Essen. Das neue Bürger-Rathaus in Essen soll mehr Service bieten und bessere Arbeitsbedingungen. Der Personalrat bleibt skeptisch.

Dreieinhalb Jahre nachdem die Stadt Essen ihr einstmals stolzes Hauptbad an der Steeler Straße für immer trocken gelegt hat, nennt die Stadtverwaltung einen Termin für den Abriss: Im April kommenden Jahres sollen die Bagger anrollen, um Platz zu schaffen für das neue „Bürger-Rathaus“. Der Neubau, für den auch das Verwaltungsgebäude an der Bernestraße weichen muss, wird nach Lesart der Verantwortlichen ein Quantensprung in puncto Service und Bürgernähe. Ihren Mitarbeitern will die Stadt ein modernes Arbeitsumfeld bieten. Nur: Der Personalrat bleibt skeptisch.

Das Bürgerrathaus soll ein Haus für viele städtische Dienststellen werden. Das Amt für Soziales und Wohnen soll dort einziehen, diverse Abteilungen des Jugendamtes und des Jobcenters. „Wir wollen die Leute nicht mehr quer durch die Stadt schicken“, sagt Stefan Scheffel vom Planungsdezernat, bei dem die Fäden für dieses ehrgeizige Projekt zusammenlaufen. Soziale Dienstleistungen will die Stadt deshalb in Zukunft unter einem Dach anbieten. Sozial-Rathaus wäre wohl auch ein treffender Name gewesen für den Neubau. Aber der klingt weniger einladend.

Die Jury des Architektenwettbewerbes konnte sich noch nicht auf einen Sieger einigen

Wie das Bürger-Rathaus aussehen wird, steht noch gar nicht fest. Die Stadt hat einen Architektenwettbewerb ausgelobt. 18 von 31 Bewerbern wurden eingeladen, Entwürfe einzureichen. Auf einen Sieger konnte sich die Jury aber nicht verständigen. Drei Büros wurden aufgefordert, ihre Arbeiten noch einmal zu überarbeiten. Am 3. Juli will das Preisgericht sein Urteil fällen.

Fest steht: Das Bürger-Rathaus wird größer und teurer als zunächst kalkuliert. 1143 Schreibtische sollen darin Platz finden. Angedacht waren nur 960. Die Idee einst dahinter: Mitarbeiter sollen sich feste Arbeitsplätze teilen. Bei den Betroffenen sorgte diese Aussicht nicht gerade für Begeisterung. Die Zahl der Arbeitsplätze wurde in Abstimmung mit dem Personalrat um 183 erhöht. „Wenn man mal für einen Termin seinen Schreibtisch für zwei Stunden verlassen muss, findet man ihn danach auch wieder“, begrüßt der Personalratsvorsitzende Kai-Uwe Gaida die Entscheidung.

Durch den erhöhten Platzbedarf steigen die Kosten für das Bürger-Rathaus um rund fünf Millionen Euro

Durch den erhöhten Platzbedarf steigen auch die Kosten, und zwar um rund fünf Millionen Euro auf 114,3 Millionen. „Trotzdem sparen wir durch den Neubau langfristig Geld“, betont Stefan Scheffel. Denn die Stadt muss bislang Gebäude anmieten, um die genannten Dienststellen unterzubringen. Die Ausgaben für Miete und Betriebskosten summieren sich auf fünf Millionen Euro pro Jahr. Die fallen in Zukunft nicht mehr an. Auch die Kosten für die Instandhaltung des alten Hauptbades kann die Stadt sich bald sparen. Das sind 60.000 Euro, inklusive der Betriebskosten für die Kindertagesstätte im Hause. Sie soll im Sommer in einen Neubau an der Engelbertstraße/Ecke Lysegang im Ostviertel umziehen.

Aus Sicht der Verantwortlichen im Rathaus sind dies alles gute Gründe, die für ein Bürger-Rathaus sprechen. Kai-Uwe Gaida bleibt trotzdem skeptisch. Der Grund ist die „moderne Arbeitswelt“, die den Machern vorschwebt: „Open Spaces“, große offene Arbeitsbereiche. Als Beispiel dienen die Niederlande; die Stadtverwaltung in Venlo haben sich die Essener angesehen. „Da sieht es aus wie in einer Freiflughalle“, berichtet Gaida. Die Arbeitstradition deutscher Behörden sei doch einer andere. Gaidas Sorge: „Da wird mit Kollegen experimentiert.“ Schlimmstenfalls arbeiten sie zukünftig „ohne soziale Beziehungen nach links oder rechts“, loggen sich mit ihrem Laptop dort ein, wo gerade Platz ist. Flexibilität lautet das Schlagwort.

Auch interne Arbeitsabläufe werden davon abhängig, wie weit die Digitalisierung weiter voranschreitet. Die Verantwortlichen versprechen sich viel davon: vereinfachte organisatorische Abläufe, besseren Service. Ab Herbst oder Winter 2024 soll es soweit sein.