dem Mauerfall. Und doch ist das Gefühl, das beide beschreiben, real. Peter-Arndt Wülfing nennt es ein Bauchgrummeln, das viele im Norden verspüren, wenn sie an den Essener Süden denken. Viele hätten den Eindruck, dass der Süden bevorzugt wird, fühlten sich selbst benachteiligt. Es bleibt nicht beim Gefühl. Anlässlich einer von der IG Altenessen initiierten Jobbörse auf dem Altenessener Markt habe ihm ein Lehrer berichtet, dass die Stadt für viele seiner Schüler am Hauptbahnhof endet. „Vom Baldeneysee hätten die schon mal gehört. Dort gewesen seien sie noch nicht.“
Vom Süden aus betrachtet, sieht das nicht anders aus. Altenessen sei vielen völlig unbekannt, berichtet Rolf Siepmann. Überhaupt der Norden. Klar Zollverein, kennt jeder. Aber dass der Essener Norden viel mehr zu bieten hat, das sei vielen gar nicht bewusst.
Essener sind sie alle, doch zuallererst ist man Steelenser, kommt aus Borbeck, Katernberg oder Kupferdreh
Essener sind sie alle. Doch zuallererst ist man Steelenser, kommt aus Borbeck, aus Katernberg oder aus Kupferdreh. Das hat historische Gründe. Wer wüsste das besser als die vielen Bürger- und Heimatvereine? In den Stadtteilen gibt es viele, die sich dort engagieren. Gerne schmort man aber im eigenen Saft. Deshalb soll das Projekt, das die Burgaltendorfer und die Altenessener anstoßen, auch dazu animieren, über den eigenen Tellerrand zu gucken und bestenfalls voneinander zu lernen. „Unterhaken – gemeinsam etwas tun“ lautet das Motto des gemeinsamen Projekts, das bereits konkrete Formen annimmt. Der Burg- und Heimatverein wird Kindergartenkinder aus Altenessen einladen, um ihnen Burgaltendorf zu zeigen. Ritterspiele in der Burgruine sind dann natürlich ein Muss. Gruppenleiterinnen waren schon mal da, um sich vor Ort ein Bild davon zu machen, was die Kleinen erwartet. Im Gegenzug wird die IG Altenessen einen Stadtteilspaziergang für Besucher aus Burgaltendorf organisieren mit einer Wanderung auf die Schurenbachhalde, einem Abstecher zur Zeche Carl und mehr. „Ich würde unglaublich gerne einmal in eine Moschee gehen“, habe ihm ein Bekannter aus Burgaltendorf einmal gestanden, erzählt Rolf Siepmann. Die Altenessener wollen auch das möglich machen. Beim Austausch zwischen Altenessen und Burgaltendorf soll es nicht bleiben, gerne sollen sich Vereine aus anderen Stadtteilen anstecken lassen. Essen besticht durch Vielfalt. „Diese Stadt endet nicht am Hauptbahnhof“, betont Peter-Arndt Wülfing. Sie beginnt auf den Heidhauser Höhen, reicht bis zum Kanal und sogar darüber hinaus.