Essen. . Viele Familien in Essen suchen einen Kitaplatz und ärgern sich, dass der Kita-Ausbau nicht rascher vorangeht. Ein Träger sagt, woran das liegt.
In der Debatte um den schleppenden Ausbau der Kita-Plätze meldet sich nun einer der Träger zu Wort. „In Essen sind seit 2011 einige tausend Betreuungs-Plätze geschaffen worden“, sagt CSE-Geschäftsführer Björn Enno Hermans. Ein noch rascherer Ausbau der Kita-Landschaft scheitere nicht am mangelnden Willen von Stadt und Kita-Betreibern, „sondern an einer Vielzahl von Faktoren, die nur bedingt von der Stadt zu beeinflussen sind“.
Es fehlt an Gebäuden, Handwerkern und Erzieherinnen
Die von Caritasverband und Sozialdienst katholischer Frauen getragene CSE erlebe gerade bei Gründung ihrer zehnten und elften Kita wieder, welche Tücken mit solchen Projekten verbundenen seien. „Wir werden bald eine Kita ohne fertige Fassade not-eröffnen.“ Die Stadt als Bauherrin der Kita habe dort auch lange auf die Türen warten müssen. Dass Neubauten sich verzögerten, weil Handwerker nicht verfügbar seien oder Material zu spät geliefert werde, führe regelmäßig zu Verzögerungen beim Kita-Ausbau. „Die Stadt und das Jugendamt haben auf die steigenden Geburtenzahlen und den Zuzug von Flüchtlingen seit 2015/16 durchaus reagiert, aber der Bau einer Kita dauert inzwischen oft vier bis fünf Jahre.“
Das beginne schon mit der Suche nach geeigneten Standorten oder Immobilien: Die Stadt habe im Gespräch mit Trägern, Investoren und Wohnungsgesellschaften bereits „die Mehrzahl aller verfügbaren Grundstücke und Gebäude identifiziert“. Und auf der städtischen Ausbau-Liste sei auch „jede Zeile gefüllt“. Sprich: Für jeden potenziellen Standort habe sich bereits ein Träger gemeldet.
„Wir schließen im Moment nicht mal alte, marode Kitas“
Die meist freien oder kirchlichen Träger hätten dann mit den Vorgaben des Landesjugendamtes zu kämpfen, müssten sich um Bebauungspläne und Bauanträge ebenso wie um Landes- und Bundesmittel kümmern. Schließlich müsse auch sichergestellt werden, dass die Kita am Ende auch auskömmlich zu betreiben sei. Bei einigen alten Kindergärten mit nur zwei Gruppen und maroden Gebäuden sei das völlig unmöglich: „Wir haben drei Kitas, die allein für ein Defizit von mehr als 100.000 Euro sorgen.“ Angesichts von fast 3000 Kita-Plätzen, die derzeit in Essen fehlen, gebe die CSE aber auch defizitäre Standorte derzeit nicht auf: „Wir haben da einen gesellschaftlichen Auftrag.“
Nach einer langen Phase des Geburtenrückgangs und des zeitweiligen Abbaus von Kita-Plätzen hätten Stadt und Träger vor einige Jahren den Schalter umlegen müssen. Richtig sei allerdings auch, dass Essen bei der Versorgungsquote für Kinder über drei Jahren schon zuvor ein wenig hinterhergehinkt sei, räumt Hermans ein. Diese Lücke habe sich durch die Schaffung neuer Plätze für Kinder unter drei Jahren vergrößert.
„Wir brauchen eine Task-Force für den Kita-Ausbau“
Um der für die Familien höchst belastenden Situation entgegenzuwirken, habe die Stadt seines Erachtens wenige Hebel. Wünschenswert wäre es allerdings, wenn die Planungsverfahren verkürzt werden könnten, sagt Hermans. „Wir brauchen eine Task-Force für den Kita- und Schulausbau.“ Die Stadt hat auf die Hilferufe von Eltern und Trägern bereits reagiert und lädt Anfang Mai zu einem Kita-Gipfel mit allen Beteiligten.
Allerdings weist Hermans schon darauf hin, dass fehlende Gebäude nur eins der Probleme seien, mit denen die Träger zu kämpfen hätten. Mindestens ebenso schwierig sei es inzwischen, geeignetes Personal zu finden. Bei Erzieherinnen herrsche praktisch Vollbeschäftigung, die Zeiten, da man sich die besten Bewerberinnen aussuchen konnte, seien vorbei: „Wir nehmen heute auch Leute, die für vor fünf Jahren nicht eingestellt hätten.“
>>>> JUGENDAMT WIDERSPRICHT TAGESELTERN
- Die IG-Kindertagespflege, die sich als Lobby für die Tageseltern in Essen versteht, hatte u.a. die strengen Vorgaben des hiesigen Jugendamtes kritisiert. So sei es etwa schwierig, eine eigene Außenfläche durch einen öffentlichen Spielplatz zu ersetzen.
- Dem widerspricht die Sprecherin des Jugendamtes, Stefanie Kutschker: „Die Kolleginnen sehen sich jeden Einzelfall an und prüfen vor Ort, ob ein Spielplatz fußläufig erreichbar und für die meist sehr kleinen Kinder geeignet ist.“ Man sei durchaus flexibel und versuche, viel möglich zu machen, müsse aber dafür sorgen, dass feste Qualitätsstandards auch umgesetzt würden.