Essen. Hotelboom in Essen: In zehn Jahren ist die Bettenzahl um über 50 Prozent gestiegen. Kein Problem, sagen Experten. Kritisch sei eine andere Zahl.
Essen hat in den vergangenen zehn Jahren einen außerordentlichen Hotelboom erlebt. Von 2008 bis 2018 nahm die Zahl der Hotelbetten in der Stadt jährlich um 4,6 Prozent zu. Das ist der stärkste Zuwachs in den 15 wichtigsten Hotelstandorten in NRW gewesen. Das Mittel in diesen Städten lag bei 2 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Hotel-Marktreport des Beratungsunternehmens Schollen Hotelentwicklung. Es untersucht in Zwei-Jahres-Abständen die Märkte in Aachen, Bielefeld, Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Krefeld, Mönchengladbach, Münster, Oberhausen und Wuppertal.
Derzeit gibt es in Essen 8600 Betten in Hotels und Hotel garnis. Ein Problem sehen die Experten in dem enormen Bettenwachstum der jüngsten Vergangenheit aber noch nicht: „Bisher wurde die dynamische Ausweitung der Zimmerkapazitäten begleitet und kompensiert von einer ebenfalls sehr starken Nachfrageentwicklung.“ Das heißt: Solange die Gästeübernachtungen in gleichem Maße oder gar stärker steigen, ist der Markt gesund. „Essen schneidet da gut ab“, bekräftigt der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens, Christian Schollen. Dem Marktreport zufolge stiegen die Hotelübernachtungen pro Jahr im Durchschnitt um 4,5 Prozent auf zuletzt 1,25 Millionen an. Schollen: „Wir beobachten in Essen einen sehr gleichlaufenden Prozess zwischen Nachfrage und Angebot.“
Wochenend-Geschäft in Essener Hotels ist schwach
Allerdings geben sich die Berater vorsichtig bei der Einschätzung der künftigen Entwicklung. Sie prognostizieren zwar weitere Zuwächse bei den Übernachtungszahlen, allerdings nicht mehr so deutliche, wie in der Vergangenheit. Deshalb stufen sie Essen im aktuellen Scoring weiter nur als „neutral“ ein. Auf die Preise hat sich das enorme Bettenwachstum laut Schollen dagegen nicht ausgewirkt. Diese seien in Essen seit Jahren stabil.
Kritisch sieht er vor allem die vergleichsweise niedrige Zimmerauslastung der Hotels in Essen. Die Berater berechnen sie mit 63 Prozent. Touristisch starke Städte kämen hier auf deutlich über 70 Prozent. „Dass Essen so schlecht abschneidet, liegt an dem schwachen Wochenendgeschäft“, meint Schollen. Während die Häuser während der Woche von Montag bis Donnerstag gut gebucht seien, fehlten Gäste am Wochenende. „Wenn es mehr touristische Attraktionen gäbe, würde dies das Geschäft ankurbeln. Die schwache Auslastung kann man deshalb auch als Kritik an der Stadt lesen, die mehr für die Attraktivität tun müsste.“
Weitere neue Hotels in Essen geplant
Wie Essen im Ranking der Hotelstädte abschneidet
In der Gesamtbewertung setzte sich Köln mit einem Triple-Plus an die Spitze, gefolgt von Bonn mit einem Doppel-Plus. Während Gelsenkirchen und Krefeld weiterhin das Schlusslicht mit einem Doppel-Minus bilden, bleibt Essen mit einem neutralen Rating unter den Top-Sechs. Der Essener Hotelmarkt bleibe für Investoren weiterhin interessant.
Die Novum Group ist mit vier Betrieben und 499 Zimmern derzeit der Marktführer in Essen mit einem Zimmeranteil von 9,1 Prozent. Accor mit 6,5 Prozent und Intercontinental mit 5,9 Prozent besetzen die Plätze zwei bis drei. Größtes Hotel ist das Hotel Bredeney (293 Zimmer).
Derweil wird sich das Hotelwachstum in den kommenden Monaten fortsetzen. Weitere Häuser sind bereits im Bau oder kurz davor. So entsteht derzeit am Hauptbahnhof ein Premier Inn mit 193 Zimmern. Auf Zollverein eröffnet im Sommer ein Friends-Hotel mit 67 Zimmern. Und an der Frohnhauser Straße auf dem ehemaligen Kahage-Gelände wächst ein Flowers-Hotel, das 141 Zimmer bieten wird. Das Mintrops Concierge Hotel mit 52 Zimmern ist für kommendes Jahr angekündigt. Schließlich soll das seit Jahren angedachte Hotelprojekt der Marriott-Gruppe Am Handelshof in den Startlöchern stehen. Schollen sieht in Essen vor allem noch Potenzial für Hotels im preiswerten Segment: „Für Hostels und im Budget- und Economy-Segement gibt es immer noch Platz.“
Marktführer in Essen ist mit vier Betrieben und 499 Zimmern mittlerweile die Novum-Gruppe, die in kürzester Zeit gleich mehrere Häuser in Essen kaufte. Ihr gehören das Hotel im Handelshof, das Arosa in Rüttenscheid und das Ambassador in der Innenstadt. Außerdem eröffnete Novum unter der Marke Niu an der Friedrichstraße vergangenes Jahr einen Hotelneubau.