Essen/Mülheim. . In der Gehaltsaffäre bei der Ruhrbahn weist das Landesarbeitsgericht die Klage von Betriebsratschef Ahmet Avsar zurück. Die Akte bleibt offen.

Im Rechtsstreit zwischen der Ruhrbahn und dem Vorsitzenden des Betriebsrates, Ahmet Avsar, um unberechtigte Gehaltszahlungen hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf am Mittwoch die Berufungsklage des Betriebsratsvorsitzenden zurückgewiesen. Die 7. Kammer unter Vorsitz von Richterin Hannelore Paßlick teilte vielmehr die Einschätzung des Arbeitsgerichts Essen. Dieses hatte in erster Instanz eine unzulässige Begünstigung Avsars durch seinen damaligen Arbeitgeber, Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG), erkannt.

Avsar war 2013 aufgrund „interner Verfehlungen“ um zwei Entgeltgruppen zurückgestuft worden. Bereits eineinhalb Jahre später wurde Avsar – inzwischen zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt – um drei Entgeltgruppen hochgestuft. Richterin Hannelore Paßlick sprach von einem „rasanten Aufstieg“, für den die Kammer „keine objektiven Gründe“ finden könne.

Vor dem Landesarbeitsgericht wies Avsar abermals auf eine Vereinbarung hin, die er 2013 mit dem damaligen Geschäftsführer Klaus-Peter Wandelenus getroffen haben will.

Als Abteilungsleiter ließ Avsar seine privaten Pkw in der Betriebswerkstatt reparieren

Die Vorgeschichte: Avsar, seinerzeit Leiter der Abteilung für Fahrzeugtechnik und Kraftfahrzeuge, hatte in der Kfz-Werkstatt des Betriebes seinen privaten Pkw und den sein Frau, einen VW-Passat und einen BMW 1, reparieren lassen. Eine interne Regelung habe ihm dies erlaubt, da er beide Fahrzeuge auch dienstlich genutzt habe. Sein Arbeitgeber sah dies anders. Die Kündigung stand im Raum. Avsar akzeptierte die Rückstufung in die Entgeltstufe 11 und zahlte 1634 Euro für geleistete Arbeitsstunden. „Ersatzteile habe ich immer selbst bezahlt.“

Warum ließ Avsar sich darauf ein, wo er doch nichts Unrechtes getan haben will? Er habe „die Sache vom Tisch haben wollen“, sagt er. Wandelenus habe ihm zugesagt, dass er nach spätestens zwei Jahren wieder hochgestuft werde, was zum April 2015 auch geschah.

Nach der Fusion der Essener Verkehrs-AG und der Mülheimer Verkehrsgesellschaft zur Ruhrbahn, nahm der Arbeitgeber die Höherstufung wieder zurück, wogegen Avsar klagte. Denn Monat für Monat muss er auf 1673,73 Euro brutto verzichten.

Richterin Hannelore Paßlick stellte nicht in Abrede, dass es eine mündliche Verabredung zwischen Avsar und dem damaligen MVG-Geschäftsführer Wandelenus gegeben hat. „Es war vielleicht eine Goodwill-Erklärung“, so die Vorsitzende Richterin. Rechtlich verbindlich war die Zusage, sofern es diese gegeben hat, jedenfalls nicht.

Was Wandelenus bewogen haben könnte, eine solche Verabredung zu treffen, bleibt unbeantwortet. Als Zeuge war er nicht gehört worden. Aufklärung könnte der Strafprozess liefern. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen sowohl gegen Wandelenus als auch gegen Avsar.

Avsar sieht sich vor Gericht als Opfer: „Wäre ich nicht Betriebsrat, säßen wir nicht hier.“

Vor dem Arbeitsgericht stellte sich Avsar als Opfer dar. „Ich bin bekannt dafür, dass ich mich mit der Geschäftsführung anlege“, sagte er. Selten sei man einer Meinung. Avsar ist offensichtlich überzeugt davon, dass ihm die Geschäftsführung der Ruhrbahn übel nimmt, dass er als Betriebsratvorsitzender der MVG eine Betriebsvereinbarung durchgesetzt hat, die die Beschäftigten bis zum Jahr 2033 vor betriebsbedingten Kündigungen schützt. Nach der Fusion wurde die Vereinbarung auch auf Beschäftigte der Evag übertragen, da diese nicht schlechter gestellt sein durften.

Erst Ende 2017 hätten ihm die Geschäftsführer Michael Feller und Uwe Bonan eine Höhergruppierung in die gewünschte Entgeltgruppe angeboten. Vorausgesetzt, er verlasse den Betriebsrat. Anfang 2018 ließ sich Avsar zum Vorsitzenden wählen. „Wäre ich nicht Betriebsrat, säßen wir nicht hier“, sagte er vor Gericht. Der Rechtsbeistand der Ruhrbahn verwies diese Darstellung ins Reich der Märchen.

Das Nahverkehrsunternehmen war ebenfalls in Berufung gegangen, weil es von Avsar zu viel gezahlte Gehälter zurückfordert – insgesamt 11.000 Euro. Das Arbeitsgericht hatte diese Forderung zurückgewiesen, weil es auch ein Fehlverhalten auf Seiten des Arbeitgebers sah. Dieser hätte den Betriebsratsvorsitzenden nicht begünstigen dürfen.

Das Landesarbeitsgericht ließ die Frage offen, weil es zu dieser Rechtsfrage bislang kein Grundsatzurteil gibt, auf das es sich hätte berufen können. Die Kammer ließ deshalb eine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zu. Die Akte Avsar bleibt also geöffnet.