„Rita will’s wissen“ im Rathaus-Theater: Schauspielerin Jeanette Biedermann überzeugt in dem Zwei-Personen-Stück mit Charme und Berliner Schnauze

Waschen, schneiden, reden: Mit Kommunikation hat Nonstop-Plauderin Rita nun wahrlich kein Problem. Allerdings will sich die pfiffige Friseuse literarisch nicht mit den im Salon ausgelegten Druckwerken der Yellow-Press begnügen. Shakespeare, Ibsen und Heine sind für das Energiebündel auf hohen Hacken die interessanteren Themen. So schneit die forsche Lady eines Tages in das Büro von Literaturdozent Frank und fordert Bildung. Zwei Stunden später hat sie nicht nur das Herz des mürrischen Profs, sondern auch die Sympathien des Publikums im Rathaus-Theater mit Charme und Berliner Kodderschnauze erobert.

Mit „Rita will’s wissen“, der Komödie von William Russel, bringt das Rathaus-Theater zum Abschluss der Saison ein Zwei-Personen-Stück auf die Bühne, das vor allem von der Chemie der beiden Darsteller lebt. Neben Theaterchef René Heinersdorff als der in Suff und Selbstmitleid ertrinkende Lehrer Frank übernimmt Jeanette Biedermanndie Rita-Rolle. Die Sängerin, Theater- und Filmakteurin, die zuletzt im Vox-Format „Sing meinen Song“ für bewegende Momente sorgte, spielt die Rolle nicht zum ersten Mal. Das Stuttgarter Publikum erkor sie bereits zum Publikumsliebling. Und auch in Essen kommt ihre zwischen aufgekratztem Temperament und unbekümmerter Ahnungslosigkeit angelegte Rolle gut an. Wie sie dem ollen Miesepeter Frank am Ende nicht nur den Kopf wäscht, sondern selbigen auch charmant verdreht, das hat Witz, aber auch warmherzige Nachdenklichkeit.

Aufgekratztes Temperament und unbekümmerte Ahnungslosigkeit

Bettelt um Bildung: Jeanette Biedermann und René Heinersdorff in „Rita will’s wissen“.   
Bettelt um Bildung: Jeanette Biedermann und René Heinersdorff in „Rita will’s wissen“.   © Dennis Haentzschel

Denn worum geht’s schließlich im Leben? Heiraten, Kinder kriegen und abends in der Kneipe mit den anderen einen drauf machen? Soll das alles gewesen sein? Rita will mehr. Vor allem will sie raus aus der angestammten Rolle der Vorstadt-Tussi. Man könnte William Russels Vorlage, die René Heinersdorff moderat überarbeitet hat, als ein für den Boulevard auf heiter frisiertes Plädoyer gegen herkunftsbedingte Bildungsungleichheit lesen.

Vor allem aber kommt einem das immergrüne Aufstiegs-Singspiel „My Fair Lady“ in den Sinn, wenn man Ritas Wandel von der frechen Berliner Göre im Tigerlook zur eleganten Literaturstudentin erlebt, die mit den Jungs da draußen plötzlich lieber über die „Blechtrommel“ diskutiert statt einen drauf zu machen. Bis sich die Rollen wandeln und aus der nun selbstbewussten Schülerin die kritische Beobachterin wird, die nun ihrem Lehrer erklären muss, wie man sich aus der hübsch eingerichteten Komfortzone des Lebensfrusts wieder herausbewegt.

Italo-Schlager sorgen für Auflockerung

In der Regie von Hugo Egon Balder funktioniert das Spiel mit Worten und Klischees flott und präzise. Dazu sorgen Italo-Schlager in den Szenenwechseln für Auflockerung und knüpfen so an Ritas Liebe zu Rita Pavone an. Statt des „jrienen jriens“ an Spaniens Blüten klingt es am Ende einfach „Arrividerci Hans“.