Essen. . Uri Kaufmann, jüdischer Historiker und Leiter der Alten Synagoge, hält nichts davon, der anti-israelischen BDS-Bewegung städtische Räume zu geben.

Der Streit um städtische Räume für die anti-israelische Boykottbewegung BDS („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“) sowie die Rolle von Pax Christi rufen bei Uri Kaufmann, dem Leiter der Alten Synagoge, Kopfschütteln und Besorgnis hervor. Der jüdische Historiker wirft der katholischen Friedensgruppierung Einseitigkeit und Unkenntnis der Wirklichkeit in Israel vor. „Wenn man Verständnis aufbringt für die Traumata der Palästinenser, muss man auch Verständnis haben für die Traumata der jüdischen Israelis“, sagt Kaufmann im Gespräch mit dieser Zeitung.

Die Ratsfraktionen von SPD, CDU, FDP, Grünen und Bürgerbündnis lehnen es in einem gemeinsamen Antrag ab, der anti-israelischen BDS städtische Räume zur Verfügung zu stellen. Die Pax-Christi-Bewegung in Essen wiederum macht sich stark für die BDS. Eine Haltung, die Uri Kaufmann irritiert und empört. Er stellt die vorwurfsvolle rhetorische Frage: „Muss ich die Stadt Essen wirklich der BDS-Bewegung Räume geben, die den jüdischen Staat abschaffen will?“. Der prominente Grünen-Politiker Volker Beck sagt: „Pax Christi Essen verharmlost notorisch den Antisemitismus.“

Kaufmann: BDS steht radikalislamischer Hamas nahe

Kaufmann sieht in der BDS Leute am Werk, die der radikalislamischen palästinensischen Hamas nahe stehen. Wer in seinem Statut Millionen Palästinensern ein Rückkehr-Recht einräume, der spreche sich für das Ende des heutigen Israels aus.

BDS sei ursprünglich eine Kampagne gewesen, die sich dagegen ausgesprochen habe, Produkte aus der von Israel besetzten Westbank als israelische Produkte („Product of Israel“) zu deklarieren. Ein Ansatz, den Kaufmann aus Verbrauchersicht durchaus nachvollziehen kann. „Aber das ist umgeschlagen in einen Pauschalboykott gegen alle israelischen Produkte, gegen Investitionen in Israel, ja gegen den ganzen Staat Israel.“

Die einseitige Haltung der Pax-Christi-Leute sei „ein Verlust an ethischer Orientierung“. Im vergangenen Jahr habe Pax Christi in der Volkshochschule einen Film gezeigt, der „ununterbrochen die Schandtaten gegen Palästinenser“ thematisiert, die Messerattacken gegen Israelis hingegen fast völlig ausgeblendet habe.

Graffiti-Schmierereien an der Alten Synagoge

Dass die Alte Synagoge in der Nacht auf Dienstag das Ziel von Graffiti-Sprayern war, nimmt Uri Kaufmann besorgt zur Kenntnis. Es gibt zwar keinerlei Hinweis darauf, dass diese Schmiererei mit der aktuellen Antisemitismus-Debatte in Verbindung steht. Aber Kaufmann unterstellt dem Täter sehr wohl politische Motive und somit Vorsatz. „Dieses markante und bekannte Gebäude sprüht man nicht zufällig an.“ Die Essener Polizei hat die Ermittlungen übernommen, der Staatsschutz ist eingeschaltet.

>>> „ANTISEMITISCHE STEREOTYPE“

  • BDS steht für „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“. Ziel der Kampagne ist die Isolation Israels aus Protest gegen die Besetzung palästinensischer Gebiete und den Umgang mit in Israel lebenden Palästinensern, die als Bürger zweiter Klasse behandelt würden.
  • Im Antisemitismusbericht des Bundestages von 2017 heißt es, BDS bediene sich „antisemitischer Stereotype“.