Essen. . In einem Altenessener Gewerbegebiet ist ein neues Islamzentrum eröffnet worden. Vorstand spricht von „Deutschlands größter arabischer Moschee“.
Alaá El-Sayed ist zweiter Vorsitzender der Salahu d-Dîn-Gemeinde und der Besitzerstolz steht ihm ins Gesicht geschrieben. Zehn lange Jahre schon sind seit dem Ankauf des großen Gewerbegrundstücks in der II. Schnieringstraße in Altenessen vergangen, jetzt ist das neue Islamische Zentrum endlich eröffnet worden. An diesem Donnerstag kamen hohe Repräsentanten der Stadt in den Essener Norden, um zur feierlichen Eröffnung zu gratulieren.
Nicht nur Oberbürgermeister Thomas Kufen machte der Gemeinde seine Aufwartung. Auch – und das ist ungewöhnlich genug – Polizeipräsident Frank Richter ist bei der Einweihungsfeier vors Mikrofon getreten. Weil die Gemeinde in den 1990er-Jahren von kurdischen und libanesischen Flüchtlingen gegründet worden ist, wollte Richter ein Zeichen setzen und demonstrieren, dass die Essener Polizei zu differenzieren vermag. Derselbe, der in Essen einen erbitterten Kampf gegen kriminelle arabisch-kurdische Familienclans führt, hat die Salahu d-Dîn-Gemeinde lobend herausgestellt als „gutes Beispiel für gewollte und gelungene Integration in unserer Stadt“.
Die kleinen Minarette auf dem Dach und der mit hellen Fliesen ausgeschlagene Eingang, darin die prachtvolle Kuppel mit schwerem Kronleuchter und viel maurischer Verzierungskunst: Der Besucher spürt sofort, dass er ein muslimisches Gotteshaus betritt. Die sparsame Architektursprache drückt das Selbstverständnis der Gemeinde aus: die Verknüpfung von islamischer Tradition, orientalischem Flair und abendländischer Modernität. „Unsere Moschee hat 384 Gebetsplätze und ist damit die größte arabische Moschee Deutschlands“, sagt Alaá El-Sayed.
Bestandteil des interreligiösen Dialogs in Altenessen
Dass die Salahu d-Dîn-Gemeinde bei Verwaltung und Verbänden, bei Politik und Polizei weit über den Stadtteil hinaus so viel Anerkennung genießt, hat weniger mit ihrer Größe zu tun, sondern wohl eher mit dem modernen Leitbild. Die Gemeinde versteht sich als weltoffen und tolerant. Sie nimmt rege teil am interreligiösen Austausch in Altenessen, Experten der Drogenprävention öffnet sie ebenso bereitwillig die Türen wie Verkehrserziehern und Experten vom Jugendamt. Selbst von der anderswo üblichen strikten Geschlechtertrennung wollen die Salahu d-Dîn-Leute nichts wissen. „Männer und Frauen beten im selben Gebetssaal“, fügt El-Sayed hinzu.
Der große Gebetssaal misst imposante 400 Quadratmeter und ist ausgelegt mit einem blauen, floral gemusterten Teppichboden aus türkischer Produktion. Eine Fußbodenheizung spendet den Betenden an kalten Tagen die nötige Wärme. Es gibt die Gebetsnische für den Imam und Kanzel samt Treppe: beides nach Südsüdost ausgerichtet, nach Mekka. Mitten im Saal die große Kuppel und marmorverkleidete Säulen. Hier das Glaubensbekenntnis in arabischer Schrift, dort ein Vers aus dem Koran.
