Essen. . Die erste Coca-Cola Deutschlands wird im April 1929 in Essen abgefüllt. Der Beginn einer Erfolgsstory. In Essen wird lange das Rezept gehütet.

Amerika war der braunen Wunderbrause längst verfallen. Dort tranken die Menschen in den damaligen Soda-Bars schon seit über 40 Jahren Coca-Cola, während Deutschland noch auf dem Trockenen saß. Es war die Zeit der Federboas an grazilen Hälsen, Wasserwellen in den Haaren und Zigarettenspitzen in der Hand, als Ende der 1920er-Jahre die Erfolgsgeschichte des US-Großkonzerns um das Kapitel Deutschland ergänzt werden konnte. Am 8. April 1929 wurde die erste Flasche des Kult-Getränks hierzulande abgefüllt – das war in Essen. Am Montag jährt sich dieser Tag zum 90. Mal.

Die ganze Welt trinkt Coca-Cola, außer Nordkorea

Coca-Cola – kaum eine andere Marke dürfte bekannter sein. Fast die ganze Welt trinkt mit, nur Nordkorea verweigert sich dem süßen Geschmack des Westens bis heute. Der Aufstieg in Deutschland ist eng mit Essen verknüpft. Hier verließ die erste Flasche die Produktionshalle und Millionen weitere nahmen danach den gleichen Weg.

So sah 1929 moderne Technik aus: Das ist die Abfüllanlage an der Hammer Straße, an der die erste Cola-Flasche Deutschlands abgefüllt wurde.
So sah 1929 moderne Technik aus: Das ist die Abfüllanlage an der Hammer Straße, an der die erste Cola-Flasche Deutschlands abgefüllt wurde. © Coca-Cola

Knapp 6000 Kisten Coca-Cola wurden im ersten Jahr von Essen aus ins Land geschickt. Später bot die Stadt Jahrzehnte lang der Deutschlandzentrale von Coca-Cola ein Zuhause. Eine Mischung aus Zufall und Lage spielte bei der Entscheidung für diese Stadt eine Rolle.

Die damalige „Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke“ hatte sich um die Lizenz beworben. Den hohen Herren von Coca-Cola gefiel der Standort: „Die Ruhrgebietsstadt im Mittelpunkt des alten Kontinents galt als geeignet“, sagt eine Sprecherin im Gespräch mit dieser Redaktion. Eine Produktionsstätte im Herzen Europas also, aber in das Zentrum der Stadt schaffte es die Cola-Abfüllanlage nicht. Sie eröffnete 1929 an der damaligen Hammerstraße, im heutigen Altenessen-Süd.

Die ersten Flaschen Coca-Cola wurden von Hand sortiert und auf Fahrrädern ausgeliefert

Die Brause mit der bis heute angeblich nahezu unveränderten und geheimen Rezeptur wurde zunächst ausschließlich in die ikonischen 0,2-Liter-Glasflaschen gefüllt, von denen ihre Anhänger in Zeiten von Kunststoffflaschen und Pappbechern heute weiter schwärmen. Durch eine kleinen Maschine, kaum größer als eine Nähmaschine, floss die Brause in den Anfangsjahren von Coca-Cola in die Flaschen. Diese wurden von Hand sortiert und auf Fahrrädern und Handkarren ausgeliefert.

Das Unternehmen war damals offenbar von seinen eigenen Behältern derart angetan, dass es sie von den Kunden zurückhaben wollte. Möglicherweise könnten aber auch finanzielle Gründe eine Rolle dafür gespielt haben, dass der Konzern schnell das Mehrweg-Pfandsystem für Flaschen in Deutschland einführte.

Bis 2003 blieb Essen Sitz der Konzernzentrale

Die Coca-Cola-Hauptverwaltung war bis 2003 in Essen beheimatet. Dann zog sie nach Berlin um.
Die Coca-Cola-Hauptverwaltung war bis 2003 in Essen beheimatet. Dann zog sie nach Berlin um. © Remo Bodo Tietz

Bei der einen Produktionsstätte in Essen blieb es nicht lange. Nach Angaben des Unternehmens wurden deutschlandweit schon zehn Jahre nach der Gründung der Niederlassung in Essen rund 4,5 Millionen Kisten Cola produziert – und an 50 Standorten abgefüllt. Essen aber blieb noch lange Sitz der Konzernzentrale eines Getränks, das der amerikanische Apotheker John S. Pemberton 1886 erfunden hatte und dessen Rezeptur bis heute strenger gehütet wird als der Code zum Tresor von Bill Gates.

Die Deutschlandzentrale von Coca-Cola befand sich viele Jahre in Bergerhausen. Genauer: An der heutigen Max-Keith-Straße, die nach dem Geschäftsführer der Coca-Cola GmbH benannt wurde. Im Jahr 2003 kehrte die Zentrale dann Essen den Rücken und zog nach Berlin.

„Wann genau die letzte Flasche in Essen abgefüllt wurde, dazu gibt es leider keine verbindlichen Informationen“, heißt es von der Sprecherin. Produziert wird Coca-Cola also 90 Jahre nach der ersten Essener Flasche nicht mehr in der Stadt. Aber immerhin noch getrunken.

>> FANTA – EINE ESSENER ERFINDUNG

  • Aus der Not heraus wurde in Essen im Zweiten Weltkrieg ein anderes Kult-Getränk erfunden: Fanta, die Schwester der Cola. Der Essener Coca-Cola-Geschäftsführer Max Keith hatte Probleme, in der Kriegszeit das Cola-Konzentrat einzuführen.
  • Damit das Unternehmen nicht unterging, beauftragte er seinen Chef-Chemiker, ein neues Getränk aus verfügbaren Zutaten zu erfinden. Heraus kam die Fanta.