Rechtsextreme und islamische Fundamentalisten als Gegner
Die deutlich sichtbaren Videokameras im Betsaal stellen keineswegs einen ruppigen Verstoß gegen die Vorschriften des Landesdatenschutzgesetzes dar. Sie sind ausdrücklich gewollt. „Wir werden nicht nur von Rechtsextremen angefeindet, sondern noch viel mehr von islamischen Fundamentalisten“, berichtet Alaá El-Sayed. Insbesondere letzteren würden sie entschlossen die Stirn bieten. „Wir wollen ihnen den Nährboden für ihre kranken Ideen nehmen.“
Anders als so manche obskure Hinterhof-Moschee weckt dieser Neubau kein Misstrauen. Thomas Rüth vom Aktionsbündnis Sicheres Altenessen erinnert daran, dass der Salahu d-Dîn-Moscheeverein einer der ersten in Deutschland war, der sich – mit Polizei, Vereinen, Schulen, Jugendamt, Universität Essen und Arbeiterwohlfahrt – einem breiten Bündnis zur Sicherheitspartnerschaft anschloss. „In den Freitagsgebeten positioniert sich der Iman immer deutlich gegen Gewalt und Extremismus“, betont der Awo-Sozialarbeiter. Imam Mohammad Munir Raschid habe sich das Vertrauen aller Akteure des Netzwerkes erworben.
Begegnungsraum misst 225 Quadratmeter
Die Moschee ist der eine Teil des neuen Gemeindezentrums, der anstelle der alten Lkw-Werkstatt neu errichtete Trakt mit Veranstaltungs- und Schulungsräumen der zweite. Die Räume im Obergeschoss sind hellgefliest und lichtdurchflutet. Überall hängen große Monitore an den Wänden – Bildschirme für Fußball-Übertragungen, Elternabende oder für Seminare über Ehre und Gewalt. Der 225 Quadratmeter große Jugendraum eigne sich besonders für Tischfußball oder Spiele wie Dame und Schach.
Schon 2008 hat die Gemeinde das alte Gewerbegrundstück gekauft, die Bauarbeiten begannen 2011 und erstreckten sich – auch wegen so mancher Baustopps – über mehrere Jahre. Die Baukosten von rund 2,5 Millionen Euro mussten durch zahllose Einzelspenden regelrecht zusammengekratzt werden. „Wir haben jeden Euro dreimal umgedreht“, so El-Sayed.
Sänger Yahya Bassal beschwört „ein Leben in Rechtschaffenheit“
Als Stadtteilmanagerin von der Uni Duisburg-Essen war Andrea Tröster in der langen Bauphase an vielen klärenden Gesprächen im Quartier beteiligt. „Die neuen Nachbarn haben viel Fingerspitzengefühl gezeigt, Anliegen aus dem Umfeld aufgegriffen und nach langfristigen Lösungen gesucht“, sagt sie. Auch Jürgen Serek vom Integrationsmanagement des Jugendamtes sieht die Gemeinde als wichtigen Partner in der Jugendarbeit des Stadtteils – auch für Nicht-Muslime.
Ein aktuelles Video porträtiert die Salahu d-Dîn-Gemeinde mit ihrem ganzen Stolz übers neue Haus und ihrem Bekenntnis zu den Werten der Republik. Der Essener Sänger Yahya Bassal beschwört im Refrain eines eigens für diesen Anlass komponierten Songs „Gemäßheit, Bildung, Wissen und Ehrlichkeit“ sowie „ein Leben in Rechtschaffenheit und ohne Terrorismus“. Gesungene Worte, die nicht nur beim Polizeipräsidenten gut ankommen dürften.
>>> DIE SALAHU D-DIN-MOSCHEE IN ESSEN
- Die Salahu d-Dîn-Moschee hat sich Mitte der 1990er-Jahre im Essener Norden am Standort Schonnebeckhöfe gegründet.
- Ihr Engagement in der Sicherheitspartnerschaft ist 2005 mit dem „Landespreis für innere Sicherheit“ ausgezeichnet worden. Zurzeit prüft die Stadt, ob das Islam-Zentrum als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt werden kann.
- Aktuell setzt sich der Verein in der Flüchtlingshilfe ein. Mitglieder helfen bei Übersetzungen und geben ihren neuen Nachbarn nützliche Informationen über den Stadtteil und seine Strukturen.